Propan-Split-Klimaanlagen

Erstes R290-Modell im deutsch-europäischen Markt

Zunehmendes Vertrauen der Händler und Installateure sowie hohes Umweltbewusstsein der Konsumenten bedeuten günstige Voraussetzungen für das natürliche Kältemittel Propan in Split-Klimaanlagen. Philipp Munzinger und Julia Schabel von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH geben einen Einblick in die jüngsten Marktentwicklungen.

Split-Klimaanlagen mit einer Leistung von bis zu 5kW verantworten den größten Anteil an Treibhausgasemissionen (THG) aus dem Kälte- und Klimatisierungssektor. Waren es im Jahr 2018 global noch etwa 80 Million verkaufte Geräte, ist im Jahr 2026 bereits mit etwa 115 Millionen verkauften Anlagen zu rechnen. [1] Auch von der COVID-19 Pandemie zeigt sich das Marktwachstum des weltweit am meistgenutzten Klimaanlagentyps weitestgehend unbeeindruckt. In weiten Teilen des globalen Marktes sind Split-Klimaanlagen von nur mäßiger Energieeffizienz gekennzeichnet und werden mit Kohlestrom betrieben. Darüber hinaus werden fast ausschließlich klimaschädliche HFCKW (R22) bzw. HFKW (R410A und R32) Kältemittel verwendet. Ohne eine zeitnahe Wende hin zu effizienteren Anlagen, CO2-armer Stromversorgung und klimafreundlichen Kältemitteln wird das Split-Klimaanlagensegment weiterhin eine signifikante Klimawirkung haben.

Längst werden Split-Anlagen nicht mehr nur in Ländern mit konstant hohen Umgebungstemperaturen in ariden und tropischen Regionen in riesigen Mengen verkauft und installiert, auch hierzulande dominieren Split-Klimageräte den Markt unter den direktverdampfenden Anlagen. Allein in Deutschland waren über 70% der 157.000 verkauften Raumklimaanlagen Split-Geräte. [1]

In Europa ist momentan R410A das Kältemittel, das in den meisten Klimaanlagen verwendet wird. Jedoch ist R32 auf dem besten Wege, das dominierende Kältemittel im europäischen Verkauf und Anlagenbestand zu werden. Trotz der zunehmenden Regelung durch die 2016 in Kigali vereinbarte Erweiterung des Montrealer Protokolls und der EU F-Gas-Verordnung wird R32 in weiten Teilen der Kältemitteindustrie als mittel- bis langfristige Zwischenlösung im Rahmen des HFKW-Reduktionspfads verteidigt. Aufgrund der extrem hohen Klimawir­kungen in den nächsten 20 Jahre (R410A hat ein Treibhauspotenzial von 4.400; R32 von 2.530 [2]) besteht bei den HFCKW-Ersatzstoffen jedoch besonders dringlicher Bedarf nach klimafreundlichen Alternativen.

Energieeffiziente Split-Klimaanlagen mit dem natürlichen Kältemittel Propan (R290, GWP = 1) werden bereits seit 2013 in China und Indien produziert und vertrieben. Trotz guter Konsumentenresonanz laut der Hersteller schafften die „grünen“ Klimaanlagen jedoch bis dato nicht den nationalen sowie internationalen Durchbruch. In einem Artikel von GIZ Proklima in der KKA-Ausgabe 05/2020 wurden die nötigen Vorrausetzungen und begünstigte Faktoren für die breite Markteinführung bereits näher beleuchtet. [3] Mit dem Fazit des Artikels einhergehend kam die Europäische Kommission in einer im September 2020 veröffentlichten Studie [4] zu dem Schluss, dass Propan in Split-Klimaanlagen bis 7kW als technisch valide Alternative zu HFKW-betriebenen Split-Klimaanlagen einzustufen ist. Ein zügig wachsender Marktanteil von R290-Split-Klimaanlagen wäre im Rahmen der Umsetzung der EU F-Gas-Verordnung und dessen Einfluss auf die Politikgestaltung anderer Länder zu begrüßen.

Auch Midea schätzt das Potential von R290-Split Klimageräten positiv ein. In der Vergangenheit setzte der chinesische Produzent hauptsächlich auf portable Propan-Klimaanlagen und konnte bisher rund 1 Millionen der Geräte verkaufen. Klimafreundliche Split-Klimageräte fanden sich nicht im Angebot – doch das scheint sich nun zu ändern.

