Flexibilität in der Kontinuität

Marktveränderungen sind absehbar

Eco-Design-Richtlinie, F-Gase-Verordnung, die Entwicklung bei Luft/Wasser-Wärmepumpen und der VRF-Technologie – es sind zahlreiche Faktoren, die derzeit das Bild der Branche auf Dauer nachhaltig verändern könnten. Wie Mitsubishi Electric sich diesen Herausforderungen stellt, was man sich von den kommenden Jahren verspricht und wie der Markt sich auf der Grundlage der kommenden Veränderungen entwickeln könnte, besprachen wir mit Holger Thiesen, General Manager Mitsubishi Electric, Living Environment Systems.

KKA: Herr Thiesen, wie hat sich das Jahr 2013 bislang für Mitsubishi Electric entwickelt?

Thiesen:  Nach dem sehr langen Winter bescherte uns in diesem Jahr auch der gute und heiße Sommer eine deutlich wachsende Nachfrage nach Klimageräten. Im Vergleich zu den eher kühleren Sommern der vergangenen Jahre konnten wir eine erhebliche Bewegung im Markt feststellen. Nach wie vor erstklassig bewerten wir auch das Klima- und Heiztechnikgeschäft im professionellen Bereich. Hier ist die Investitionsbereitschaft vorhanden und scheint sich auch mittelfristig entsprechend weiterzuentwickeln. Gerade aber auch unser relativ neues Standbein – der Bereich air to water – also Luft/Wasser-Wärmepumpen im System entwickelt sich äußerst positiv. Nach unserer ersten Präsentation der Komplettlösung im Rahmen der ISH, bei der wir alle Komponenten eines Wärmepumpensystems aus einer Hand anbieten, wird das Konzept sehr gut angenommen. Wir reagieren derzeit darauf mit weiteren Einstellungen und Investitionen, gerade auch mit Zielrichtung auf das Fachhandwerk und den Fachplaner. Im Service für Wärmepumpen können wir jetzt ebenfalls auf eine flächendeckende Unterstützung unserer Partner zurückgreifen. Damit sind auch bundesweit entsprechende Notfalldienste nach Feierabend und an Feiertagen gewährleistet. Der Bereich Service und Dienstleistung steht auch weiterhin im Fokus unserer weiteren Entwicklung im Geschäftsfeld.

KKA: Wie bewerten Sie die Entwicklung im europäischen Umfeld?

Thiesen: Unsere Produktionskapazitäten in Schottland wurden erst vor kurzer Zeit deutlich ausgebaut. Gleichzeitig konnte ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum mit einem einmaligen Konzept eingeweiht werden. Derzeit ist geplant, noch einmal 23 Mio. Euro in die Erweiterung der Produktion zu investieren. Diese Fakten sprechen eine deutliche Sprache im Hinblick auf unsere Entwicklung – auch im europäischen Ausland. Überproportional positiv entwickeln sich die osteuropäischen Märkte, während es in Westeuropa ruhiger ist – aber immer noch innerhalb der Planung liegt. Positiv bewerten wir auch Südosteuropa. Hier besteht ein vergleichsweise geringer Wärme- aber dafür ein umso höherer Kühlbedarf. Der Einsatz einer eigenen Anlage zur Wärmeversorgung rentiert sich oft nicht und so erfolgt die kostengünstige Investition in ein geschlossenes Technologiekonzept. Klassischerweise handelt es sich dabei um Luft-Luft-Wärmepumpen. Mittlerweile geht der Trend auch in Richtung der Luft-Wasser-Systeme. Ebenso erfreulich entwickelten sich die Schweiz und Österreich.

KKA: Wie sehen Sie sich als Unternehmen mit Ihrem Angebot im deutschen Wärmepumpen-Markt?

Thiesen: Sicherlich sind wir im Vergleich mit den großen und etablierten Heiztechnik-Anbietern immer noch ein Neuankömmling im Wärmepumpen-Markt. Daran wird sich auch in den kommenden Jahren kaum etwas ändern. Denn der typische Fachhandwerker hat hier lange Jahre sicherlich positive Erfahrungen mit seinem Partner auf Herstellerseite sammeln können. Wir müssen weiterhin beweisen, dass wir die Sprache des Fachhandwerkers sprechen und seine Belange verstehen. Unsere Schwerpunkte legen wir hier auf ein abgerundetes, hoch qualitatives Produktprogramm, ein umfangreiches Service- und After-Sales-Angebot sowie ein abgestimmtes Schulungsprogramm für den Fachhandwerker. Und je mehr wir die Chance bekommen, dies in der Branche zu zeigen und je mehr Fachhandwerker positive Erfahrungen mit uns machen, umso mehr werden wir vom Markt akzeptiert. Diese Herausforderung nehmen wir gerne an und zeigen deutlich, dass wir uns in den Markt integrieren wollen und werden – nicht nur durch die Mitgliedschaft, sondern auch die aktive Mitarbeit in den Verbänden zusammen mit den anderen Herstellern.

