Natürliche Kältemittel

Auswirkungen auf Aus- und Weiterbildung?

Schutz der Ozonschicht, Reduktion der Treibhausgase und F-Gas-Phase-Down – durch die aktuellen umweltpolitischen Rahmenbedingungen steigt die Nachfrage nach klimafreundlichen Lösungen für die Kältetechnik. Die Planung, die Installation und der Betrieb von Anlagen mit natürlichen Kältemitteln erfordern jedoch ein spezielles rechtliches und sicherheitstechnisches Fachwissen. Dr. Ralf Catanescu, Schulleiter der Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik Maintal (BFS), und Prof. Dr. Alexander Krimmel, Akademieleiter an der Europäischen Studienakademie (ESaK) in Maintal, erläutern, wie sich die veränderte Marktsituation auf das Aus- und Weiterbildungsangebot auswirkt.

KKA: Wie ist Ihre Einschätzung: Gibt es einen steigenden Bedarf an Ausbildungsangeboten im Bereich der natürlichen Kältemittel?
Prof. Alexander Krimmel: Auf jeden Fall. Durch die jüngsten umweltpolitischen Entwicklungen, wie die europäische F-Gas-Verordnung oder das Kigali-Abkommen, ist im Markt eine lebhafte Diskussion über den Einsatz unterschiedlicher Kältemittel entbrannt. Obwohl diese Entwicklung bereits seit einigen Jahren absehbar war, ist aktuell eine große Unsicherheit zu spüren. Gerade aus dem Handwerk gibt es eine Vielzahl von Anfragen bezüglich der Umstellung von Bestandskälteanlagen und der Zukunftsfähigkeit von neu zu erstellenden Anlagen. Ein weiteres Zeichen für das hohe Interesse an den natürlichen Kältemitteln sind die Themen, die die Unternehmen im Rahmen des dualen Studiums für die Studien- und Bachelor-Arbeiten vergeben – mittlerweile dreht sich etwa jede vierte Arbeit (20 bis 25 %) um natürliche Kältemittel.

Dr. Ralf Catanescu: Das Interesse für dieses Thema ist bei den Teilnehmern an unseren Schulungsangeboten in der Regel sehr groß. Schließlich werden entsprechende Kenntnisse aufgrund der steigenden Praxisrelevanz zukünftig zum Basiswissen zählen. Natürlich existiert im Markt bereits ein grundlegendes Informationsniveau. Unsere Ausbildung ist grundsätzlich so breit angelegt, dass die Absolventen mit allen gängigen Kältemittelalternativen vertraut sind und die Entwicklung in den Fachbetrieben der Kälte- und Klimatechnik weiterführen können. Dennoch besteht aktuell eine hohe Nachfrage nach speziellen Seminar- und Ausbildungsangeboten.

KKA: Status quo – welche Qualifikationsangebote gibt es zu natürliche Kältemitteln?
Prof. Alexander Krimmel: Die Europäische Studienakademie (ESaK) in Maintal ist die einzige Berufsakademie speziell auf dem Gebiet der Kälte- und Klimatechnik im deutschsprachigen Raum. Ein spezielles Modul über „Natürliche Kältemittel“ existiert derzeit noch nicht. Aber bereits seit 2014 gibt es eine jährliche Veranstaltung „eurammon-Tag“ über die Gefahren und den sicheren Umgang mit natürlichen Kältemitteln. Hier informieren Mitglieder der Initiative zur Verwendung von natürlichen Kältemitteln die Zuhörer aus erster Hand praxisnah über die aktuelle technische Entwicklung von Konzepten, Komponenten und Anlagen, die mit natürlichen Kältemitteln betrieben werden. Aufgrund der hohen Resonanz und Nachfrage wurde die anfänglich eintägige Veranstaltung mittlerweile auf zwei Tage ausgeweitet.

Dr. Ralf Catanescu: Die Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik hat seit 1994 Seminare zum Thema „R290 (Propan) in Kälteanlagen“ ins Seminarprogramm aufgenommen. Aktuell bieten wir zudem zahlreiche weitere Seminare und Sonderschulungen an, z.B. zu den Themen CO2 und NH3.

KKA: Was bedeuten die veränderten Rahmenbedingungen für die Aus- und Weiterbildungsangebote – welchen Handlungsbedarf sehen Sie?
Dr. Ralf Catanescu: Grundsätzlich muss jeder Unterricht kontinuierlich an die neuesten politischen und rechtlichen Vorgaben sowie neue technische Entwicklungen angepasst werden. Die derzeitigen Änderungen rund um die F-Gas-Verordnung bringen allerdings Veränderungen, die deutlich über das gewohnte Maß hinausgehen, so dass sie sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht zusätzliche Komplexität erzeugen. Hier besteht Handlungsbedarf.

Prof. Alexander Krimmel: Die neuen Verordnungen und Normen stellen in der Tat eine Herausforderung für die Ausbildung und Lehre dar. Sie sind zentrale Punkte sowohl bei der Planung und Auslegung von neuen Anlagen als auch bei der Wartung und/oder Umstellung von Bestandskälteanlagen. Eine denkbare und sinnvolle Lösung wäre die Einführung eines eigenständigen Moduls über natürliche Kältemittel. Eine derartige Änderung des Curriculums wäre aber nach Ablauf der aktuellen Akkreditierung im September 2021 im Rahmen einer Reakkreditierung möglich.

KKA: Vorbild oder Nachzügler – wie ist die Ausbildung zu natürlichen Kältemitteln in Deutschland im internationalen Vergleich zu beurteilen?
Dr. Ralf Catanescu: Aufgrund des grundsätzlich hohen Standards der Ausbildungssysteme in Deutschland sind wir im Vergleich mit anderen Ländern auch hier sehr gut aufgestellt. Das zeigt auch die Nachfrage aus dem angrenzenden Ausland an unseren Bildungsangeboten.

Prof. Alexander Krimmel: Verschiedene internationale Programme, z.B. der UNO (UNEP, UNIDO), versuchen, aktuelle deutsche Ausbildungsstandards im Bereich der Kälte- und Klimatechnik über spezielle Schulungen zu fördern – und so die entsprechenden Qualifikationen und Standards im Ausland zu etablieren. Dazu zählen auch Länder mit großen Märkten wie China und Indien.

KKA: Vielen Dank für das angenehme Gespräch.

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