Im Herbst 2021 erreichten 220 Propan-Split-Klimageräte das Lager in Philippsburg, weitere Lieferungen sollen Anfang 2022 folgen: „Durch das mit dem Umweltzeichen „Blauen Engel“ zertifizierte R290-Split-Modell (3,5kW) bieten wir nun eine umfassende Produktpalette an. Der Listenpreis der Geräte liegt bei etwa 1.500 Euro, was sehr wettbewerbsfähig ist“, erklärt Mick Xiaowei Ma, Geschäftsführer bei der Midea Europe GmbH. „Wir wollen dieses klimafreundliche Modell explizit fördern und reduzieren daher bewusst unsere Margen, um es zu einem erschwinglichen Preis für Konsumenten anbieten zu können.“

Das Produkt scheint in der Tat gut im Markt positioniert, wie die von GIZ Proklima durchgeführte Marktanalyse bestätigt. Preise und Energieeffizienz von 52 im deutschen Einzelhandel (Online) erhältlichen 3,5kW Split-Klimaanlagen mit stufenloser und automatischer Anpassung der Drehzahl des Verdichters (Inverter) und Wärmepumpenfunktion wurden mit dem Midea R290-Modell (SEER von 8,5 A+++ im Kühlmodus, SCOP von 4.6 A++ im Heizmodus) verglichen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der klimafreundliche Neuling rangiert hinsichtlich Leistungszahl im Premiumsegment und gehört darin zu den preiswertesten Modellen. Im Gegensatz zu den HFKW-basierten Modellen desselben Segments ist das GWP von 1 im Fall von R290 vernachlässigbar, damit ist das Midea-Modell Spitzenreiter in Sachen Klimafreundlichkeit.

Die erste Lieferung von Propan Split-Klimageräte waren bereits nach wenigen Tagen an verschiedene B2B-Kunden verkauft. Weitere Geräte werden für Anfang 2022 erwartet – perspektivisch möchte Midea auch Modelle mit einer höheren Kälteleistung (5 und 7kW) in den Markt bringen. „Derzeit konzentrieren wir uns darauf, ein komplettes Sortiment an R290-Split-Klimageräten in den nächsten 2 Jahren anbieten zu können. Midea produziert in China etwa 40 Millionen Split-Klimaanlagen pro Jahr, vorrangig mit den Kältemitteln R410A und R32. Mit der weiteren Marktentwicklung von R290 werden wir durch Skaleneffekte sicherlich eine gute Preis-Leistung im nationalen und internationalen Markt anbieten können“, argumentiert Ma. Doch nicht nur die Geräte sind preislich attraktiv. Auch Propan sei preiswerter als konventionelle, synthetische Kältemittel in der Anschaffung. Zudem schädige es die Ozonschicht nicht und habe ein vergleichsweise vernachlässigbares Treibhauspotential.

Mick Ma sieht in der Umweltfreundlichkeit der Geräte eines der größten Verkaufsargumente: „Besonders in Deutschland sind die Verbraucher sehr daran interessiert, umweltfreundliche Produkte zu kaufen. Und ein energieeffizientes Modell mit R290 ist im Moment die klimafreundlichste Option im Split-AC Markt.“ Das Umweltzeichen „Blauer Engel“ sei bei der Vermarktung sehr hilfreich, da viele Endverbraucher kaum Wissen zu Kältemitteln besäßen. Midea selbst spreche Endverbraucher nur indirekt an, indem es mehr Bewusstsein bei Vertriebspartnern schaffe: „Wenn die Großhändler von den Modellen überzeugt sind, werden sich auch die Verbraucher davon beeinflussen lassen.“

Zu Zurückhaltung bei den Großhändlern führt in vielen Fällen noch die Flammbarkeit von Propan. Techniker:innen benötigen Fortbildungen zum sicheren Umgang bei der Installation und Wartung der Geräte, aber auch was den richtigen Transport des Gases angeht. Aus diesem Grund bietet Midea eigene Technikerschulungen an und schickt Experten zu Abnehmern, um vor Ort Trainings durchzuführen. Diese Trainings werden zum Teil gemeinsam mit der „Bundesfachschule Kälte Klimatechnik“ (BFS) in Maintal durchgeführt. Bereits Ende 2018 wurde in Zusammenarbeit mit GIZ Proklima ein Midea R290-Demogerät zu Schulungszwecken an die BFS geliefert.

In Deutschland werden bereits an sämtlichen Schulen der Innungen Lehrgänge und Seminare zum Thema natürliche Kältemittel (insbesondere auch zu Propan als Kältemittel) angeboten. Sowohl in den Ausbildungsplänen der Mechatroniker für Kältetechnik als auch in der Meisterausbildung ist der Umgang mit A2L- und A3-Kältemitteln ein fester Bestandteil geworden.

Wer sind die Abnehmer?

Einer der aktuell größten Abnehmer des neuen R290-Modells ist ABK-Qviller AS, Norwegens größter Händler für Wärmepumpen, Wärmeabsorption, Klimaanlagen und Luftbefeuchtung. Bei einer jährlichen Durchschnittstemperatur von 5.7°C in Oslo erwartet man zunächst keine großen Entwicklungen im Markt für Raumklimaanlagen. Das R290-Modell verfügt aber sowohl über einen Heiz- sowie einen Kühlmodus. „Das ist besonders wichtig für unsere nordeuropäischen Kunden“, erklärt Mick Ma. „Wir erwarten deshalb, dass das Marktwachstum für die R290-Split-Modelle auch in den Wintermonaten stabil bleiben dürfte.“

