CO2-Kälteanlage zum Heizen und Kühlen

Effiziente Kälteerzeugung im Supermarkt

Transkritische CO2-Kälteanlagen erleben in der Retail- und industriellen Kältetechnik eine Renaissance. So sind europaweit inzwischen schätzungsweise 6000 transkritische CO2-Kälteanlagen in Betrieb. Bei CO2-Kälteanlagen ist die Abwärmenutzung für Warmwasser und Gebäudeheizung Stand der Technik. Zunehmend wird aber nicht nur die Abwärme vom Kühlprozess genutzt, um die Gebäudeheizung zu unterstützen, sondern die CO2-Kälteanlagen werden so weiterentwickelt, dass diese den gesamten Wärmebedarf eines Gebäudes oder Supermarkts abdecken können.

Sogenannte Integral-Systeme sind stark im Trend, nicht zuletzt, weil sie platzsparend, kosten- und energieeffizient den gesamten Bedarf an Wärme und Kälte abdecken. Insbesondere im Retail-Bereich sind meist zwei unabhängige Temperaturniveaus, eine Plus- und eine Minuskühlung, gefordert. Dadurch gewinnt das Booster-Anlagenkonzept aufgrund dessen Einfachheit an Bedeutung und löst in vielen Fällen ein Kaskaden-Anlagenkonzept oder ein Konzept von zwei getrennten Anlagen ab. Bei diesem Konzept werden zwei Verdichtungsstufen für die Plus- und Minuskühlung sowie eine dreistufige Entspannung mit einem Mitteldrucksammler eingesetzt. Das Flashgas wird vorzugsweise mittels Parallelverdichter verdichtet oder über den Flashgas-Bypass den Plusverdichtern zugeführt.

 

Abwärmenutzung mit CO2

Das Heißgas der Plus- und Minusverdichter wird mittels Plattenwärmetauscher enthitzt, bevor die restliche Wärme mittels Gaskühler oder Druckgasenthitzer an die Umgebung abgegeben wird. Dabei spielt die Abwärmenutzung der Plusverdichter eine deutlich übergeordnete Rolle. Erfahrungsgemäß erfolgt die Enthitzung vom CO2 von +120 °C bis zu einer Temperatur von ca. +30 °C. Die limitierende Größe ist dabei das Temperaturregime des Heizungsnetzes.

Abbildung 2 zeigt den Kreisprozess im Log-p-h-Diagramm. Bei einem Hochdruck von 50 bar und einer CO2-Austrittstemperatur von +30 °C am Austritt des Plattenwärmetauschers der Abwärmenutzung, beträgt das Verhältnis aus nutzbarer Abwärmeleistung zu nutzbarer Kälteleistung gerade mal 0,22. Diese Abwärme steht ohne zusätzlichen elektrischen Mehraufwand zur Verfügung, da die Kälteanlage ohnehin läuft, um den Kältebedarf abzudecken. Geht man von einer nutzbaren Kälteleistung von 50 kW aus (Beispiel Lastprofil Plus- und Minuskühlung im Teillast-Betrieb), so resultiert eine nutzbare Abwärmeleistung von 11 kW. In diesem Betriebspunkt werden gerade mal 18 % der Abwärme zurückgewonnen. Der größte Teil wird im Gaskühler durch Kondensation im subkritischen Betrieb an die Umgebung abgegeben.

 

Wird nun bei gleichen Außenbedingungen wie in dem in Abbildung 2 dargestellten Prozess der Hochdruck mittels Hochdruck-Regelventil auf 80 bar erhöht, ergibt sich bei minimal höherem Aufwand eine viel größere Abwärmeleistung. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die +30 °C Temperaturverlaufskurve (Isotherme) oberhalb des kritischen Punkts stark nach links verläuft. In Abbildung 3 ist derselbe Prozess mit Hochhaltung auf 80 bar aufgezeichnet. Es wird sofort ersichtlich, dass die nutzbare Abwärmemenge stark zunimmt. Das Verhältnis von nutzbarer Abwärmeleistung zur nutzbaren Kälteleistung liegt nun bei 1,12. In anderen Worten, geht man wieder von einer nutzbaren Kälteleistung von 50 kW aus, so steht eine nutzbare Abwärmeleistung von 56 kW zur Verfügung. Durch die Hochdruck-Anhebung von 50 bar auf 80 bar können im transkritischen Betrieb dadurch 80 % der Abwärme zurückgewonnen werden.