KKA: Ist denn das Thema des Umgangs mit Kältemitteln nicht ein substanzielles Pro­blem in der Diskussion mit dem Fachhandwerk?

Thiesen: Grundsätzlich besteht weiterhin eine Barriere beim Umgang mit Kältemitteln im SHK-Fachhandwerk – genauso wie das Thema Hydraulik den Kälte- und Klimaanlagenbauer beschäftigt. Umso wichtiger ist es, dem Fachhandwerk hier Unterstützung wie einen Inbetriebnahme-Service an die Hand zu geben. D.h. wir werden den SHK-Fachhandwerker in die Lage versetzen, Anlagen zu planen und die Installation entsprechend vorzubereiten sowie umzusetzen und darüber hinaus sicherstellen, dass der Umgang mit Kältemitteln durch einen Partner erfolgen wird. Das werden wir als Komplettpaket in dieser Form anbieten. Parallel haben wir unser Schulungsprogramm massiv erweitert und investieren auch hier in neues Personal. Unser Ziel ist es, dass jeder unserer Partner künftig ein Botschafter für uns und unsere Produkte wird.

KKA: Welche Wachstumsziele verfolgen Sie dabei gerade im Bereich der Wärmepumpen?

Thiesen: Wir denken hierbei langfristig und wollen nicht um jeden Preis pro Jahr um einen bestimmten Prozentsatz im Markt wachsen. Die Devise „Klasse statt Masse“ hat uns bereits in der Kälte- und Klimatechnik zu einem führenden Unternehmen der Branche gemacht. Hier sind wir zusammen mit Top-Partnern gemeinsam gewachsen. Denselben Ansatz verfolgen wir auch im Heizungsbereich. Wir zielen nicht ab auf die 45 000 Betriebe im Markt, sondern gehen speziell an die Unternehmen heran, die gemeinsam mit uns das Wärmepumpengeschäft auf die gleiche Art verstehen. Auch hier wollen wir vor allen Dingen eine hohe Zufriedenheit beim Endkunden erzeugen, statt das „schnelle Geschäft“ mitzunehmen.

KKA: In den kommenden Monaten und Jahren wird vor allen Dingen auch die Eco-Design-Richtlinie den Markt in vielerlei Hinsicht berühren und verändern. Die Wärmepumpen werden im LOT 1 seit Oktober dieses Jahres erfasst. Wie bereiten Sie sich derzeit auf die ErP-Richtlinie vor?

Thiesen: Die ErP-Richtlinie ist für uns bereits ein bekanntes Thema. Hier haben wir im LOT 10 mit Raumklimageräten bis 12 kW Kälteleistung entsprechende Erfahrungen gesammelt, auf die wir jetzt auch im LOT 1 aufbauen können. D.h. dieser Wissenstransfer in ein technisch ähnlich gelagertes Produkt wie die Wärmepumpe ist für uns mit eher geringem Aufwand verbunden. Wir bereiten uns bereits seit Jahren mit Optimierungen unserer Geräte auf die kommende ErP-Richtlinie vor, sei es dem Kompressor, dem Wärmetauscher oder den saisonalen Wirkungsgraden.

KKA: Erwarten Sie von der ErP-Richtlinie, die Wärmepumpen ja tendenziell Vorteile im Hinblick auf die Effizienzeinstufungen gegenüber fossil betriebenen Wärmeerzeugern verschafft, einen weiteren Wachstumsschub?

