Die neue Lernform Online-Seminar

Eine Alternative zum Präsenzseminar?

Schon vor Corona war es vielfach auch ein zeitliches Problem, Fortbildungen zu besuchen. Dabei geht es gar nicht so sehr um die Kosten für ein Seminar oder die Übernachtung, man fehlt schichtweg im Betrieb oder auf der Baustelle. Und Corona hat nun gezeigt, was online alles geht. Das Online-Seminar ist das neue Format der Weiterbildung. Bei Veranstaltern und Teilnehmern ist die Euphorie groß. Sowohl die Seminaranbieter, als auch die Teilnehmer hoffen auf leichtere Wissensaufnahme, auf bessere Lernatmosphäre. Macht Lernen am Computer mehr Spaß?

Durch die Digitalisierung wurde schon vor Jahren das Online-Seminar entwickelt. In Zeiten der Pandemie ist es aus dem Dornröschenschlaf erwacht und steht im Wettbewerb mit der althergebrachten Seminarform. Die Vorteile des Online-Seminars werden immer wieder betont. Der Teilnehmer spart Reisekosten und Übernachtung. Die räumliche Beschränkung eines Seminarraums entfällt, so dass auch große Teilnehmerzahlen möglich sind. Ein Online-Seminar lässt sich aufzeichnen, so kann man die Aufnahme zu einem späteren Zeitpunkt nochmal ansehen oder den Kollegen weiterleiten.

Lässt sich das herkömmliche Bildungssystem also ersetzen? Im Vergleich zu den Präsenzseminaren bieten Seminare im Netz sowohl Vorteile als auch Nachteile. In der Euphorie des Webinars befasst man sich einseitig nur mit den Vorteilen, Nachteile werden ausgeblendet, die Schwächen einfach übersehen: Seminare am Bildschirm verlangen eine besondere Konzentration. Bei Befragungen haben sich über die Hälfte der Teilnehmer an Online-Seminaren zunächst sehr skeptisch geäußert und nur eine Seminardauer von zwei bis drei Stunden täglich für sinnvoll gehalten.

Während des Online-Seminars

Teilnehmer müssen bei Online-Seminar sehr diszipliniert auf Bewegungen achten und Hintergrundgeräusche vermeiden. Je mehr Personen an einer Schulung teilnehmen, desto kleiner ist der Bildausschnitt. Vielen fehlt noch die Erfahrung und sie müssen sich erst an die Technik der digitalen Wissensvermittlung gewöhnen. Teilnehmer vermissen die „Tuchfühlung“ zu anderen Teilnehmern, eine gewisse Distanz im Online-Seminar ist nicht zu überwinden ist.

Technische Seminarinhalte, die schon im Präsenzseminar nicht leicht zu vermitteln sind, lassen sich online noch schwieriger transportieren – praktische Fertigkeiten schon gar nicht. Der Vortrag des Referenten ermüdet im Netz schneller als im Face-to-Face Kontakt. Vor Ort engagieren sich die Teilnehmer stärker als über Video. Teilnehmern fehlt auch der Kontakt und Erfahrungsaustausch in der Pause, man spricht von „sozialer Isolierung“ im Online-Seminar. Kontakte untereinander und das „Get-together“ in den Pausen, das von Teilnehmern geschätzt wird, ist online nicht möglich.

Für Seminarteilnehmer ist der Seminarort auch ein schöner Tapetenwechsel, und das kann für die Wissensaufnahme förderlich sein. Für jeden ist es ein Ausdruck der Wertschätzung, wenn der Arbeitgeber die Kosten für Reise und Übernachtung übernimmt und nicht nur die Ersparnis durch Online-Seminare betont und in den Vordergrund stellt.

Die Seminaratmosphäre lässt einfach sich nicht digital umsetzen. Kritik von Teilnehmern an Online-Seminaren: „Es ist schon ziemlich eintönig, den ganzen Tag am PC zu sitzen. Die Gruppendynamik im Seminar kann man nicht einfach downloaden“. Im Präsenzseminar können sich die Teilnehmer anschauen und beschnuppern.

Für Weiterbildung gibt es in Zukunft die Mischform. Präsenz im Seminar ist durch nichts ersetzbar, es liefert dem Trainee bessere Möglichkeiten zur Konzentration und optimiert damit den Lerneffekt. Die Kombination von Online- und Präsenzseminar ist im Gespräch und für die meisten Themen auch denkbar. Beide Lernformen sind gut kombinierbar. Vergleichbar ist das mit der Fahrschule, wo der theoretische Teil inzwischen digital vermittelt wird, und die Praxisstunde des Schülers im Auto des Fahrlehrers erfolgt. Oder: So wie es verschiedene Verkehrsmittel gibt, die ihre Berechtigung haben, existieren verschiedene Lernformen, die sich ergänzen.

Was passiert nach dem
Online-Seminarbesuch?

Eine der meist gehörten Klagen ist die mangelnde Möglichkeit, nach dem Webinar etwas zu ändern. Genau wie im Präsenzseminar ist der Seminarteilnehmer mit dem Seminarwissen meistens sich selbst überlassen. Ehrgeizige Teilnehmer möchten neue Erkenntnisse besprechen und brauchen dafür Unterstützung von Kollegen und ihrem Chef. Neues Wissen ist nur umsetzbar, wenn das Team für neue Erkenntnisse offen ist, sie ernst nimmt und unterstützt, z.B. organisatorische Änderungen. Der Seminarist gibt bei Gleichgültigkeit oder Skepsis der Gruppe auf und es ändert sich nicht. Wenn viele oder alle aus dem Team den gleichen Wissenslevel erhalten haben, verläuft die Umsetzung von Erkenntnissen gut. Man ermuntert und vergleicht sich gegenseitig. Betrachtet man den Seminarbesuch wie ein Projekt, und steht der Vorgesetzte voll dahinter, ist die Umsetzung gesichert.

Wissenstransfer fängt schon bei der Seminarplanung an. Es muss sichergestellt sein, dass die Motivation des Teilnehmers für Weiterbildung im Netz vorhanden ist. Neben dem Weiterbildungsprogramm muss man sich auch mit der Lernform des Online-Seminars intensiv beschäftigten.

Regeln für Online-Seminarteilnehmer

1. Ihr persönlicher Erfolg ist wesentlich von Ihrer Mitarbeit abhängig.

2. Beteiligen Sie sich an Diskussionen, stellen Sie Fragen.

3. Machen Sie Notizen während des Referats.

4. Sagen Sie auch im Online-Seminar offen Ihre Meinung.

5. Achten Sie auf die Kamera.

6. Lassen Sie sich nicht ablenken.

7. Gehen Sie ohne Vorurteile ins Online-Seminar.

8. Bleiben Sie beim Thema.

9. Schalten Sie Ihr Handy ganz aus.

10. Kommen Sie aus der Pause pünktlich zurück.

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