R744-Boostersysteme in der Gewerbekälte

Anlageneffizienz und Betriebssicherheit dank intelligenter Leistungsregelung

Transkritische CO2-Anlagen haben sich in den letzten Jahren in der gewerblichen Kältetechnik, beispielsweise in Supermärkten und mittelgroßen Kühlhäusern, weitgehend als Standard etabliert. Die Anlagen entwickeln sich zunehmend zu integrierten Systemlösungen sowohl für die Tief- und Normalkühllast als auch für die Klimatisierung und Beheizung. Ein abgestimmtes Zusammenspiel und die Steuerung der einzelnen Systemkomponenten bilden die Grundlage für eine stabile und zuverlässige Betriebsweise über das ganze Jahr. Bitzer analysiert unzählige Systeme in enger Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern. Aufbauend auf Tests im Labor sowie in Demonstrationssystemen unterstützt Bitzer seine Kunden von der Planung über die Realisierung neuer gewerblicher Kälteanlagen bis hin zur Nachrüstung im Bestand. Die Ausstattung der Verdichter mit der mechanischen Leistungsregelung „Varistep“ ermöglicht es, effiziente Kälteanlagen auch auf kleinstem Raum mit einer guten Leistungsabstufung zu realisieren, wie auch einige Fallbeispiele im Folgenden verdeutlichen.

Kältetechnische Herausforderungen in Supermärkten und Co.

In Abhängigkeit von der Tageszeit oder der Kundenfrequenz zeichnen sich Supermärkte insgesamt durch stark wechselnde Kältebedarfswerte aus. Für den störungsfreien Betrieb der Kältemittelverdichter gilt es neben den bekannten Grundvoraussetzungen wie die Einhaltung der zulässigen Betriebsbedingungen oder die Sicherstellung eines funktionierenden Ölmanagements auf eine auf die Anwendung abgestimmte Leistungsregelung zu achten. Die Leistungsregelung im Parallelverbund zielt darauf ab, Mindestlasten abzudecken, um Ein-und-Aus-Zyklen, insbesondere der Führungsverdichter zu minimieren und eine hohe Regelgüte (CF) mit minimalen Leistungsänderungen pro Stufe zu erreichen, um so die Betriebskosten zu senken und die Anlagensicherheit zu erhöhen.

In der Praxis führten in den vergangenen Jahren Rationalisierungen in Systemen und Installationen häufig zu einem Spannungsfeld gegensätzlicher Anforderungen aus hoher Effizienz, geringer Anlagenkomplexität und niedrigen Investitionskosten. Häufige Folgen sind ein ungünstigeres Regelverhalten und eine reduzierte Betriebssicherheit der Systeme beispielsweise durch:

eine reduzierte Anzahl von Verdichtern beziehungsweise zu große Verdichter pro Sauggruppe,

aktive Flüssigkeitseinspritzung mit regelmäßiger Nacheinspritzung anstelle eines externen Enthitzers für die Tiefkühlstufe,

Tiefkühl-Leistungsregelung mit Ein-Aus-Zyklen anstelle von Leistungsregelung mit Frequenzumrichter,

noch höhere Anforderungen an die Wärmerückgewinnung,

Wärmerückgewinnungssysteme ohne Puffer-Speicher auf der Warmwasserseite,

geringeren Zeitaufwand für Herstellung, Installation und Inbetriebnahme,

eine reduzierte Anzahl der Filter- und Ölwechsel.

Die Auswirkungen auf den Führungsverdichter werden anhand der Druckgastemperatur verdeutlicht. Eine Standard-Verbundsteuerung überwacht die folgenden Variablen unabhängig voneinander und bietet eine Sicherheitsabschaltung für den Hochdruck, die Druckgastemperatur, die Sauggasüberhitzung, den Ölstand sowie die Motortemperatur. Insbesondere die zulässige Druckgastemperatur ist abhängig von dem Druckverhältnis, der Sauggasüberhitzung, der Betriebsfrequenz, der Betriebszeit und der Dynamik des Betriebs. Eine geringere Betriebsfrequenz sowie eine höhere Sauggasüberhitzung haben einen Einfluss auf die thermische Beanspruchung des Verdichters und reduzieren somit dessen Einsatzgrenze. In Bild 1 kennzeichnet die gestrichelte Linie 3 beispielhaft die maximal zulässige Druckgastemperatur (tmax) für eine Betriebsfrequenz von 25 Hz mit einer Sauggasüberhitzung von 30 K. Sehr ungünstige Betriebszustände für den Führungsverdichter in der Normalkühlstufe sind gekennzeichnet durch:

