R-513A geeignet für TK-Anwendungen

Interview mit Partnern des Projekts „Hotel Königssee“
Das Kältemittel „Opteon XP10“ (R-513A) ist ein Low-GWP-Ersatzkältemittel für R-134a in gewerblichen Kälteanlagen. Das Einsatzgebiet beschränkte sich bislang auf den Normalkältebereich (NK). Doch es eignet sich auch als R-404A-Alternative in Tiefkühlanwendungen (TK), wie bei dem Projekt „Hotel Königssee“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt werden konnte. Die KKA führte hierzu im Juli 2018 ein Interview mit den Projektbeteiligten Joachim Gerstel (Chemours, Kältemittelhersteller), Robert Baust (Schiessl, Großhandel), Toni Kaunzner (Chiemsee-Kälte, Kälteanlagenbauer) und Josef Grösswang (Hotel Königssee, Betreiber).

KKA: Herr Gerstel: Wie sind die chemischen und physikalischen Eigenschaften von R-513A im Vergleich zu R-134a?

Gerstel: „Opteon XP10“ (R-513A) ist ein azeotropes Gemisch aus HFO-1234yf und R-134a. Dieses Kältemittel besitzt sehr ähnliche Eigenschaften wie R-134a. R-513A zeichnet sich im Vergleich zu R-134a insbesondere durch den um 56 % reduzierten GWP, die Sicherheitsklasse A1 sowie die um 3 K niedrigere Siedetemperatur bei Normaldruck aus. Auf Grund seiner niedrigeren Siedetemperatur ist R-513A, ebenso wie HFO-1234yf, auch im TK-Bereich einsetzbar.

KKA: Herr Baust, wie kommt es, dass R-513A auch im Minus-Bereich eingesetzt werden kann, bei R-134a war das ja nicht der Fall?

Baust: In einem früheren Projekt haben wir R-134a sogar schon in der Tiefkühlung eingesetzt. Allerdings hat dies den Nachteil, dass, auch wenn nur -18 °C erreicht werden sollen, keine Leistungsreserven mehr vorhanden sind. Zudem werden die Verdichter sehr groß. Anders bei R-513A, dessen Verdampfungstemperatur bei 0 bar Überdruck um mehr als 3K niedriger ist als die von R-134a. Somit stehen genügend Leistungsreserven zur Verfügung. Und mit der von uns eingesetzten Unterkühlung der Flüssigkeit ist der Verdichter nicht größer als bei einer normalen R-404A-Anlage. Dasselbe gilt übrigens auch für die Durchmesser der Rohrleitungen.

KKA: Herr Gerstel, ist R-513A denn in ausreichender Menge verfügbar? Und wenn ja, über welche Vertriebskanäle ist es erhältlich?

Gerstel: Bereits 2012 und 2013 wurde „Opteon XP10“ (R-513A) bei verschiedenen Discountern in Deutschland und Österreich in Kaskaden mit CO2 erfolgreich getestet. Seit der Chillventa 2014 ist dieses Kältemittel in Europa kommerziell verfügbar. Nach „Opteon XP40“ (R-449A) und „XP44“ (R-452A) ist R-513A im stationären Bereich das meistverkaufte Kältemittel von Chemours in der EU. Chemours vertreibt alle Low-GWP-Kältemittel der „Opteon“-Familie über Handelspartner, z. B. Gashändler und Großhändler. Auf unserer Internetseite opteon.com/de unter dem Menüpunkt „Bezugsquellen“ sind alle Vertriebspartner aufgeführt.

KKA: Herr Baust, gibt es von den namhaften Komponentenherstellern die erforderlichen Freigaben für den Einsatz von R-513A?

Baust: Bei diesem Hotel-Projekt am Königssee haben wir halbhermetische Hubkolbenverdichter von Bitzer eingesetzt. Bitzer hat die Verdichter der aktuellen Serie bis -30 °C für R-513A freigegeben. Alle anderen Komponenten für den Kältekreis sind ebenfalls verfügbar und für den Einsatz mit R-513A geeignet.

KKA: Herr Baust, gibt es andere Low-GWP-Kältemittel, die in der Sicherheitsklasse A1 eingestuft wurden und auch für t0 bis -30 °C geeignet sind?

Baust: Um eine Kälteanlage betriebssicher zu betreiben, sollte sie nicht im Unterdruck (<0 bar) betrieben werden. Von den Low-GWP-Kältemitteln der Sicherheitsklasse A1 erreicht nur R-513A die erforderliche tiefe Verdampfungstemperatur von -30 °C bei 0 bar.

