Low-GWP-Kältemittel auch bei Großwärmepumpen

Markteinschätzung und aktuelle Entwicklungen

Das Unternehmen Waterkotte zählt zu den Pionieren der Wärmepumpen-Branche und ist seit langem auch im Bereich Großgeräte aktiv. Wir sprachen mit Geschäftsführer Andreas Jung über den Markt, aktuelle Entwicklungen und die Anforderungen von Großprojekten.

KKA: Herr Jung, der Wärmepumpenmarkt war im vergangenen Jahr deutlich schwächer. Wie sieht das im Segment Großwärmepumpen aus?

Jung: Wir erleben derzeit noch eine eher schwache Nachfrage, der Markt ist aber auch nicht so stark eingebrochen wie bei kleineren Geräten. Dort gab es durch die Diskussionen um das Heizungsgesetz Sondereffekte. 2023 war die Nachfrage kurzfristig sehr hoch, und es sind längst nicht alle verkauften Wärmepumpen sofort eingebaut worden. Zusammen mit der schwachen Baukonjunktur hat das zu einem erheblichen Rückgang 2024 geführt.

Bei größeren Wärmepumpen ist der Markt weniger abhängig von gesetzlichen Vorgaben und Förderprogrammen. Hier haben Projekte längere Vorlaufzeiten, Investitionen werden langfristig und anhand von mehreren Faktoren beurteilt. Dennoch entwickelt sich der Markt für Geothermie-Wärmepumpen, zu denen ja auch die Großgeräte gehören, im Moment eher schwach, er macht etwa 10 % des Gesamtmarktes aus.

KKA: Großwärmepumpe ist nicht gleich Großwärmepumpe. Wie grenzen Sie den Bereich ab?

Jung: Bei Waterkotte unterscheiden wir zwischen „Consumer“ und „Industrial“ und ziehen die Trennlinie bei einer Leistung von etwa 30 kW. Der Bereich „Industrial“ reicht bei uns vom kleineren Mehrfamilienhaus mit einfacher Hydraulik bis zu großen Projekten wie Betriebsgebäuden, Banken, Universitäten oder Kliniken mit mehreren Hundert kW Leistung. Wir sind in diesem Bereich schon sehr lange tätig. Ich bin seit 1990 im Unternehmen und schon damals hatte Waterkotte Wasser/Wasser-Wärmepumpen bis 100 kW. Derzeit haben wir Geräte bis 300 kW im Programm – mit Kaskadenlösungen decken wir Leistungen bis etwa 1 MW ab. Großwärmepumpen sind für uns ein wichtiges Segment. Sie machen rund ein Drittel unseres Umsatzes aus und wir wachsen hier seit Jahren beständig.

KKA: Wie entwickeln sich die verschiedenen Einsatzbereiche bei größeren Wärmepumpen?

Jung: Im Leistungsbereich ab etwa 100 kW machen Neubauprojekte den größten Anteil aus, die meisten Bauvorhaben mit größeren Wärmepumpen sind Wohn-, Büro- und Gewerbebauten. Neue Betriebsgebäude werden heute fast nur noch mit Wärmepumpentechnik zum Heizen und Kühlen realisiert, auch weil viele Auftraggeber großen Wert auf hohe Energiestandards legen. Auf Grund der hohen Energiekosten hat die Effizienz erheblich an Bedeutung gewonnen. Früher wurde Prozesswärme oft ungenutzt an die Umgebung abgegeben, heute versucht man, diese Energie sinnvoll zu nutzen. Hier spielt Wärmepumpentechnik eine wichtige Rolle. Auch bei Sanierungen kommen größere Wärmepumpen zum Einsatz, allerdings weniger bei Wohnobjekten. Hier sind neben dem Austausch des Wärmeerzeugers meist weitere Maßnahmen erforderlich, die sich im gewerblichen Wohnungsbau wirtschaftlich nicht immer abbilden
lassen.

KKA: Welche Rolle spielt die Kühlung bei Großwärmepumpen?