ABK-Qviller AS hat insgesamt 50 Propan Split-Raumklimaanlagen bestellt. „In Norwegen fordern staatliche Ausschreibungen immer natürliche Kältemittel, für Minisplits gab es bislang noch keine Produkte auf dem Markt“, erklärt der Geschäftsführer Daniel Mark Kristensen. „Der Kauf der 50 Geräte von Midea war eine Möglichkeit, als Erster auf dem Markt zu sein und unsere Position zu stärken.“ Besonders die hohe Energieeffizienz der Geräte sei ausschlaggebend in Norwegen. Das norwegische Elektrizitätskonzept basiert stark auf Wasserkraft (98%). Dadurch herrscht die allgemeine Annahme vor, dass der Energieverbrauch aus Umweltgründen nicht reduziert werden müsse – aus Kostengründen jedoch schon. Ein weiterer finanzieller Aspekt, der für natürliche Kältemittel wie Propan spricht, ist eine hohe Steuer auf FKW-Kältemittel in Norwegen.

Trotzdem ist Kristensen noch zurückhaltend, was sein endgültiges Urteil über die Geräte angeht: „Es gibt einen riesigen Markt für diese Art von Produkten. Wir sind uns jedoch über die Zuverlässigkeit des Heizmodus bei sehr niedrigen Außentemperaturen noch unsicher. Ich vermute, dass wir die Geräte eher zur Klimatisierung in den Sommermonaten verwenden werden.“ Momentan testet ABK-Qviller AS die Produkte noch und führt eine Risikobewertung durch. „Im Allgemeinen haben wir aber keine Angst davor.“

Auch in anderen Teilen Europas steigt das Interesse an klimafreundlichen HFKW-Alternativen in Split-Klimaanlagen. Die Colruyt-Gruppe ist einer der größten Einzelhändler in Belgien mit rund 30.000 Mitarbeitern und über 500 Filialen. Seit 2014 verwendet die Supermarktkette in allen neuen Filialen 100% natürliche Kältemittel, um ihre Nachhaltigkeitsstrategie glaubwürdig zu verfolgen. Collin Bootsveld ist der leitende Projektingenieur, der für die Umstellung der Kälteanlagen verantwortlich ist. Für ihn seien natürliche Kältemittel die einzige realistische langfristige Lösung: „Wir verfügen über 160 gewerbliche Kühlanlagen, die Propan als Kältemittel verwenden, sowie über drei industrielle Kältemaschinen mit einer Kühlleistung von jeweils 240kW. Wir verwenden R290 auch in kleinen luftgekühlten Kältemaschinen von 7-11kW. Außerdem haben wir R290-Wärmepumpen.“

In allen installierten Anlagen, sagt er, könne Propan seinen Zweck genauso gut oder sogar besser erfüllen als seine synthetischen Gegenstücke. Er ist überzeugt, dass R290 in Split-Klimageräten aufgrund ihrer hohen Energieeffizienz und ihrer mittel- bis langfristigen Kostenvorteile die vorherrschende Technologie zum Kühlen und Heizen in kleinen Büros und Wohnungen sein wird: „Unserer Erfahrung nach kann Propan sicher verwendet werden, wenn man die richtigen Vorsichtsmaßnahmen trifft.“

Die Colruyt Gruppe führt derzeit Tests mit drei unterschiedlichen R290-Modellen verschiedener Anbieter durch, eines der Geräte ist von Midea. „Wir werden die physische Haltbarkeit, die Kommunikationsmöglichkeiten, den Geräuschpegel und andere Parameter bewerten,“ erklärt Bootsveld. Eingesetzt werden sollen die Geräte für die Kühlung von IT-Räumen. Die Nachfrage sei auf jeden Fall da: „Meine Freunde, Kollegen und unser Management verstehen die Logik und die Vorteile“.

Quellen:

[1] JRAIA (2019). World Air Conditioner Demand by Region (2021). Verfügbar unter: www.jraia.or.jp/english/World_AC_Demand.pdf, (kurz: //t1p.de/713h:https://t1p.de/713h)

[2] ATMOsphere (2021). Real GWP: 20 years vs.100 years. Verfügbar unter://r744.com/wp-content/uploads/sites/3/2021/06/ATMO_future_green_V.1.1_final.pdf:https://r744.com/wp-content/uploads/sites/3/2021/06/ATMO_future_green_V.1.1_final.pdf, (kurz: //t1p.de/0wnr:https://t1p.de/0wnr)

[3] Kälte Klima Aktuell (2020). PropanSplit-Klimaanlagen. Was steht einer Markteinführung in Deutschland im Weg? Verfügbar unter:www.kka-online.info/artikel/kka_Propan-Split-Klimaanlagen_3574234.html, (kurz: //t1p.de/vasd:https://t1p.de/vasd)

[4] Europäische Kommission (2020). The availability of refrigerants for new split air conditioning systems that can replace fluorinated greenhouse gases or result in a lower climate impact. Verfügbar unter: //t1p.de/di58v:https://t1p.de/di58v

Info

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) berät innerhalb des Projektclusters „Proklima“ (www.giz.de/proklima) Entwicklungs- und Schwellenländer in der Entwicklung und Umsetzung von Klimaschutzstrategien für die Sektoren Kälte, Klimatisierung und Schaum.
www.giz.de
www.green-cooling-initiative.org

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