Die Alternativen R-448A und R-449A, die als Ersatz für R-404A entwickelt wurden, besitzen ein paar Nachteile gegenüber R-513A. So besitzen diese Substanzen einen Temperaturgleit und sie haben geringfügig höhere Druckgastemperaturen als R-404A. Zudem liegt ihr GWP bei 1400 und ist damit mehr als doppelt so hoch wie der von R-513A.

Daher bietet der Einsatz von R-513A ein ganzes Bündel von Vorteilen. Mit unserem Konzept können die Vorteile dieses Kältemittels auch in der Tiefkühlung genutzt werden.

KKA: Und in welchen Bereichen und für welche Anwendungen wurde R-513A bisher eingesetzt?

Baust: Bisher haben wir standardmäßig R-134a in der Normalkühlung eingesetzt. Als R-513A auf den Markt kam, haben wir sofort seine thermodynamischen Vorteile und Möglichkeiten erkannt. Bei diesem Projekt haben wir R-513A erstmals in beiden Temperaturbereichen eingesetzt.

KKA: Herr Kaunzner: Welche Erfahrung haben Sie mit R-513A in Ihren Anlagen, insbesondere in der TK-Anwendung, gemacht?

Kaunzner: Von der technischen Seite her sind wir sehr zufrieden. Die angeschlossenen TK-Zellen liegen offen zur Küche und besitzen weder eine gekühlte Vorzelle noch einen Streifenvorhang. Obwohl die TK-Räume sehr häufig begangen werden, bleibt die Temperatur nahezu konstant auf dem eingestellten Sollwert von -18 °C. Kurzzeitige Temperaturanstiege durch das Öffnen der Türe werden schnell wieder ausgeglichen.

Das zusätzlich benötigte Kältemittel zum Betrieb der TK-Kühlstellen ist lediglich das Volumen der separaten Flüssigkeitsleitung und des Unterkühlers. Aufgrund der Unterkühlung kann die Flüssigkeitsleitung auch noch sehr klein dimensioniert werden, was die Füllmenge reduziert.

Auf Grund seines im Vergleich zu R-448A/R-449A und R-404A deutlich geringeren GWP ist R-513A angesichts der in der F-Gase-Verordnung vorgesehenen schrittweisen Reduktion der CO2-Äquivalente eine nachhaltige Lösung: Eine mit R-513A betriebene Kälteanlage benötigt nur einen Bruchteil der von einer herkömmlichen Anlage verbrauchten CO2-Äquivalente (Füllmenge mal GWP).

KKA: Welche technischen Maßnahmen an der Anlage müssen ergriffen werden, um das Kältemittel in TK-Anwendungen einsetzen zu können? Gibt es Besonderheiten zu beachten?

Baust: Die größte Herausforderung war, dass die Anlage stets im Überdruck bleibt. Dazu waren zahlreiche Schritte erforderlich, die hier zu erläutern den Rahmen des Interviews sprengen würde. Ich verweise daher auf meinen Vortrag auf der DKV-Tagung im November sowie auf einen separaten Fachbeitrag, der auf diese Maßnahmen eingehen wird.

KKA: Welche Anforderungen stellen Sie als Betreiber an die Kälteanlage?

Größwang: Der Königssee ist eine der touristischen Top-Sehenswürdigkeiten in Deutschland. Das heißt, bei schönem Wetter müssen wir sehr hohe Gästezahlen in kurzer Zeit bewirten können. Für diesen Fall muss die Kälteanlage entsprechende Leistungsreserven für hohen Warenumsatz und häufige Begehung der Kühlzellen bereithalten. Ausfallsicherheit bei hohen Außentemperaturen sehen wir als selbstverständlich an – ist ja kein ICE. (schmunzelt)

Die neue Kälteanlage ist seit einigen Monaten in Betrieb und aktuell befinden wir uns mitten in der Hauptsaison. Bisher hatten wir keine Ausfälle und alle Kühlstellen waren stets auf Solltemperatur. Wir können sagen, dass die Kälteanlage unsere Erwartungen bisher absolut erfüllt.

Im Vorfeld hieß es, dass gerade der Tiefkühlteil der Anlage erheblich weniger Strom verbrauche als ein konventionelles TK-Aggregat. Wir haben zwar versäumt, den Stromverbrauch der Kälteanlage separat zu erfassen, jedoch ist unser Stromverbrauch insgesamt deutlich zurückgegangen, was uns natürlich sehr freut. Wir haben jetzt quasi eine grüne Kälteanlage, mit einem geringen Stromverbrauch und einem Kältemittel, das den niedrigst möglichen GWP unter den nicht brennbaren A1-Kältemitteln besitzt. Und das zu Investitionskosten, bei der keine Kälteanlage mit natürlichen Kältemitteln mithalten kann. Quasi eine Anlage, die zu unserer schönen Landschaft hier passt.

KKA: Meine Herren, herzlichen Dank für das Gespräch.

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