Dezentrale Kälteerzeugung direkt vor Ort

Effizientes Energiesystem mit Adsorptionskältemaschinen

Die konsequente Nutzung moderner KWKK-Systeme ermöglicht Industrieunternehmen Energieeinsparungen von bis zu 35 %. Im nordrhein-westfälischen Hemer setzt die Sundwiger Drehtechnik GmbH auf ein modular aufgebautes Energiesystem mit einem zentralen BHKW und insgesamt sieben Adsorptionskältemaschinen. Dank der optimal aufeinander abgestimmten Komponenten generiert das ausgeklügelte System nach nur vier Jahren Amortisationszeit jährlich finanzielle Einsparungen im sechsstelligen Bereich.

Wie man Energiesparpotentiale im produzierenden Gewerbe optimal nutzt, zeigt der Fall Sundwiger Drehtechnik. Anfang 2013 plante Geschäftsführer Dirk Graewe die nachhaltige Senkung der Energiekosten in der gesamten Firma. Diplom-Ingenieur Stefan Hilleke vom Reg.Las Ingenieurbüro erstellte ihm daraufhin ein Energiegutachten zur Analyse ungenutzter Potentiale. Durch die geschickte Nutzung einer Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK-System) soll künftig – so die Prognose des Energie-Experten – über ein Drittel der benötigten Energie eingespart werden. Aufgrund seiner Begeisterung für umweltfreundliche Technologien und der hohen Einsparpotentiale entschloss sich Herr Graewe, alle vorgeschlagenen Maßnahmen Zug um Zug in seinem Betrieb umzusetzen. Seit fast drei Jahren läuft nun die schrittweise Modernisierung der Energietechnik, von der LED-Beleuchtung in der Produktionshalle über die Optimierung des Heiz- und Kühlsystems bis hin zur hauseigenen Photovoltaik-Anlage, welche aktuell installiert wird. Herzstück der umfassenden Komplettsanierung bildet die Energiezentrale des Unternehmens, ausgerüstet mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) und fünf InvenSor-Adsorptionskältemaschinen (AdKM).

Modular aufgebaute Kältelösung auf die Anwendung zugeschnitten

KWKK-Systeme bestechen vor allem durch ihren hohen Wirkungsgrad bei gleichzeitig langer Laufzeit des integrierten BHKWs. Mit Hilfe des Blockheizkraftwerks produziert Sundwiger Drehtechnik eigenen Strom. Die dabei anfallende Abwärme nutzt das Unternehmen geschickt je nach Bedarf zum Heizen im Winter und für die Kälteerzeugung im Sommer. Thermisch angetriebene Adsorptionskältemaschinen (AdKM) der Firma InvenSor (www.invensor.de) nutzen warmes Wasser aus dem Pufferspeicher des BHKWs zur Bereitstellung von Kaltwasser mit einer Vorlauftemperatur von 11-12 °C. Bei dem Projekt kommen an zwei Stellen AdKMs zum Einsatz: Fünf Kältemaschinen in der Energiezentrale versorgen mit einer kombinierten Kälteleistung von 50 kW eine Produktionshalle, zwei weitere Geräte bilden eine separate Kühlinsel. Die Grundidee dieses dezentralen Energiesystems ist denkbar einfach: Die Kälte wird direkt dort hergestellt, wo sie benötigt wird.

Als Antriebsenergie nutzen die AdKMs bei der Sundwiger Drehtechnik GmbH zu 85 % die Abwärme des BHKWs und zu circa 15 % Abwärme vorhandener Druckluftkompressoren. Für die Verteilung des Warmwassers wird das vorhandene Netz genutzt. Für die dezentrale Kälteerzeugung an zwei Standorten im Unternehmen wurden zwei Kaltwasserkreisläufe eingerichtet. Das spart nicht nur Investitionskosten, sondern auch in erheblichem Umfang Energie, die sonst für Pumpen erforderlich wäre, um die vorhandene Distanz von über 350 m zwischen den Kühlanwendungen zu überwinden. Durch das modular aufgebaute Kühlsystem werden die bisher verwendeten elektrisch angetriebenen Beistellkühler an den Zerspanungs- und Schleifmaschinen überflüssig. Lediglich zwei Kältekompressoren werden zur Ausfallsicherheit im Standby-Modus beibehalten. Bis zu einer Außentemperatur von 15 °C arbeiten die Adsorptionskältemaschinen im Free Cooling-Modus, d.h. die Abwärme des BHKWs steht im Winter komplett für die Gebäudeheizung zur Verfügung. Die Kühlung erfolgt in diesem Fall direkt über die InvenSor-Rückkühler im Außenbereich der Produktionsstätte.

Ansprechende Umweltbilanz

Immerhin knapp ein Viertel der gesamten Energiekosten entfällt bei der Firma Sundwiger Drehtechnik auf die Kühlung und Klimatisierung der Räumlichkeiten. Mittlerweile deckt das hauseigene BHKW mehr als 60 % des Gesamtwärmebedarfs. Die Umweltbilanz inklusive der entsprechenden CO2-Ersparnis kann sich dabei durchaus sehen lassen: Statt der vorher installierten Kesselleistung von 1 MW werden nach der Modernisierung insgesamt nur noch 600 kW benötigt. Der nun für die Kühlung eingesetzte Adsorptionsprozess arbeitet fast ohne Strom, wodurch zusätzlich eine massive Einsparung an elektrischer Energie möglich wird. Dass die InvenSor-Kältemaschinen prozessintern reines Wasser als Kältemittel verwenden, bietet gleichzeitig deutliche Vorteile für Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Den zuletzt Anfang 2015 weiter verschärften Regulierungen konventioneller Kühlanlagen mit halogenhaltigen Kältemitteln konnte das Unternehmen so wirkungsvoll begegnen.