Tagbetrieb mit vielen Ein-Aus-Zyklen der Folgeverdichter und instabilen (schwankenden) Betriebszuständen, die durch eine geringe Regelgüte hervorgerufen werden,

Nachtbetrieb mit niedriger Betriebsfrequenz und regelmäßigen Pump-Down-Zyklen mit hohem Druckverhältnis und hohen Sauggastemperaturen,

Nachtbetrieb mit niedriger Betriebsfrequenz und hoher Anzahl von Ein-Aus-Zyklen, dadurch gekennzeichnet, dass eine aktive Flüssigkeits-Nacheinspritzung vor Abschaltung des Führungsverdichters zu einem Überschuss an flüssigem Kältemittel auf der Saugseite während der Wiederanlaufverzögerung führt.

Die beispielhaft angeführten Zustände wirken sich indirekt auf die Tribologie des Verdichtertriebwerks aus und können in der Folge zu einem erhöhten Verschleiß an den Lagerstellen führen.

Ein zu geringer Regelbereich und bedeutsame Last- oder Leistungsänderungen führen zu einer Instabilität des Gesamtsystems. Besonders, wenn der Regelbereich des Führungsverdichters die Leistungslücken nicht abdecken kann, die von anderen Verdichtern beim Ein- und Ausschalten hervorgerufen werden. Dieser Zusammenhang wird mit der Regelgüte beschrieben. Diese errechnet sich aus der Differenz zwischen der Leistung des führenden Verdichters bei maximaler und minimaler Frequenz, geteilt durch die Leistung des nachfolgenden Verdichters (Quelle: ASERCOM, vgl. auch www.bitzer.de/shared_media/html/kt-600/)

Fallbeispiele: Verbesserungen der Regelgüte und Reduzierung der minimal möglichen Teillast dank Leistungsregelung „Varistep“

Mit einem primären Fokus auf geringen Investitionskosten sowie geringen Anlagendimensionen werden Supermarkt-Kälteanlagen wie in folgendem Fallbeispiel gebaut. Der Führungsverdichter 4JTE-15K-40P ist mit einem Frequenzumrichter ausgestattet, welcher den Verdichter zwischen 30 Hz und 60 Hz betreiben kann. Zudem wurden im Verbund zwei weitere Hubkolbenverdichter 4FTE-20K-40P mit fester Drehzahl verbaut. Auf eine mechanische Leistungsregelung wurde verzichtet. Die Minimalleistung der Anlage im Winter beträgt 19,1 kW und die Maximalleistung im Sommer 88 kW. Für die Auslegung wurde ein Flashgas-Bypass-System mit folgenden Betriebspunkten gewählt:

Sommer:

Betriebsart: transkritisch

Verdampfungstemperatur -8 °C

Gaskühleraustrittstemperatur 40 °C 

Hochdruck             98,6 bar

Winter:

Betriebsart: subkritisch

Verdampfungstemperatur -8 °C

Verflüssigungstemperatur 15 °C 

Um die folgenden Fallbeispiele einfach zu halten, wurde auf eine Einbeziehung der TK-Stufe verzichtet. Für die dargestellte Systemkonfiguration errechnet sich eine Regelgüte von nur 36 % im Sommer und 34 % im Winter. Diese Werte sind als optimierungsbedürftig zu werten. Die Regelgüte (CF) ermöglicht in diesem Fall keine gute Abdeckung der vom Verdampfer angeforderten Kälteleistung. Typisch für den Betrieb eines Systems mit geringer Regelgüte sind ständige Wechsel zwischen minimaler und maximaler Betriebsfrequenz des Führungsverdichters, häufige Taktraten der Folgeverdichter, stark schwankende Saug- Mittel- und Hochdrücke sowie ein zyklischer Betrieb mit hohen und niedrigen Sauggasüberhitzungen. Für einen typischen Wintertag in unseren Breiten wird das Betriebsverhalten eines solchen Systems während der Öffnungszeiten in Bild 2 dargestellt.