Jung: Kühlung ist bei den meisten Projekten Bestandteil der Anforderungen, zumal eine der Stärken von Wärmepumpen ist, dass sie Wärme und Kälte bereitstellen können. Bei Wohngebäuden genügt oft eine passive Kühlung, bei größeren Betriebsgebäuden ist eine aktive Kühlung die Regel. Reine Kühlanwendungen, etwa für industrielle Prozesse, müssen wirtschaftlich sinnvoll sein. Bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit kommt es immer auf beides an, Heizen und Kühlen. Setze ich die Kälte für die Kühlung von industriellen Prozessen ein und kann die Wärme beispielsweise für die Temperierung eines angeschlossenen Bürogebäudes nutzen, ist die Lösung in aller Regel wirtschaftlich. Kann ich die Wärme nicht nutzen, ist meistens eine reine Kaltwassersatz-Lösung sinnvoller.

KKA: Welche technischen Entwicklungen gibt es derzeit bei Großwärmepumpen?

Jung: Ein wesentlicher Faktor sind die F-Gase-Verordnung und die verschärften Bestimmungen zu PFAS. Gesetzlich gibt es zwar noch Übergangsfristen, aber wir erleben gerade bei größeren Geräten einen vorgezogenen Effekt. Viele Auftraggeber, insbesondere Kommunen und öffentliche Institutionen, legen besonderen Wert auf Nachhaltigkeit und fordern bereits jetzt Lösungen mit einem Low-GWP-Kältemittel. Die Umstellung auf Propan ist aber nicht einfach nur der Wechsel des Kältemittels, sondern erfordert ein anderes Sicherheitskonzept, weil Propan als brennbares Gas zur Kältemittel-Sicherheitsgruppe A3 gehört. Das hat Auswirkungen auf die in den Geräten verwendeten Komponenten und bedeutet spezielle Anforderungen an Maschinenräume, das Vermeiden von Zündquellen und die Unterbrechung der Stromversorgung bei einem Kältemittelaustritt.

KKA: Wie gehen Sie in der Produktentwicklung damit um?

Jung: Wir haben gerade auf der ISH unsere erste Großwärmepumpe mit R290 vorgestellt. Die Baureihe ist je nach Modell ab Herbst verfügbar und deckt als Einzelgerät Leistungen bis 120 kW ab. Aufgrund des Kältemittels haben wir eine umfangreiche Sicherheitsausstattung integriert – das wird auch eine Anforderung für zukünftige Modelle sein. Aber es gibt natürlich noch andere Merkmale. Die neue Baureihe ist sehr kompakt konstruiert und hat ein innovatives Regelungskonzept, bei dem Kälte- und Hy­draulikkreis intern unabhängig voneinander geregelt werden können.

Übrigens betreffen die Anforderungen des Kältemittels auch die Produktion. Die Fertigung von R290-Geräten erfordert geschützte Bereiche mit Gassensoren und mechanischer Entlüftung. An unserem neuen Standort in Bochum haben wir nicht nur erheblich größere Produktions- und Logistikkapazitäten, sondern können auch solche Anforderungen sehr gut abbilden. Und wir fertigen natürlich weiterhin mit höchstem Qualitätsanspruch „Made in Germany“.

KKA: Planen Sie zukünftig auch leistungsstärkere Großwärmepumpen mit R290?

Jung: Ja, die wird es geben. Im ersten Schritt haben wir uns zunächst auf das untere Industrial-Segment konzentriert. In den kommenden Jahren werden wir aber auch leistungsstärkere Großwärmepumpen auf den Markt bringen. Natürlich können wir mit Kaskadenlösungen schon jetzt größere Leistungen von mehreren Hundert Kilowatt auf Basis von R290 bereitstellen. Bei hohen Leistungsanforderungen ist eine Kaskadenlösung aber nicht mehr wirtschaftlich. Deswegen brauchen wir zukünftig auch leistungsstärkere Einzelgeräte mit R290. Die Umstellung des Kältemittels in relativ kurzer Zeit ist für alle Hersteller eine große Herausforderung. Wir entwickeln solche Lösungen nicht mehr nur alleine als Waterkotte, sondern arbeiten inzwischen enger mit anderen Unternehmen der NIBE-Gruppe zusammen, zu der wir seit 2020 gehören. So können wir das Know-how innerhalb der Gruppe bündeln und gemeinsam auf schnellerem Wege neue Produkte
entwickeln.