Der verantwortliche Planer des Projekts, Dipl.-Ing. Stefan Hilleke, sieht sich selbst als Gestalter einer „Energiearchitektur“. Sein Ingenieursbüro konzipiert und überreicht den Kunden ein in sich abgestimmtes, effizientes Komplettsystem. Dabei werden nur Komponenten eingesetzt, die auch tatsächlich gebraucht werden. Für spezielle Klimatisierung der Büroräume bestand bei der Sundwiger Drehtechnik beispielsweise kein Bedarf. Dafür werden zukünftig die Laborräume über den Kältekreislauf gekühlt. „Auf die Kühllösungen aus dem Hause InvenSor bin ich durch Empfehlung gestoßen“, berichtet Hilleke. „Die vielfältigen Kaskadierungsmöglichkeiten erlauben mir einen äußerst flexiblen Einsatz der Adsorptionskältemaschinen. Dank des modularen Aufbaus finde ich dabei stets die ideale Kombination mit anderen Komponenten.“

Industrielle Abwärme clever nutzen

Eine möglichst umweltfreundliche Herstellung hat sich Geschäftsführer Dirk Graewe seit jeher auf die Fahne geschrieben: Die Sundwiger Drehtechnik GmbH im Sauerland ist ein technisch führendes Unternehmen in der Herstellung von Präzisionsteilen der Dreh- und Frästechnik u. a. mit eigenem „first solus“-Zerspanungsverfahren. In der Dreherei werden alle Metalle und div. Kunststoffe in jeder Losgröße produziert. Dabei hat sich Sundwiger auf komplexe anspruchsvolle Artikel spezialisiert und ist der Oberflächenspezialist in seiner Branche. Bei der energieaufwendigen Bearbeitung wird nach Möglichkeit jede Chance genutzt, Ineffizienzen zu identifizieren und soweit wie möglich auszuschalten. Gekühlt werden sowohl Kühl- und Schmierstoffe als auch die Schaltschränke der einzelnen, maschinellen Anwendungen innerhalb der Produktion. Über Wärmetauscher wird kalte Luft in die Schränke geleitet, während die Produktionsmaschinen selbst direkt mit Wasser aus dem Kühlkreislauf versorgt werden. Für die weitere Optimierung des Systems wird untersucht, auch industrielle Abwärme aus den verschiedenen Fertigungsschritten zum Antrieb der Kühlung einzubinden.

Die Modernisierung der Energietechnik erfolgt in Sundwig derzeit bei laufendem Betrieb der Produktion. Es wird weiterhin im Drei-Schichtbetrieb gearbeitet – rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Die Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit der geplanten Lösung waren dem Leiter des Unternehmens daher besonders wichtig. „Mit der Umsetzung unseres Energiesparmodells sind wir sehr zufrieden. Die Anlage läuft nach der ersten Feinjustierung reibungslos und besticht durch ihre geringe Wartungsintensität“, so Graewe. „Wenn ich gewusst hätte, mit welch einfachen Mitteln sich solch erstaunliche Optimierungseffekte erzielen lassen, wäre ich schon viel früher auf ein maßgeschneidertes KWKK-System umgestiegen.“

Enorme Einsparungen Jahr für Jahr

Der Einsatz der nachhaltigen Umwelttechnologie lohnt sich bereits ab Kälteleistungen von 10 kW. In der Industrie sind InvenSor-Anlagen meist im Leistungsbereich zwischen 30 und 200 kW anzutreffen. Die mit dem Adsorptionsprozess bei der Kälteerzeugung erreichten Stromeinsparungen liegen dabei in der Regel zwischen 70 und 90 %. Im Falle der Sundwiger Drehtechnik beträgt die gesamte Energieeinsparung nach Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen tatsächlich stattliche 35 %. Wirtschaftlichkeitsberechnungen zufolge wird sich die Anlage nach nur vier Jahren vollständig amortisiert haben. Bei den derzeitig effektiven Energiepreissteigerungen von jährlich rund drei Prozent wird so aus den vermiedenen Aufwendungen schnell bares Geld. In gut zwanzig Jahren summieren sich die gesparten Kosten auf stolze 1,7 Mio. € Gesamtsumme, allein für das KWKK-System inklusive Nahwärme, hydraulischem Abgleich und Fernwärmespeicher. Ein Antrag auf Förderung der Querschnittstechnologie mit über 70.000 € wurde direkt bei der Planung gestellt.

Die nächsten Schritte im Bereich energetischer Sanierung stehen für Dirk Graewe übrigens längst fest: Nach dem Bau einer größeren Photovoltaik-Anlage folgt die Implementierung einer Gebäudeleittechnik. Zudem soll die jährliche Analyse der Lastgangprofile bei der optimalen Abdeckung der Grundlasten helfen. Ziel der detaillierten Betrachtung ist herauszufinden, inwiefern verbleibende Abwärme sinnvoll zur Installation eines zusätzlichen KWKK-Systems genutzt werden kann. Dabei sind gleich mehrere Reserveplätze für Adsorptionskältemaschinen vorgesehen, sollte der Bedarf an Kühlung weiter steigen.

Technische Daten

Kühlsystem: 7 InvenSor-Adsorptionskältemaschinen „LTC“ mit 10 kW Nennleistung

Antriebswärme: BHKW mit 115 kW thermischer und 70 kW elektrischer Leistung

Kühlanwendung: Industrieanlage, Produktion von Präzisionsteilen in Dreh- und Frästechnik

Installiert: seit Juli 2014

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