Im ersten Schritt wird nun der Frequenzbereich des Führungsverdichters auf den Standardbereich erweitert. Die Regelgüte (CF) kann somit auf relativ einfache und schnelle Art und Weise auf Werte von 36 % und 55 % verbessert werden. Hierbei ist zu prüfen, ob die thermische Belastung für den Führungsverdichter bei den auftretenden Sauggasüberhitzungen und Betriebspunkten noch zulässig ist. Ebenso ist bei Sternschaltung des frequenzgeregelten Motors die Motorstromreserve zu prüfen.

Eine wirksame Methode, um die Regelgüte zu verbessern, stellt die Nachrüstung eines Folgeverdichters mit einer mechanischen Leistungsregelung „Varistep“ (CR100 % oder CR50 %) dar. Bei gleicher Ausgangslage wird der zweite Verdichter im Verbund mit der mechanischen Leistungsregelung ausgestattet. Dadurch kann die Regelgüte auf 109 % im Sommer und 107 % im Winter optimiert werden, weil Leistungssprünge zwischen Führungsverdichter und dem nachfolgenden Verdichtern nun vermieden werden. Hierzu ist zu prüfen, ob der Verbundregler einen Verdichter mit mechanischer Stufen-Leistungsregelung ansteuern kann.

Der Einsatz der „Varistep“ Leistungsregelung bietet jedoch noch viel mehr Möglichkeiten. So könnte in dem betrachteten Beispiel der Verbund noch vorteilhafter geplant werden. Der Führungsverdichter 4HTE-15K-40P wird mit „Varistep“ zur quasi stufenlosen Leistungsregelung ausgestattet. Das integrierte IQ-Modul ermöglicht dabei eine einfache Bedienung. Bei den nachfolgenden Verdichtern wird ein 4FTE-20K-40P mit gestufter Leistungsregelung (50 % /100 %) und einen 4FTE-20K-40P mit fester Drehzahl vorgesehen. Dank der Leistungsregelung kann somit eine signifikante Erhöhung der Teillasteffizienz der Anlage erreicht werden. Die Minimalleistung im Winter beträgt nun 4,4 kW und die Maximalleistung im Sommer 88,5 kW. Die Regelgüte konnte auf 122 % im Sommer und im Winter optimiert werden. Durch diese Verdichterkombination kann der größte stufenlose Leitungsregelungsbereich mit nur drei Verdichtern realisiert werden (vgl. Bilder 3a und 3b).

Die Abdeckung von Teillastzuständen bis hin zur Minimallast, zum Beispiel durch den Führungsverdichter, garantiert einen kontinuierlichen Massenstrom, stabile Saug- und Hochdrücke und stabile Sauggastemperaturen. Ein verminderter System-Wirkungsgrad, eventueller Nassbetrieb, verminderter Ölrücklauf aus dem System, schwankende Regelkreise und ungünstige Betriebsbedingungen für Verdichter können wirkungsvoll verhindert werden. Somit ist es zielführend, den Kältemittelmassenstrom stabil und kontrolliert zu regeln: Eine an die Gegebenheiten der Anlage angepasste, nicht zu dynamische Regelung der Anlagenkomponenten führt zu einem stabilen und kontrollierten Kältemittelmassenstrom, ohne aufschwingende Regelkreise.

Dabei ist die Anzahl der Start-Stopp-Zyklen der Verdichter zu beachten. Bei Verdichtern ohne Frequenzumrichter gelten sechs Starts pro Stunde und zehn Minuten Mindestzeit zwischen zwei Starts als Empfehlung. Hohe Taktraten sind eine Herausforderung für den Verdichtermotor (thermomechanisch) und das Triebwerk (mechanisch). Im Gegensatz dazu führen beim Betrieb mit Frequenzumrichter hohe Taktzahlen leicht zu einer mechanischen Belastung des Triebwerks. Bei Betrieb ausschließlich mit geringer Frequenz und periodischen Abschaltzyklen besteht die Gefahr von Mangelschmierung. Um eine ausreichende Schmierung des Triebwerks zu gewährleisten, sollten die Verdichter in der Anlaufphase mit einer Frequenz von ≥ 40 Hz für ≥ 10 s betrieben werden, um eine ordnungsgemäße Schmierung des Triebwerks in Gang zu setzen, bevor die Regelung freigegeben wird. Bei der Bewertung von Systemen im Betrieb ist zu beachten, dass sich der Betrieb mit erhöhten Taktraten meist auf den Betrieb in der Nacht beziehungsweise außerhalb der Öffnungs-, Betriebszeiten konzentriert. Allgemein können Taktraten > 120 pro Tag kritisch und >160 als nicht zulässig betrachtet werden.

