Kooperationen im
Handwerk nutzen

Das Netzwerk „Check and Work“ führt Betriebe zusammen

Mit nur einer Anfrage, schnell und einfach die richtigen Kollegen für eine Kooperation finden: Das verspricht die Handwerker-Plattform „Check and Work“. 750 eingetragene Betriebe aus Deutschland, Österreich und Südtirol nutzen die Chance, gemeinsam größere Aufträge und Auftragsspitzen in Form von Kooperationen zu bewältigen.

Die Liebe zum Handwerk wurde Martin Holl, Mittdreißiger, schon in die Wiege gelegt. „Ich bin als Kind zur Baustelle mitgegangen und habe dem Vater über die Schultern geblickt, wenn er mit Kunden verhandelt hat“, sagt Holl. Der Ingenieur führt zusammen mit seinem Bruder, einem Meister, den gleichnamigen Elektrobetrieb in Bobenheim-Roxheim. Ihr Vater hatte diesen vor mehr als 31 Jahren gegründet.

Bereits der Senior-Chef, der Lehrwart bei der Innung war, beobachtete im Fachkräftemangel ein immer stärker werdendes Handwerksproblem. Beim Prüfungswesen sah er die Zahlen der Azubis zurückgehen. Mehr Jugendliche als früher schafften die Abschlüsse gar nicht mehr.

Zeitgerecht fertig werden

Was wäre nahliegender, als das eigene Netzwerk zu nutzen und auszubauen? Das war die Ursprungsidee von einem größeren Zusammenschluss zwischen Handwerksbetrieben, damit auch größere Aufträge angenommen werden könnten. Bei einem Bauprojekt wurden die Kapazitäten der eigenen Holl Elektro-Technik GmbH ziemlich knapp. „Wir hatten immer mehr Stress, immer weniger Zeit und mehrere Nachträge des Kunden schienen kaum mehr zu bewältigen sein“, so Holl. Als der Elektromeister dem Kunden sagte, dass er keine Kapazitäten mehr habe, empfahl ein Trockenbauer, der das Gespräch auf der Baustelle mitbekam, einen Handwerksbetrieb, der das Holl-Team unterstützen könnte. Dieser hatte gerade eine Flaute und konnte mit fünf Mitarbeitern aushelfen. „Durch diese Kooperation konnte der Auftrag zeitgerecht erfüllt werden“, sagt Holl.

Zusammenrücken gefragt

Bald fanden sich über 50 Betriebe aus der Region in einem neuen Netzwerk zusammen. 15 Monate ist nun das webbasierte Netzwerk „Check and Work“ jung, das Holl initiierte und für alle Handwerksbetriebe aus dem Bau- und Ausbaugewerbe öffnete (www.checkandwork.de). „Der Facharbeitermangel ist unsere größte Chance im Handwerk endlich zusammenzurücken“, stellt der Elektromeister fest. Viele Handwerker würden eine wertvolle Arbeit leisten. „Sich gegenseitig auszuspielen, braucht kein Mensch mehr.“

Bei der Registrierung eines neuen Unternehmens auf „Check and Work“ wird dieser auf seine Qualität geprüft: detaillierte Informationen, Bewertungen, Bilder, Rechtsformen und Mitgliedschaften sowie die Eintragung der Handwerksrolle. Nur schwarzen Schafen traut er zu, dass sie Mitarbeiter abwerben wollen. Denen droht natürlich direkt der Ausschluss.

Einfache Anfrage

Einmal angemeldet, kann der Interessierte mit nur einer Anfrage herausfinden, welches Gewerk ihn wann, wo und für was unterstützen kann. „Das System findet automatisch die registrierten Unternehmen vom gewünschten Gewerk im gewünschten Zielgebiet heraus und informiert dieses per Mail über die Unterstützungsanfrage“, so Holl. Inzwischen sind bereits 750 Betriebe in „Check and Work“ eingetragen. Am meisten werden Sanitär und Elektro nachgefragt. Wenn er von den 160 eingetragenen Betrieben seiner Region jemanden benötigt, erhält er zu über 90 % am gleichen oder nächsten Tag eine Rückmeldung von einem oder mehreren Betrieben. „Umso stärker eine Region wird, desto mehr Traffic entsteht in der jeweiligen Region und das ist ein entscheidendes Mittel, den Fachkräftemangel kurzzeitig für einzelne Projekte oder bei Auftragsspitzen auszugleichen“, so der Initiator der Seite. Durch die sozialen Medien, Zeitschriften und Veranstaltungen wird „Check and Work“ immer bekannter. Ein Mitgliedsbeitrag wird nicht verlangt. Sinn und Zweck ist es, dass jedes Mitglied nur die Unternehmen nachzieht, auf die er sich in der Vergangenheit auch auf einem analogen Weg verlassen konnte. Dadurch entsteht aktuell ein starkes Netzwerk an hervorragenden Unternehmen, auf die man sich verlassen kann. Inzwischen erfordert das Managen der Seite für den Ingenieur schon die Zeit eines Volljobs.

Vertrag und Lohn

Die Firma gibt der Partnerfirma einen klaren Arbeitsauftrag, der rechtlich in einem Werkvertrag geregelt ist. Die Bezahlung der Stundenlöhne richtet sich nach den Begebenheiten der Region und muss zwischen den Vertragsparteien selbst ausgemacht werden. Zusätzlich haben sich Bildungsinstitute und Zeitarbeitsfirmen auf der Plattform eingetragen, um das Angebot zu erweitern. Inzwischen ist das Netz über ganz Deutschland gespannt: Rhein-Main, Neckar, Koblenz und Hannover bilden dabei die aktuell stärksten Regionen. Auch in Österreich gibt es schon in Salzburg Betriebe, die vornehmlich mit bayrischen Firmen kooperieren. Ebenso in Südtirol, noch nicht in der Schweiz.

Wachstum mit gleichem Personal

Martin Holl ist stolz, wenn er auf fremden Autos in einer anderen Stadt seine „Check and Work“-Aufkleber an den Firmenfahrzeugen sieht. Vor kurzem konnte er einen großen Auftrag übernehmen, der ohne die Kooperation mit 30 Elektrobetrieben gar nicht möglich gewesen wäre. Dabei habe jeder der Beteiligten gut verdient. Den Hut, die Projektleitung, hatte in diesem Fall Holl auf. „Die Umsätze wachsen dadurch mit dem eigenen Personal“, so Holl.

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