Thiesen: Aus der Erfahrung in anderen LOTs der ErP-Richtlinie zeigt sich, dass ein Effizienzlabel nur bedingt etwas über die Qualität eines Produktes aussagt. Ich glaube, dass der Endkunde diese Lernkurve in den kommenden Jahren auch bei Wärmepumpen durchlaufen wird. Natürlich hilft die ErP-Richtlinie uns dabei, die Technologie der Wärmepumpe gegenüber konventionellen Wärmeerzeugern weiter zu differenzieren. Das Label wird jetzt wie eine Art Ritterschlag von offizieller Seite aus wirken, der dem Endkunden die Gewissheit gibt auf eine Technologie zu setzen, die sich bewährt hat. Insofern kann das Effizienzlabel im Markt hilfreich sein. Wir als Branche dürfen uns aber nicht darauf verlassen, dass ein Label alles richten wird. Das ausschlaggebende Argument für den Endkunden wird weiterhin das Fachhandwerk liefern. Es wird immer einen Kreis an Personen geben, die ausschließlich über den Preis kaufen. Aber das kann für keinen seriösen Hersteller die Primär-Zielgruppe sein. Das solide und traditionelle Fachhandwerks-Unternehmen setzt auf ganz andere Werte und die Endkunden honorieren das in zunehmendem Maße.

KKA: Auch das Thema Package-Labeling wird die Branche innerhalb der ErP-Richtlinie besonders beschäftigen. Fühlen Sie sich hier entsprechend vorbereitet, um Ihren Kunden Unterstützung bieten zu können?

Thiesen: Mit der ErP Richtlinie in Lot 10 haben wir bereits viel Erfahrungen sammeln können. Hier hat es sich bewährt, dass wir bereits mit einer langen Vorlaufzeit in diese Richtlinie gegangen sind. Die Werke konnten die erforderlichen Maßnahmen in Richtung Optimierung der Anlagensysteme durchführen und vermessen. Wir konnten wiederum im Vorfeld unsere Kunden erschöpfend über die neue Richtlinie informieren und unserer Informationspflicht nachkommen. Beispielsweise haben wir über ein Internetportal alle relevanten Daten sowohl dem Fachhandwerker als auch dem Endkunden zur Verfügung gestellt und das in sämtlichen Kombinationsmöglichkeiten der Innen- und Außengeräte, sofern sie zusammen harmonieren.

Diese Erfahrung hilft uns natürlich jetzt bei den kommenden ErP-Richtlinien Lot 1 und Lot 6. Auch hier arbeiten wir schon lange an der Umsetzung. Sobald beide Richtlinien in Kraft treten, werden wir auch mit unserem Produktprogramm 1:1 konform sein.

KKA: Wie sehen Sie in diesem Kontext denn die Tatsache, dass sich Erdgas derzeit auf einem vergleichsweise niedrigen Preisniveau befindet und der Strompreis eher noch steigen wird?

Thiesen: Zunächst einmal sollte sich die Gesellschaft wieder vor Augen führen, ob sie die noch vorhandenen fossilen Energieträger weiterhin für die Wärmeversorgung einsetzen oder für höherwertigere Aufgaben nutzen möchte. Doch natürlich ist der geringere Gaspreis im Vergleich zu den – bedingt durch die politischen Entscheidungen – steigenden Strompreisen eine Herausforderung, der wir begegnen müssen. Diese Herausforderung heißt, den Wirkungsgrad unserer Anlagen zu erhöhen und die Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen damit dauerhaft sicherzustellen. Das werden wir in den kommenden Jahren aufgrund der derzeitigen Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung sicher weiterhin umsetzen können. Dabei betrachten wir aber nicht nur die Wärmepumpe an sich, sondern das Gesamtsystem – insbesondere die Transferierung der Wärmeenergie in das Heiz- oder Warmwassersystem. Dabei stehen uns noch verschiedene Alternativen offen, die wir noch nicht ausgeschöpft haben und an denen wir arbeiten. Darüber hinaus favorisieren wir die Verbindung von Wärmepumpe mit der Photovoltaik und werden auch hier neue Lösungen bieten.

KKA: Der Bereich Klimatisierung ist bei Ihnen gerade im Endkundengeschäft als extrem saisonabhängig gekennzeichnet. Gleichzeitig haben sich Unternehmen wieder aus dem Bereich der Klimatechnik zurückgezogen. Wird es in der Zukunft überhaupt einen nennenswerten Markt für Klimageräte beim Endkunden geben?

Thiesen: Grundsätzlich stellen wir tatsächlich einen Zusammenhang zwischen heißen Sommern und dem Absatz im Bereich Endkunden bei Klimageräten fest. Betrachten wir jedoch die Gesamtentwicklung der vergangenen Jahre, ist der Gesamtabsatz in diesem Segment kontinuierlich gewachsen. Unsere Analysen zeigen, dass wir bereits jetzt und noch deutlich verschärft in den kommenden Jahren aufgrund der immer rigideren Bauvorschriften hinsichtlich Dämmung eher das Thema der sinnvollen Wärmenutzung als der Kältegenerierung beachten müssen. Unsere Überlegungen gehen dahin künftig dem Endkunden Systeme zu bieten, die wir ja bereits im professionellen und gewerblichen Bereich einsetzen – nämlich Anlagen zur Energieverschiebung innerhalb der Gebäudehülle. Diesen Grundgedanken haben wir ausgehend von unserer VRF-R2-Technologie für Großanwendungen auf der ISH erstmals im kleineren Leistungsbereich als „Mr. Slim+“-Anwendung vorgestellt.

