Propan als Kältemittel – Was kann es leisten und wo sind die Grenzen?

Pro & Contra für den Einsatz in der Kälte-, Klima- und Wärmepumpentechnik

Gesetzliche Regelungen sowie höhere Anforderungen an die Energieeffizienz und Klimaverträglichkeit der Kälte-, Klima- und Wärmepumpentechnik haben dazu geführt, dass sich der Markt seit einigen Jahren hin zu Kältemitteln mit möglichst niedrigem Treibhauspotenzial entwickelt. Die F-Gase-Verordnung schreibt eine schrittweise Beschränkung der am Markt verfügbaren Mengen an HFKW vor und beschleunigt damit eine Umstellung auf Kältemittel mit niedrigem GWP. Vor diesem Hintergrund wird vielfach R290 (Propan) mit einem GWP von 3 als die Lösung für Wärmepumpen und Klimaanlagen aufgeführt. Doch welche Chancen, Grenzen und Einsatzmöglichkeiten hat das Kältemittel Propan?

Wer nur auf den GWP eines Kältemittels schaut, lässt die weiteren Aspekte, die bei der Auswahl des optimalen Kältemittels für die gewählte Anwendung ebenfalls zu berücksichtigen sind, außer Acht. Denn gerade der Sicherheitsaspekt beschränkt die Einsatzmöglichkeiten für das Kältemittel Propan. Bei der Auswahl eines Kältemittels wägt Daikin deshalb in jeder konkreten Anwendungssituation zwischen den Schlüsselkriterien Umweltauswirkung, Energieeffizienz, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit, die Auswirkungen auf die Verfügbarkeit des Gesamtsystems haben, ab. Diesen Kriterien muss sich Propan auch bei allen Herstellern und bei allen Anwendungen stellen, bei denen es zum Einsatz kommen soll. Aus diesem Grund ist Propan kein Allrounder für alle Kälte-, Klimatisierungs- und Wärmepumpenanwendungen.

Die Daikin-Gruppe kann mit zwei ihrer Tochterunternehmen bereits umfassende Erfahrungen mit Propan als Kältemittel vorweisen. Zum einen das österreichische Unternehmen AHT Cooling Systems GmbH, das Kühl- und Tiefkühlsysteme für Handel und Industrie anbietet und bislang weltweit der einzige Hersteller ist, der Kühlmöbel mit Propan als Kältemittel in Serie fertigt. Zum anderen die italienische Tochter Zanotti, die Monoblock-Kälteanlagen mit hermetisch geschlossenem Kältemittelkreislauf für Kühlräume auch auf Basis von Propan anbietet. Im Bereich der Kälteanlagen und Kühlmöbel ist Propan neben CO2 ein bewährtes Kältemittel, das in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Doch für den Bereich der Raumklimatisierung mit Split-Klimaanlagen und Wärmepumpen stehen den offensichtlichen Vorteilen von Propan als Kältemittel einige deutliche Nachteile gegenüber. Diese betreffen vor allem den Sicherheitsaspekt, gerade beim Einsatz in geschlossenen Räumen.

Split-Klimaanlagen mit einer Leistung von bis zu 5 kW dominieren heute den Markt für Raumklimaanlagen weltweit. Die meisten konventionellen Split-Klimaanlagen arbeiten mit synthetischen HFKW-Kältemitteln wie R410A (GWP 2088). Bereits um zwei Drittel klimafreundlicher ist das Kältemittel R32 (GWP 675). Daikin nimmt hier eine Vorreiterrolle ein, denn es hat seine Split-Klimaanlagen und Wärmepumpen bereits fast vollständig von R410A auf das klimafreundlichere R32 umgestellt. Um den Umstieg zu ermöglichen, hat Daikin entsprechende Anwendungspatente freigegeben. Weltweit wird die Nachfrage nach solchen kleineren Klimaanlagen zur Raumklimatisierung weiter stark anwachsen. Daher ist es umso wichtiger, zukünftig Kältemittel mit einem niedrigen GWP sowie natürliche Kältemittel einzusetzen und die Technologien dahingehend weiter zu entwickeln.