KKA: Die Geräte selbst sind nur ein Teil der Lösung – bei größeren Projekten gibt es sehr individuelle Anforderungen. Wie gehen Sie damit um?

Jung: Wir realisieren seit rund 20 Jahren Großprojekte. Das erste Projekt war ein Bankgebäude mit komplexeren Anforderungen – es gab unterschiedliche Temperaturniveaus und hohen Kühlbedarf, unter anderem für die Serverräume. Wir haben bei diesem Projekt die Erfahrung gemacht, dass es besser ist, wenn wir als Hersteller früher in die Planung mit einsteigen. Wärmepumpenlösungen für Großprojekte sind eine Sache für Spezialisten. Deswegen legen wir Wert darauf, Hydraulikkonzept, Regelungskonzept und die passende Automatisierungslösung bei solchen Projekten möglichst selbst zu entwickeln, und haben dafür auch die entsprechenden Kapazitäten und Fachleute im Haus. Wir haben inzwischen Hunderte von größeren Projekten realisiert und dabei einen großen Erfahrungsschatz gesammelt. Wir verfügen über ein umfangreiches Portfolio an erprobten Konzepten für Hydraulik und Regelung, die wir bei neuen Projekten als Ausgangspunkt nutzen können. Darüber hinaus arbeiten wir bei der Realisierung mit den ausführenden Betrieben zusammen und können, wenn gewünscht, auch den laufenden Betrieb der Anlage analysieren und optimieren. In der Rückschau war das erste Großprojekt damals die Initialzündung dafür, dass wir uns von einem Gerätelieferanten zu einem Systemlieferanten ent­wickelt haben.

KKA: Welche Erwartungen haben Sie für die weitere Marktentwicklung bei Großwärmepumpen?

Jung: Aktuell ist der Markt, wie eingangs erwähnt, nach wie vor eher schwach, aber wir hoffen auf eine allmähliche Erholung. Für uns selbst erwarten wir mit den neuen R290-Modellen ein überproportionales Wachstum. Wir gehen in der Anfangsphase von 20-30 % aus. Die Rückmeldungen auf der ISH waren sehr positiv und es gibt derzeit eine hohe Nachfrage nach Low-GWP-Lösungen. Mittelfristig wird sich die Nachfrage bei unseren neuen Geräten normalisieren, aber wir sind sehr zuversichtlich, dass wir bei Großwärmepumpen weiterhin ein stabiles Wachstum haben werden.

Neue Großgeräte-Generation mit R290

Die im März auf der ISH in Frankfurt vorgestellte Baureihe Industrial Line 8060/8120 ist die erste Waterkotte-Großwärmepumpe mit dem natürlichen Kältemittel R290 (Propan). Die neu entwickelte Baureihe deckt mit mehreren Modellen einen Leistungsbereich bis 120 kW ab. Für die speziellen Sicherheitsanforderungen des Kältemittels verfügen die Geräte über eine umfangreiche integrierte Sicherheitsausstattung. Zu den Besonderheiten zählt außerdem ein innovatives Regelungskonzept, bei dem Kälte- und Hydraulikkreis intern unabhängig voneinander geregelt werden können. Die Baureihe verfügt über ein modernes, vollgrafisches Bedien- und Regelsystem und ein integriertes Webinterface zur Fernüberwachung. Die Anlage ist kompakt konstruiert, verfügt über eine integrierte Heizungspumpe und kommt mit einer geringen Stellfläche aus. Die neue Geothermie-Wärmepumpe ist für den Einsatz in Mehrfamilienhäusern, Gewerbe und industriellen Anwendungen konzipiert. Sie wird am neuen Waterkotte Produktionsstandort Bochum gefertigt, der Produktionsbeginn ist für das vierte Quartal 2025 geplant.

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