Fach-Forum „Energiewende im Gebäudebestand“

Branche zeigt Lösungen – Politik kann Rückenwind geben

Alle 30 bis 40 Sek. müsste in Deutschland ein Gebäude energetisch saniert werden, um die Klimaziele einzuhalten. Technologien, Kapital und Verfahren sind vorhanden – und die Branche ist bereit. Doch wie kann die energetische Sanierung im Bestand gelingen? Welche Strategien, Technologien und Fördermöglichkeiten bringen uns voran? Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt des Fach-Forums „Energiewende im Bestand“, das von der Initiative „Neues Bauen – 80 Sekunden“ in Kooperation mit Mitsubishi Electric am 15. und 16. September 2025 in Ratingen, stattgefunden hat.

Mit der anstehenden Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) will die Bundesregierung das Gesetz vereinfachen und technologieoffen gestalten. Beim Fach-Forum in Ratingen ist die Botschaft der Expertinnen und Experten eindeutig: Die Richtung stimmt. Einig war man sich vor allem darin, dass zentrale Bestandteile wie die Nutzung erneuerbarer Energien erhalten bleiben und Planungssicherheit hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen unbedingt gegeben sein muss, um die Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2045 zu erreichen.

Im Mittelpunkt standen die aktuellen He­rausforderungen und Chancen bei der energetischen Sanierung von Immobilien. Dem interessierten Fachpublikum aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sowie Medienvertretern bot sich auf der Veranstaltung ein Programm mit spannenden Vorträgen mit Kernbotschaften (Key Notes), inspirierende Workshops in Arbeitsgruppen sowie zahlreiche Gelegenheiten zum Austausch mit den Referenten und den anderen Gästen.

Robert Kroth, Geschäftsführer von „Neues Bauen – 80 Sekunden“, fand dazu klare Worte: „Die Branche hat die Werkzeuge: serielle Sanierung, digitale Steuerung, neue Finanzierungsmodelle. Aber ohne klare Leitplanken bleibt die Energiewende Stückwerk. Unser Fach-Forum in Ratingen hat gezeigt: Die Politik muss jetzt liefern – sonst verlieren wir wertvolle Zeit.“

Von Wärmepumpen bis Abwasserwärme, von ETS2 bis zu Quartierslösungen: Die Beiträge in Ratingen machten deutlich, dass Industrie, Wohnungswirtschaft und Kommunen auf die Wärmewende vorbereitet sind. Besonders deutlich wurde dies im Beitrag von Andreas Wagner, Präsident der deutschen Niederlassung von Mitsubishi Electric, der die Wärmewende als zentralen Baustein einer erfolgreichen Energiewende hervorhob: „Ohne eine konsequente Wärmewende wird Deutschland seine Energie- und Klimaziele nicht erreichen. Dafür muss insbesondere der Gebäudebestand dekarbonisiert werden. Meines Erachtens sind starke Netzwerke und der intensive Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft notwendig, um die komplexen Aufgaben der Energiewende im Gebäudesektor gemeinsam zu bewältigen.“

Nicolai Domann vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung verwies auf die Prognosen des Umweltbundesamts: Bis 2030 drohe im Gebäudesektor eine kumulierte Ziellücke von rund 110 Millionen Tonnen CO₂ – ein massiver Warnhinweis. Ohne eine beschleunigte Sanierungs- und Transformationsstrategie seien die Klimaziele nicht erreichbar – Politik und Branche müssten gemeinsam gegensteuern. Auf die Umsetzungsebene lenkte Christian Zaum, Wirtschaftsdezernent der Landeshauptstadt Düsseldorf, den Blick: Die Wärmewende sei eine Gemeinschaftsaufgabe, die sich im Quartier entscheide. Kommunale Wärmeplanung bilde dafür das zentrale Instrument.

Uwe Bigalke (dena) mahnte an, kurzfristige Erfolge mit tiefgreifenden strukturellen Veränderungen zu verbinden, um die notwendige Dynamik zu entfalten. Auch die Förderinstrumente standen im Fokus. Dr. Philipp Tilleßen (KfW) betonte, Förderbanken könnten nur dann wirksam beitragen, wenn ihre Programme verständlich, verlässlich und transparent seien – der bisherige „Förderdschungel“ erschwere Planungssicherheit, weshalb eine deutliche Vereinfachung notwendig sei. Stabile Rahmenbedingungen forderte auch Joachim Ditzen (Energie-ServicePlus, LEG): Große Bestandshalter könnten die Dekarbonisierung nur dann in der Fläche stemmen, wenn regulatorische Leitplanken Verlässlichkeit garantierten.

Nach einer kurzen Pause, die für Netzwerkpflege und neue Kontakte genutzt werden konnte, folgte die Einteilung des Plenums in Arbeitsgruppen. Diese ermöglichten Raum für Fragen und Erfahrungsaustausch zu Technologien, Finanzierung, Akzeptanz und kommunalen Ansätzen – und fokussierte im Ergebnis auf Startup-Pitches mit innovativen Lösungen für die Energiewende im Bestand, die anschließend wieder in der großen Runde vorgestellt wurden.

Am Ende des Fach-Forums gaben die Expertinnen und Experten aus Forschung, Politik und Wirtschaft ein deutliches Votum ab: Die Branche ist bereit, die Energiewende im Gebäudebestand umzusetzen. Mit mutigen politischen Entscheidungen und klaren Regeln sowie verlässlichen Rahmenbedingungen lässt sich die Umsetzung noch erheblich beschleunigen.

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