 

Niedrig-GWP Kältemittel im Fokus

Die zentrale Anforderung an Kältemittel ist, dass sie selbst bei niedrigen Temperaturen ihren Aggregatzustand schnell ändern müssen (von flüssig zu gasförmig und wieder zurück), um Kälte oder Wärme bei kleinen Füllmengen transportieren zu können. In den 1980er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden noch chlorierte Kohlenwasserstoffe (FCKW, HFCKW) eingesetzt. Diese sind mittlerweile verboten, weil sie für den Ozonabbau in der Erdatmosphäre verantwortlich waren. Sie wurden durch fluorierte, bzw. teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW, HFKW) ohne Ozonabbaupotenzial ersetzt. Doch diese haben teilweise ein höheres Treibhauspotenzial (GWP). Deshalb geht der Trend in der Kälte-, Klima- und Wärmpumpenbranche momentan zu synthetischen Kältemitteln mit möglichst niedrigem Treibhauspotenzial (z.B. R32) bzw. zu Kohlenwasserstoffen (HC) wie Propan oder Kohlendioxid (CO2).

F-Gase-Verordnung und das Kigali-Abkommen zwingen zum Umstieg

Die F-Gase-Verordnung der Europäischen Union Nr. 517/2014 reduziert im so genannten Phase-down schrittweise die in Verkehr gebrachten CO2-äquivalenten Mengen von teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffen (HFKW) in der EU, wohingegen das Kigali-Abkommen die Reduktion der weltweiten Produktion im Fokus hat. Beide Instrumente führen zu einer Umstellung auf Kältemittel mit niedrigem GWP bis zum Jahr 2030. Zum Maßnahmenpaket der F-Gase-Verordnung gehört neben dem beschriebenen Phase-down auch eine Verwendungsbeschränkung von Kältemitteln in bestimmten Anwendungen. Dazu gehört beispielsweise, dass der Einsatz von Kältemitteln mit einem GWP > 750 in Single-Split-Anlagen mit einem Füllmengengewicht von weniger als 3 kg ab 2025 untersagt ist. Um hier mit dem Kältemittel R32 eine Alternative für R410A bei dieser Anwendung zur Verfügung zu haben, waren im Vorfeld verschiedene Schritte notwendig. Denn anders als das nicht brennbare R410A ist R32 ein schwer entflammbares Gas und wird somit einer anderen Sicherheitsklasse mit höheren Sicherheitsanforderungen zugeordnet. Zuerst war es notwendig, eine neue Sicherheitsklasse 2L für schwer entflammbare Kältemittel zwischen der Klasse 1 (nicht brennbar) und 2 (entflammbar) einzuführen. Danach mussten die Sicherheitsnormen auf die neue Kältemittelklasse angepasst werden, damit sichere Geräte entwickelt und hergestellt werden konnten. Letztlich war es nötig, zusätzliche Sicherheitsanforderungen an die Mindestgröße des Raumes und an die Installation für diese Geräte zu stellen. Diese Schritte wurden alle erfolgreich umgesetzt, so dass frühzeitig vor dem Verwendungsverbot eine Umstellung stattgefunden hat.

 