Die eigentliche Aufgabe, die sich uns stellt, ist es dem Endkunden klarzumachen nicht nur im Gewerk Heizung, sondern an seinen Gesamtkomfort zu denken, der sich künftig mit einer gemeinsamen Anlage auf der Basis erneuerbarer Energieträger lösen lassen kann.

KKA: Können Sie denn im gewerblichen Bereich eindeutige Trends feststellen, dass vermehrt auf Anlagentechnik gesetzt wird, die gleichzeitig heizen, kühlen und Warmwasser generieren kann?

Thiesen: Ja – das ist auch kein Bauchgefühl mehr, sondern lässt sich durch deutliche Zahlen und Fakten belegen. Insbesondere überall da, wo der Bewohner über die Liegenschaftsausstattung selber oder mit entscheiden kann, geht es aus wirtschaftlichen Gründen in Richtung ganzheitlicher Lösung statt getrennter Anlagentechnik. Fachplaner und Architekten kommen mittlerweile auch vielfach über die Themen der Gebäudezertifizierung wie DGNB, LEED oder BREEAM zu einer gemeinsamen Lösung. Viele Unternehmen und Investoren haben den „Green-Standard“ für sich entdeckt, wollen das umsetzen und natürlich auch in ihrer Außendarstellung überzeugend kommunizieren. In diesem Konzept sind Anlagen auf der Basis erneuerbarer Energieträger für die ganzjährige Klimatisierung bzw. Beheizung und Warmwasserbereitung erste Wahl in punkto Effizienz. Dabei bieten wir über unser 2-Leiter-VRF-System eine weltweit patentierte Lösung, die gleichzeitig die Energieverschiebung innerhalb eines Gebäudes umsetzt. Wir stellen immer mehr fest, dass der Planungsansatz von vorneherein ganzheitlicher wird und nicht mehr automatisch getrennte Anlagen zur Wärme- und Klimatisierung festschreibt.

KKA: Aber ist es nicht so, dass Kältemittel nach wie vor in der Diskussion stehen und die gesetzlichen Bestimmungen sich hierzu in der Zukunft massiv ändern könnten?

Thiesen: Zunächst: Wir setzen umweltschonende Kältemittel in unseren Anlagen ein, die zudem ausschließlich durch Profis mit entsprechendem Sachkundenachweis verwendet werden. Gleichzeitig konnten wir die jeweils erforderlichen Kältemittelmengen in den letzten Jahren teils deutlich reduzieren. Darüber hinaus haben wir bereits im vergangenen Jahr eine Anlage vorgestellt, die sowohl die Vorzüge eines Kältemittel- als auch eines wassergeführten Systems verbindet. Diese HVRF-Technologie läuft als Prototyp z.B. in unserem eigenen Verwaltungsgebäude seit zwei Jahren innerhalb der geplanten Parameter. Das hier noch erforderliche Kältemittel zirkuliert lediglich zwischen Außengerät und „HBC Controller“, der innerhalb des Technikraums angebracht ist. Vom „HBC Controller“ aus werden sämtliche Innengeräte im Gebäude mit Wasser versorgt. Damit sind wir in der Lage ebenfalls ein komplettes Konzept umzusetzen, ohne dass Kältemittel im Gebäude zirkuliert und ebenfalls eine hoch effiziente Energieverschiebung innerhalb der Gebäudehülle erlaubt.

KKA: Herr Thiesen, wenn wir einen Blick auf die kommenden Jahre werfen – wo rechnen Sie mit weiteren Innovationen?

Thiesen: Unsere Division innerhalb Mitsubishi Electric wird als Living Environment Systems bezeichnet. Klimatechnik und Wärmepumpen bilden nur einen kleinen Ausschnitt der Leistungen, die sich hierunter zusammenfassen lassen. In allen Anlagenkonzepten liegen darüber hinaus noch weitere Möglichkeiten zur Effizienzhebung. Insbesondere das Thema der Systeme wird uns in den kommenden Jahren in punkto Anbindungstechnik und Schnittstellen intensiv beschäftigen.

KKA: Herr Thiesen, vielen Dank für das Gespräch.

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