Gemeinschaftsgefrieranlagen

Geschichte der Kälte- und Klimatechnik – Auszug aus dem Archiv des HKK

Der Verein Historische Kälte- und Klimatechnik e.V. (HKK) hat es sich zur Aufgabe gemacht, historisch interessante Zeugnisse der Kälte- und Klimatechnik aufzuspüren, diese in der „Straße der Kälte“ zu dokumentieren und sie nach Möglichkeit Interessierten zugänglich zu machen. Damit soll auch das Interesse der Betreiber und Träger, so wie der Öffentlichkeit geweckt werden, diese Objekte und Anlagen zu erhalten. Es gibt unzählige hoch interessante Geschichten und Werdegänge. Daher wird der HKK künftig regelmäßig einzelne Objekte der „Straße der Kälte“ und deren Besonderheiten im Heft kurz vorzuzustellen.

Um 1955 gab es einen regelrechten Hype in den bäuerlich geprägten Gemeinden der Bundesrepublik: die Gemeinschaftsgefrieranlage. Man tat sich zusammen in einer Genossenschaft und gab eine Gemeinschaftsgefrieranlage in Auftrag – dazu wurde häufig extra ein kleines Haus inmitten des Dorfes gebaut. Auftragsnehmer der Gefrieranlagen waren z.B. Astra, Ate, BBC, Eisfink, Lahn-Kälte, Linde, Mammut oder ­Sümak. Was ist aus diesen Anlagen geworden? Viele wurden inzwischen infolge des Strukturwandels abgebrochen – es gibt heute in praktisch jedem Haushalt einen Gefrierschrank und in der Nähe einen Supermarkt für die ganzjährige Versorgung mit frischem Fleisch, Obst und Gemüse.

Eine technisch sehr interessante Karussell-Gemeinschaftsgefrieranlage befand sich bis 2009 in Nordheim vor der Röhn noch im Betrieb, sollte aber, da kein weiteres Interesse bestand, abgebrochen werden. Da entschloss sich das 8 km entfernte Freilandmuseum Fladungen, dieses Zeugnis dörflicher Kultur zu erhalten und mit in die Ausstellung einzubeziehen. Dies erfolgte mit einem spektakulären Umzug mit der kompletten Anlage.

Das 110 t schwere Gebäude wurde mit einer stabilen Bodenplatte aus Stahlträgern und Beton unterfangen und dann mit einem Schwerlastkran über ein Haus, auf einen Tieflader auf der Dorfstraße geladen. Der Transport durch das Dorf gestaltete sich ebenfalls spektakulär – Dachrinnenabläufe mussten abgebaut werden und häufig gab es nur noch eine Handbreit Platz auf beiden Seiten. Dank guter Planung kam das Gefrierhaus völlig unbeschadet im Freilandmuseum an.

Die einzelnen Räume sind begehbar und das Karussell voll funktionsfähig. Auch der Maschinenraum mit den luftgekühlten ATE Verflüssigersätzen nebst Schalttafel und Sicherungskasten sind original – die Anlage müsste nur neu mit Kältemittel befüllt werden und dann könnten wieder Lebensmittel eingefroren werden.

Insgesamt kann man sehr froh sein, dass auf diese Weise eine sehr interessante ­Anlage, beispielhaft für die in den 50er Jahren sehr weit verbreiteten Gemeinschaftsgefrieranlagen so dauerhaft gesichert ist – ein wirkliches Kleinod auf der „Straße der Kälte“.

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