Positive Aspekte von Propan:
Klimafreundliche Alternative

Als klimafreundlichere Alternative bietet sich das Kältemittel Propan an. Es gehört zu den Kohlenwasserstoffen und hat in der Kältetechnik die Bezeichnung R290. Der größte Vorteil von Propan gegenüber den HFKW-Kältemitteln ist das sehr geringe Treibhauspotenzial mit einem GWP von 3. Aufgrund seiner hervorragenden thermodynamischen Eigenschaften bietet es auch ein hohes Energieeffizienzpotenzial. Zudem arbeitet Propan mit niedrigen Drucklagen unter 28 bar, weist niedrige Verdichtungsendtemperaturen auf und behält auch bei hohen Außentemperaturen seine Leistungsfähigkeit. Zudem ist Propan mit vielen Ölen mischbar. In Branchen mit hohen Sicherheitsstandards wird Propan aufgrund seiner hervorragenden Eigenschaften seit Jahren als Kältemittel in industriellen Kälteanlagen eingesetzt. In den letzten Jahren hat Propan auch verstärkt im Lebensmitteleinzelhandel Einzug gehalten. Entweder in steckerfertigen Geräten mit Füllmengen unter 150 g oder in Anwendungen mit einem Sekundärkreis, dem sogenannten Kühlsolekreis. Im Klimatisierungsbereich kommen außen aufgestellte Kaltwassersätze mit Propan in größeren Leistungsklassen und Füllmengen zum Einsatz. Ebenfalls mit dem Prinzip des Sekundärkreises arbeiten Wärmepumpen, weshalb auch in diesem Bereich die Anzahl der Geräte und der Hersteller in den letzten Jahren gestiegen ist.

 

Herausforderungen und Einschränkungen von Propan: Brennbarkeit und Produktsicherheit

Doch Propan ist als Kohlenwasserstoff sehr leicht entflammbar. Damit Propan bei Gasgrills oder Campingkochern sicher eingesetzt werden kann, erhält es eine Odorierung. So kann es von der menschlichen Nase wahrgenommen werden. Im Falle einer Undichtigkeit wird hiermit sichergestellt, dass unverzüglich für eine gute Durchlüftung gesorgt werden kann. Dem Kältemittel R290 wird ein solcher Duftstoff nicht beigesetzt, so dass hier andere Sicherheitsmaßnahmen seitens des Herstellers ergriffen werden müssen. Sicherheitsnormen legen deshalb Füllmengen und Anforderungen an die Aufstellbereiche und Befugnisse für Zugangsbereiche fest. Obwohl diese Anforderungen bei allen Kältemitteln zu berücksichtigen sind, sind sie aufgrund der sehr leichten Entflammbarkeit und der sehr niedrigen unteren Zündgrenze (Lower Flammability Level) von Propan deutlich restriktiver. All dies zusammengenommen führt zu Einschränkungen für zahlreiche Einsatzbereiche von Klimatisierungs- und Wärmepumpenanlagen mit Propan. Bei Wärmepumpen z.B. ist man in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen hauptsächlich auf Luft-Wasser-Wärmepumpen zur Außenaufstellung beschränkt.

Hinzu kommt, dass bei Wartungsarbeiten am Kältekreislauf enorme Sorgfalt von Nöten ist. Gerade die hohe Löslichkeit von Propan im Verdichteröl stellt eine große Gefahr dar. Wird das im Öl gelöste Propan nicht vollständig abgesaugt, kann sehr schnell ein explosives Gemisch entstehen. Die Einschränkungen für zahlreiche Einsatzbereiche von Klimatisierungsanlagen durch erhöhte Sicherheitsanforderungen machen Systeme mit Propan als Kältemittel zum jetzigen Zeitpunkt weniger flexibel in der Anwendung und Installation und damit unrentabel im Betrieb.

 

Die Energiewende im Gebäudesektor braucht vielfältige Lösungen!

Mit ihrem Klimaschutzprogramm will die Bundesregierung die CO2-Emissionen in Deutschland bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 % reduzieren und bis 2050 sogar klimaneutral werden. Um diese Ziele zu erreichen, müssen vor allem die CO2-Emissionen und der Energieverbrauch von Gebäuden maßgeblich gesenkt werden. Dafür hat die Bundesregierung mit dem Klimaschutzgesetz aus 2019 jahresgenaue CO2- Ziele auch für den Gebäudesektor festgelegt. Nun zeigen die aktuellen Emissionsdaten des Umweltbundesamtes (UBA) für 2020 den Handlungsbedarf im Gebäudesektor auf: Deutschland erreicht zwar insgesamt sein Klimaziel 2020, doch der Gebäudesektor verfehlt in diesem Berichtsjahr als einziger Sektor die Ziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) um zwei Millionen Tonnen Treibhausgase. Es besteht hier also ein akuter Handlungsbedarf. Die Wärmeversorgung der Gebäude muss unverzüglich auf erneuerbare Quellen umgestellt werden. Dabei nimmt die Wärmepumpe eine Schlüsselrolle ein. Aus diesem Grund ist es auch unerlässlich, dass diese Technologie die Flexibilität behält, die sie mit der aktuell verfügbaren Vielfalt an Kältemitteln und Leistungen bietet. Einschränkungen im Einsatz, die sich durch die Festlegung auf „natürliche“ Kältemittel ergeben, sind zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor kontraproduktiv.