Das Anheben auf 80 bar geht natürlich einher mit einem elektrischen Mehraufwand gegenüber dem Betrieb bei 50 bar Hochdruck. Setzt man die zusätzliche Abwärmemenge ins Verhältnis zum elektrischen Mehraufwand, so resultiert ein „Heiz-COP“ oder „Hochhaltungs-COP“, welcher bei 5,48 liegt und keine direkte Abhängigkeit zur Außentemperatur hat. Dieser „Heiz-COP“ steht jenen Leistungszahlen von alternativen Heizungssystemen gegenüber, beispielsweise einer unabhängigen Wärmepumpe. Im Vergleich wird rasch ersichtlich, dass herkömmliche Wärmepumpen, insbesondere bei tiefen Quellentemperaturen, nicht mithalten können.

 

Energiebilanz im Supermarkt

Supermärkte haben gleichzeitigen Bedarf an Wärme und Kälte. Lebensmittel werden durchgehend gekühlt, bestimmte Räumlichkeiten zusätzlich klimatisiert oder beheizt und Warmwasser wird fortlaufend erwärmt. Eine Energiebilanzierung als Funktion der Außentemperatur erlaubt es, den Bedarf an Wärme oder Kälte zu ermitteln.

Es gibt verschiedene Ansätze, eine bedarfsgerechte Abdeckung dieser Wärme und Kälte in einem Supermarkt sicherzustellen. Als gängige Praxis gilt es, den Bedarf meist losgelöst oder unabhängig voneinander aufzubereiten, sprich die Kälteanlage kühlt die Lebensmittel. Eine Klimaanlage und eine Heizung sorgen für ein angenehmes Klima. Für die Klimatisierung und Heizung werden dazu vermehrt reversible Wärmepumpen eingesetzt, welche Heizen oder Kühlen können. Unterstützend respektive priorisierend zum Heizbetrieb der Wärmepumpe wird die Abwärme der Plus- und Minuskühlung für die Heizung und Aufbereitung von Warmwasser eingesetzt.

Je nach Jahreszeit überwiegt der Wärme- bzw. der Kältebedarf im Supermarkt. Der jeweils größere Bedarf von beiden definiert, ob zusätzliche Wärme von außen zugeführt oder überschüssige Wärme an die Umgebung abgegeben wird. Im Sommer wird vorwiegend Wärme an die Umgebung abgegeben. Im Winter hingegen wird meist Wärme von außen zugeführt. Die exakte Bilanz ist maßgeblich von der Gebäudehülle, Wärmeeintrag und der Außentemperatur abhängig. Im Idealfall entspricht der Kältebedarf dem Heizbedarf, so muss keine Wärme an die Umgebung abgegeben oder von außen zugeführt werden.

Wird der Bedarf an Wärme und Kälte anhand der Temperaturhäufigkeit hochgerechnet, so lässt sich das Ergebnis in Kilowattstunden beispielsweise als Funktion des Monats darstellen. Die Abbildung 4 stellt die monatliche Energiebilanz eines Beispiel-Marktes im Raum Luzern (Schweiz) dar. Dabei wird der Fokus auf die Abwärmemenge der Kälteanlage und den Bedarf an Wärme für die Gebäudeheizung gemacht.

