Man übergibt sein Lebenswerk

Interview mit einem ehemaligen Firmeninhaber

In den nächsten fünf Jahren steht in bis zu 200.000 Handwerksbetrieben der Generationswechsel an. Hiervon ist das Kältehandwerk natürlich nicht ausgenommen. Da man einen Betrieb aber in der Regel nur einmal im Leben übergibt, hat man als Inhaber auch keine Erfahrungswerte. Auf was sollte man also achten? Welche Fallstricke gibt es? Die KKA führte zu diesem Thema ein Interview mit einem ehemaligen Firmeninhaber, der eher schlechte Erfahrungen gesammelt hat und anonym bleiben möchte.

KKA: Geben Sie doch bitte einen kurzen Steckbrief Ihres Unternehmens zum Zeitpunkt der Übergabe.

Antwort: Mein Betrieb war vor allem in Süddeutschland aktiv. Unser Schwerpunkt lag im Bereich des kälte- und klimatechnischen Sonderanlagenbaus. Begonnen hat alles ganz klassisch in einer Garage in den 80er Jahren. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch in einem anderen technischen Hauptjob tätig und habe die Firma zunächst nur als Nebenerwerb betrieben. Als die Geschäfte besser liefen, wurde es dann zum Vollzeitjob. Mit der weiteren positiven Geschäftsentwicklung kamen dann die ersten Monteure hinzu, was auch einen Umzug in ordentliche Geschäftsräume in einem Gewerbegebiet nach sich zog. Zuletzt waren ca. 15 Mitarbeiter bei mir angestellt und wir haben mehrere Tausend Kunden betreut.


KKA: Wann haben Sie begonnen, sich mit dem Thema Generationswechsel bzw. Firmenübergabe für Ihren Betrieb zu befassen und wie sind Sie dabei vorgegangen?

Antwort: 2016 kam das erste Mal eine Firma auf mich zu und hatte freundlich angefragt, ob ich nicht verkaufen wolle. Die Verhandlungen scheiterten dann allerdings schnell am Verkaufspreis. Kurze Zeit später wurde ich auf einen Makler aufmerksam, der die Sache dann in die Hand nahm und meine Firma auf den Markt brachte. Danach kamen dann schnell erste Anfragen.


KKA: Sie hatten also mehrere Interessenten als Käufer für Ihren Betrieb. Nach welchen Kriterien haben Sie die Auswahl getroffen?

Antwort: Ja, es waren ca. 30 Bewerber. Wir haben sie alle unter die Lupe genommen, wobei auch viele Trittbrettfahrer dabei waren, die wir nicht detailliert betrachtet haben und die der Makler auch teils schon kannte. Somit haben wir uns auf die aus unserer Sicht Top-Firmen beschränkt. Wir haben dann auch einige Firmen eingeladen, um Näheres über die Kaufhintergründe und deren Strategie für die Weiterführung des Betriebs zu erfahren. Es waren so sechs oder sieben Firmen im Rennen. Manchmal scheiterte es am Preis oder an der Strategie, letztendlich blieben zwei Interessenten übrig, zwischen denen wir dann die Entscheidung treffen mussten. Es war dann übrigens nicht der Preis, der den Ausschlag gab, sondern die Aussage, dass alles so weitergeführt werden solle wie bisher. Der Betrieb lief ja auch top. Warum sollte man hier auch etwas verändern? Unsere Wahl stellte sich dann leider hinterher als großer Fehler heraus.

KKA: Wie waren Sie in den Übergabeprozess und die Geschäftsabläufe nach dem Verkauf involviert?

Antwort: Ich war in den ersten Monaten zunächst weiterhin voll eingebunden in die Prozesse. Nach und nach merkte ich aber, dass ich nicht mehr erwünscht war. Es wurden auch Änderungen vorgenommen, die bis in den privaten Bereich gingen. Man wollte wohl auch Kosten sparen, weil ich noch einen Arbeitsvertrag über einige Jahre hatte – mit über die Zeit abnehmenden Arbeitstagen pro Woche.


KKA: Wie ist der Ist-Zustand Ihres Betriebs heute?

Antwort: Nach kurzer Zeit folgte schon die erste Entlassung. Es folgten weitere Kündigungen von Mitarbeitern  aus eigener Initiative, weil sie mit der neuen Situation nicht klar kamen. Zwei Jahre nach dem Verkauf sind heute von den ursprünglichen Mitarbeitern nur noch wenige übrig. 

KKA: Wie fühlen Sie sich dabei?

Antwort: Es tut einfach sehr, sehr weh. Nach einem sehr mühsamen Start hat man über Jahrzehnte ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut und dann so etwas. Kurz: Ich fühle mich beschissen.


KKA: Vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen: Was würden Sie anders machen, wenn Sie Ihren damaligen Betrieb heute noch einmal übergeben würden?

Antwort: Ich würde alles Vertragliche zehnmal lesen und mir viel mehr Zeit lassen bei meinen Entscheidungen. Auch preislich hätte ich höher pokern können. Ich würde auch einen zweiten Fachmann einbinden, um Dinge zu sehen, die man selbst nicht beachtet.

Und ich würde den Vertrag von einem Berater und einem Steuerberater prüfen lassen. Das kostet zwar Geld, aber es zahlt sich hinterher aus.


KKA: Welche Ratschläge würden Sie anderen Firmeninhabern, bei denen die Betriebsübergabe ansteht, mit auf den Weg geben?

Antwort: Ich glaube heute, dass es besser ist, mit kleineren Firmen aus dem Handwerk zu verhandeln statt mit Großunternehmen. Ich würde auf jeden Fall raten, mehrere Verkaufsgespräche mit einem Interessenten zu führen, um eventuell seine Hintergründe und Absichten herauszufinden.

Und: Der Preis ist nicht das Wichtigste! Man übergibt schließlich sein berufliches Lebenswerk in fremde Hände – das will man nicht zerstört sehen.  


KKA: Welche Pläne haben Sie nun ganz persönlich für Ihre weitere Zukunft?

Antwort: Ich werde mich wieder nach einem Job umschauen, evtl. als Berater für andere Fachfirmen. Mal schauen. Ansonsten werde ich versuchen, ganz entspannt dann die Rente zu genießen.

KKA: Ich wünsche Ihnen dabei alles Gute!

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