Kühlung für die Wetterdaten

Sichere Versorgung des DWD-Wetterfunksenders Pinneberg

Zu den gesetzlichen Aufgaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gehört die meteorologische Sicherung der Seeschifffahrt. Einen wichtigen Baustein, um diese Aufgabe zu erfüllen, stellt die Wetterfunksendestelle des DWD in Pinneberg bei Hamburg dar. Hier muss die Sendetechnik immer zu 100 % sicher funktionieren. Das gilt in gleicher Weise für die Kühlung der Sendeanlagen.

Der DWD betreibt in Pinneberg mehrere Kurzwellensender zur Übermittlung von Wetterdaten, Wetterkarten und Unwetterwarnungen für die Seeschifffahrt im Nordatlantik, Mittelmeer und bis in die nordischen Polarregionen. Der Sendedienst läuft rund um die Uhr.

Die Sendeanlagen wurden in den Jahren 2017 bis 2018 zum großen Teil erneuert, da die zum Teil 30 Jahre alten Sendeanlagen in Röhrentechnik nicht mehr dem Stand der Technik entsprachen, hohe Instandhaltungskosten verursachten und Ersatzteile knapp und schwer zu besorgen waren. Auch die Kühlung der alten luftgekühlten Sender war wenig energieeffizient, so dass man sich bei den neuen Sendern für flüssigkeitsgekühlte Anlagen in Halbleitertechnik entschieden hat.

Sechs neue 10 kW-Kurzwellensender, entwickelt und gebaut von der Fa. Schnoor Industrieelektronik GmbH & Co. KG mit Sitz in Büdelsdorf, wurden Zug um Zug im wechselseitigen Tausch gegen die alten Sendeanlagen im Sendesaal des Wetterfunksenders aufgestellt. Die Hydraulik jedes Kühlsystems mit Pumpe, Wärmerückgewinnung, Regelventilen und Sensoren befindet sich jeweils direkt unter dem Sender in dem unter dem Sendesaal liegenden Kellergeschoss. Im Außengelände, wo sich auch die Sendeantennen und die dazugehörigen beiden 99 m hohen Stahlmasten befinden, stehen die sechs Rückkühler. Eine Verbindung zwischen den Kühlanlagen verschiedener Sender gibt es aus Redundanzgründen nicht. Eine Gesamtsystemverfügbarkeit von besser als 95 % ist gegeben.

 

Die Kühltechnik

Bei einer Sendeleistung eines Senders von 10 kW im Kurzwellen-Frequenzbereich entstehen bis zu ca. 30 kW Abwärme je Sender. Diese Abwärme muss, da die Sender dauerhaft in Betrieb sind, mit geringstmöglichem Energieaufwand an die Umgebungsluft abgeführt bzw. anderweitig genutzt werden.

Die von den Verstärkermodulen benötigten Kühlwassertemperaturen sind vom Hersteller mit maximal 40 °C spezifiziert, die Temperaturspreizung hat zwischen 6 und 10 Kelvin zu liegen. Die Bildung von Kondenswasser aus der Umgebungsluft innerhalb der empfindlichen Verstärkermodule muss sicher verhindert werden.

Der Betrieb der Sendeanlagen und damit auch der zugehörigen Kühltechnik erfolgt vollautomatisch im Dauerbetrieb. Dazu notwendige Sensorik und Datenschnittstellen sind in die installierte Anlagentechnik integriert.

 

Die Hydraulik

Je Sender wurde eine hydraulische Baugruppe direkt unter den im Sendesaal stehenden Verstärkerschränken im Kellergeschoss installiert.

Je Sender besteht diese Baugruppe aus:

geregelte Hocheffizienz-Kühlwasserpumpe

Plattenwärmetauscher der Wärmerückgewinnung

stetiges Drei-Wege-Motorregelventil

Strömungsüberwachung

Hoch- und Niederdrucküberwachung

Feineinstellung der Wassermengenaufteilung auf die Elektronikgruppen eines Senders (Power/Combiner).

 

Die Wärmerückgewinnung

Die vorher installierten alten luftgekühlten Sender erreichten im Kühlluftaustritt eine Temperatur von bis zu 85 °C. Diese Abluft wurde zur Wärmerückgewinnung für die Beheizung des Gebäudes des Wetterfunksenders über einen Lamellenwärmetauscher geführt, dessen hydraulischer Kreis mit der Heizungsanlage des Gebäudes verbunden war. Da das Gebäude, außer den Sendeanlagen, über keinerlei Wärmequelle wie Ölbrenner oder Gastherme verfügt, sind auch die neuen Kühlanlagen mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet.

Das mit bis zu 50 °C aus den Sendern austretende Kühlwasser wird über Plattenwärmetauscher geführt und so die Heizungsanlage des Gebäudes mit Wärme versorgt. Die statischen Heizflächen im Gebäude sind extra für niedrige Vorlauftemperaturen ausgelegt. Ist im Sommer keine Beheizung des Gebäudes notwendig, wird die Kühlwassertemperatur über einen zweiten in der Regelung hinterlegten Sollwert mit tieferen Temperaturen gefahren.