Zusätzlich wird eine gute Ölrückführung aus dem System durch möglichst kontinuierlichen Betrieb mit geringen Taktzahlen der Verdichter gefördert. Damit wird vermieden, dass zum Beispiel nach Abtauphasen oder unter hoher Kälteleistung, kaltes mit Kältemittel angereichertes Öl schlagartig von den Kühlstellen zu den Verdichtern zurückgeführt wird. Stabile Betriebsbedingungen ermöglichen es darüber hinaus auch, dass die Ölvorlage in den Ölspiegelregulatoren beruhigt ist und der Stand dem Niveau im Triebwerk angeglichen ist.

Wie günstig sich eine kontinuierliche Abdeckung der Minimallast im Betrieb der Verdichter darstellt, wird mit den folgenden Messungen gezeigt. Vor der Umrüstung auf eine stufenlose Leistungsregelung mit „Varistep“ und IQ-Modul wurde der Führungsverdichter mit einem Frequenzumrichter betrieben. Die benötigte Kälteleistung war in diesem Fall viel geringer als geplant. Die Folgen für den Führungsverdichter waren Taktraten pro Tag zwischen 120 und 160 im Winterbetrieb, lange Stillstandszeiten und ein Betrieb mit zyklisch schwankenden Drücken und Temperaturen. Die Visualisierung der Betriebspunkte in der Einsatzgrenze verdeutlicht dies. Durch den Einsatz der „Varistep“ Leistungsregelung mit IQ-Modul war es möglich, den Betrieb zu stabilisieren und die Start-Stopp-Zyklen des Führungsverdichters weitestgehend zu vermeiden. Dies zeigen auch die zeitlich gewichteten Mittelwerte der Betriebsbedingungen. So ist zum Beispiel die durchschnittliche Verdampfungstemperatur um 2 K höher, und der durchschnittliche Hochdruck um 3 bar niedriger – mit positiven Folgen für den Energiebedarf.

Nachrüstungen von Kühlmöbeln in Supermärkten

Besondere Sorgfalt ist notwendig, wenn Kühlmöbel nachträglich mit Glastüren ausgestattet werden sollen. Die meisten Systeme werden mit beträchtlicher Leistungsreserve bestellt und ausgeliefert. Eine nachträgliche Installation von Glastüren reduziert die erforderliche Kälteleistung je nach Temperaturklasse und Verdampfungstemperatur zusätzlich um 40-50 %. Somit steigt die Abweichung zwischen installierter und benötigter Kälteleistung mit großen Auswirkungen auf das Teillastverhalten der Systeme. Taktraten werden stark ansteigen. Bei Systemen mit hohen Taktraten des Führungsverdichters ist zu prüfen, ob die zusätzliche Installation von Glastüren mit einem Umbau des Verbundes kombiniert werden kann. Geeignete Maßnahmen wären: Führungsverdichter eine Fördervolumenstufe kleiner wählen und Folgeverdichter mit gestufter Leistungsregelung ausführen.

Ausblick

Verbundanlagen mit Kältemittel CO2 sind im Supermarktbereich in den letzten Jahren zum Standard geworden. Die Praxiserfahrungen, die durch umfangreiche Datenanalyse belegt sind, zeigen unter anderem, dass manche Anlagenkonzepte den unterschiedlichen Lastanforderungen aus verschiedenen Gründen nur bedingt genügen können. Das Ziel muss es sein, hohe Effizienz, geringe Komplexität und auch niedrige Investitionskosten miteinander zu vereinbaren. Die Regelgüte des Anlagensystems und die Abdeckung der Minimallastzustände spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Durch die mechanische Leistungsregelung der Verdichter können beide nachweislich signifikant verbessert werden. Für die Zukunft ist damit zu rechnen, dass die Systeme weiter optimiert werden. Bitzer trägt als Spezialist für Kälte- und Klimatechnik durch die kontinuierliche Weiterentwicklung seiner Produkte und Lösungen seinen Beitrag dazu bei.

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