 

Zusätzliche Wärmequelle

Der limitierende Betriebspunkt, sprich jener der relevant ist für die maximale Kälteleistung der Kälteanlage, liegt üblicherweise bei hohen Außentemperaturen. In anderen Worten ist die Anlage in den kühleren Jahreszeiten überdimensioniert. Es ist naheliegend, dass mittels eines Außenverdampfers die Leistungsreserve im Winter genutzt werden kann, um die Wärmemenge zu steigern. Wärme und nicht Abwärme, weil diese zusätzlich aufbereitet wird und nicht als Beiprodukt der Kühlung entsteht. Diese Betriebsart entspricht im eigentlichen Sinne einer herkömmlichen Wärmepumpe, einzig werden mit einem System gleichzeitig Pluskühlung, Minuskühlung und Wärmepumpenbetrieb gefahren. Vorausgesetzt es besteht keine Möglichkeit, Erdwärme oder eine sonstige Wärmequelle, besser als Luft zu verwenden, so kann der Außenverdampfer entweder als separates Gerät oder als ein Gerät kombiniert mit dem Gaskühler ausgeführt werden. Unabhängig von der Platzierung kann die kältemittelseitige Einbindung gemäß Abbildung 6 erfolgen.

Der Vorteil für eine Kombination von Gaskühler und Außenverdampfer liegt im Abtauen des Außenverdampfers. Während des Abtauens kann am Gaskühler Wärme abgegeben werden, welche den Außenverdampfer abtaut. Darüber hinaus ist kein zusätzlicher Platzbedarf für den Außenverdampfer notwendig und die Kosten liegen tiefer als für zwei separate Geräte.

Grundsätzlich ändert sich nichts am Prozess für die Plus- und Minuskühlung. Einzig kommt ein weiteres Verdampfungstemperaturniveau hinzu, welches in Abhängigkeit der Außentemperatur geschoben wird.

 

Klimatisierung

Vorwiegend in größeren Supermärkten ist der Kälteeintrag der Plus- und Minuskühlung nicht ausreichend, um den Verkaufsbereich ausreichend zu klimatisieren. Insbesondere dann nicht, wenn die Kühlmöbel mit Glastüren bestückt sind und der Kälteeintrag in den Verkaufsbereich 30 bis 60 % kleiner ausfällt. Folglich bedarf es während warmer Außentemperaturen einer zusätzlichen Klimatisierung. Diese wird, wie eingangs erläutert, meist mit einer separaten Einheit oder mit einer reversiblen Wärmepumpe realisiert. Vermehrt wird die Klimatisierung mit der gleichen Supermarkt-Kälteanlage realisiert, indem mittels zusätzlichen Verdampfers zur Klimatisierung, Kaltwasser aufbereitet wird. Je nach Gebäudekonzept kann die Verteilung mittels Luft, Wasser oder Direktverdampfung erfolgen. Im Beispiel in Abbildung 7 wird Wasser als Wärme- und Kälteträger eingesetzt, mit dem Vorteil, dass Standard-Deckengeräte zum Heizen und Klimatisieren verwendet werden können.

 

Ausblick

Transkritische CO2-Kälteanlagen in Kombination mit optimierter Abwärmenutzung, zusätzlichem Außen- sowie Klimaverdampfer werden insbesondere im Retailbereich und in der industriellen Kältetechnik unter Kältefachleuten als eine der zukünftigen Kombinationen gesehen. Die Abdeckung und die Versorgung sämtlicher Wärme- und Kältebedarfe mittels eines Systems birgt weiteres Potential für Effizienzsteigerungen. Darüber hinaus können Installations-, Betriebs- und Unterhaltskosten reduziert werden und der Platzbedarf nimmt ab. Diese wesentlichen Vorteile führen zu einer zunehmenden Nachfrage solcher Systeme über den gesamten Leistungsbereich hinweg. Des Weiteren lassen sich solche Systeme mit anderen zukunftsweisenden Technologien wie Ejektoren kombinieren.

Die Integration bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich. Bei der Planung und Entwicklung solcher Systeme ist mit einem erhöhten Aufwand zu rechnen, denn sämtliche Betriebsfälle sind sorgfältig zu berücksichtigen, zu berechnen und dessen Abdeckung, auch im Teillastbetrieb, zu überprüfen. Nach Einschätzung der Autorenschaft ist es trotzdem lediglich eine Frage der Zeit, bis solche Systeme, insbesondere im Bereich von Retail und Industrie, als Stand der Technik gelten.

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