 

Die Rückkühler

Drei wichtige Parameter sind von den Rückkühlern zu erfüllen:

Energieeffizienz wegen 8670 Betriebsstunden p.a.

geringe Betriebsgeräusche wegen Wohnhäusern in direkter Nähe

hohe Festigkeit gegen elektromagnetische Einflüsse von außen wegen direkter Nähe der Antennen der Sendeanlagen

Mit der Auslegung der Rückkühler mit effizienten EC-Ventilatoren mit niedriger Drehzahl und großzügig ausgelegtem Wärmetauscherpaket ist die Anforderung bezüglich des Energieverbrauchs erfüllt. Wer Erfahrung mit der Auslegung von Rückkühlern hat, weiß, dass damit auch ein Betrieb mit geringen Schallemissionen verbunden ist.

Die erhöhte Festigkeit gegen elektromagnetische Beeinflussung der Regelung der Rückkühler, die direkt an den Rückkühlern selbst montiert ist, ist durch besonders abgeschirmte Kabel realisiert. An einzelnen Stellen sind zusätzliche HF-Abschirmungen an den elektronischen Baugruppen in der Regelung der Rückkühler und den verbindenden Steuer- und Versorgungskabeln installiert. Die Rückkühler sind so gewählt, dass die geforderte maximale Kühlwassertemperatur bis zu Außentemperaturen von 35 °C sicher eingehalten werden kann.

 

Die Regelung

Neben den internen Baugruppen der Sender muss auch die Kühlanlage spätestens fünf Minuten nach Einschalten der Netzversorgung konstante Betriebsdaten gewährleisten. Die Laufzeit der Regelventile ist nur 180 Sekunden. Die Steuerung stellt sicher, dass auch nach einem ungeplanten Spannungsausfall und sehr tiefen Außentemperaturen nicht zu kaltes Kühlwasser aus dem Rückkühler in den Sender gelangt.

Vier Digitalregler für Temperatur, Wärmerückgewinnung, Betauungsschutz und Grenzwertüberwachung befinden sich in der Fronttafel der Kühlanlagensteuerung. Eine umfangreiche Sensorik mit Strömungsüberwachung, Drucküberwachung und zehn Temperatursensoren je Kühlkreislauf ist notwendig, um alle Betriebsparameter sicher in den notwendigen Grenzen zu halten oder bei Überschreitung dieser Grenzen zu alarmieren.

Zur sicheren Vermeidung von Kondensation von Wasserdampf innerhalb der verschiedenen elektronischen Baugruppen des Senders ist eine entsprechende Regelung installiert, die dafür sorgt, dass die Eintrittstemperatur des Kühlwassers in den Sender den Taupunkt der Umgebungsluft nicht unterschreitet.

Die stetige Regelung der Vorlauftemperatur des Kühlwassers zum Sender ist aufgeteilt auf den Regelbereich des Drei-Wege-Ventils und den aktiven Drehzahlbereich des Rückkühler-Ventilators, die aneinander anschließen.

 

Das Monitoring der Kühlanlage

Zur Kommunikation der Steuerung der Kühlanlage mit der Gesamtsteuerung des zugehörigen Senders werden Temperaturmesswerte und Statusinformationen übergeben. Dies erfolgt über einen Controller mit Ethernet-Schnittstelle in der Steuerung der Kühlanlage. Die Datenpunkte werden über SNMP-Protokoll (Simple Network Management Protocol) bereitgestellt und sind lokal als auch von Ferne verfügbar.

Im Fehlerfall erscheinen entsprechende Meldungen am Steuerbildschirm des Senders; wenn technisch notwendig, erfolgt eine Notabschaltung der Verstärker, zum Beispiel bei Strömungswächteralarm oder Hochdruckalarm.

 

Resümee

Zurzeit weilt das deutsche Forschungsschiff POLARSTERN festgefroren im Eis in der Arktis. Es wird über Kurzwelle vom Wetterfunksender des Deutschen Wetterdienstes aus Pinneberg versorgt mit Wetterinformationen und Daten. In diesen hohen Breitengraden ist für die POLARSTERN eine Verbindung zu geostationären Satelliten wegen der Erdkrümmung nur eingeschränkt möglich. Die Kurzwelle kann dies überbrücken. Die zuverlässige energiesparende Kühltechnik ist natürlich auch für die Sicherstellung der Grundversorgung der Seefahrt mit Wetterdaten in weniger prominenten Aufgaben da.

Hohe Verfügbarkeit und Energieeffizienz der Kühlanlagen waren die Leitlinien bei Planung und Ausführung. In bisher zwei Betriebsjahren, mit dem heißen Sommer 2018 und einigen, allerdings kurzen Phasen mit sehr tiefen Außentemperaturen, war die Versorgung der Sendeanlagen praktisch unterbrechungsfrei gegeben.

 

Bauherr:

Bundesrepublik Deutschland für Deutscher Wetterdienst, Offenbach

Sendeanlagen:

Schnoor Industrieelektronik, Büdelsdorf

Anlagenbau:

Klima- und Anlagentechnik Schindler GmbH, Henstedt-Ulzburg

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