 

Der Anwendungsfall bestimmt bei Daikin die Kältemittelwahl

Daikin vertritt seit Jahren die Strategie, dass es für jeden Anwendungsfall das geeignete Kältemittel gibt. Dabei ist die Klimaverträglichkeit nur ein Aspekt von mehreren. Denn abhängig vom Anlagentyp – Kälteanlage, Klimagerät, Kaltwassersatz, Wärmepumpe etc. – sind unterschiedliche Kältemitteleigenschaften gefragt. Für die Effizienz der Anlage sind das richtige Zusammenspiel zwischen Kältemittel und Systemdesign sowie die gesamte Klima- bzw. Wärmepumpenleistung im Lebenszyklus der Produkte entscheidend. Bei der Auswahl des geeigneten Kältemittels spielen auch die Investitions-, Installations- sowie Betriebskosten der jeweiligen Anlagen eine wichtige Rolle. Daher setzt Daikin auf unterschiedliche Kältemittel und wählt jeweils das passende Kältemittel aus, das die Aspekte Sicherheit, Klimaverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz im jeweiligen Anwendungsbereich am besten erfüllt. So wird bei der Kälteerzeugung sowie für die Klimatisierung und Wärmeversorgung von Einzelhandelsflächen und Supermärkten bereits heute vielfach auf Propan als Kältemittel zurückgegriffen. Die „ECO“-Kälte-Technologie mit Propan von AHT arbeitet hier sehr effektiv und erlaubt geringe Kältemittel-Füllmengen in hermetischen Kreisläufen.

 

Daikin als Vorreiter in Sachen Dekarbonisierung

Daikin bekennt sich seit Jahren zu einem ambitionierten Klimaschutz auf nationaler und internationaler Ebene und im Sinne der Ziele des Weltklimaabkommens. Gemeinsam mit 54 Mitzeichnern fordert Daikin verlässliche und klare politische Rahmenbedingungen als Grundlage für eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf deutlich unter zwei Grad und die Dekarbonisierung der Wirtschaft. Als Branchen-Erster hat Daikin einen Wertstoffkreislauf ( „L∞P by Daikin“) entwickelt, in dem aufbereitete Kältemittel in verschiedenen Produkten für gewerbliche Anwendungen wiedergenutzt werden. Der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft für Kältemittel ist Teil der umfassenden Strategie zur Minimierung von Umwelteinflüssen über den gesamten Lebenszyklus der Daikin-Produkte hinweg.

 

Fazit: Propan ist ein Teil der Lösung,
aber nicht der Königsweg

Die F-Gase-Verordnung erfordert in den kommenden Jahren eine drastische Reduktion der Menge an CO2-Äquivalenten im Kältemittelmarkt. Ein möglichst frühzeitiger Wechsel auf Systeme mit alternativen, klimaschonenden Kältemitteln ist deshalb unerlässlich.

Propan als Kältemittel ist ein Element, um die Herausforderungen der Energiewende im Gebäudesektor zu meistern. Es hat aufgrund seines niedrigen GWP sehr gute Voraussetzungen, einen erheblichen Beitrag zu leisten. Wir sehen die Vorteile von Propan als Kältemittel für den Klimaschutz, sehen aber auch die Nachteile. Propan allein liefert nicht das Patentrezept, um alle Versorgungsaufgaben beim Heizen und Kühlen von Gebäuden zu übernehmen. Aus diesem Grund ist es wichtig, immer alle Aspekte eines Kältemittels zu berücksichtigen und diese gegeneinander abzuwägen, um zu einer optimalen Lösung zu gelangen.

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