Dekarbonisierung im großen Stil

Nicht nur Privathaushalte, auch die Industrie steht in den kommenden Jahren vor der Herausforderung, die Wärmeversorgung von fossilen (überwiegend Erdöl, Erdgas und Kohle) auf erneuerbare Energien umzustellen. Wärmepumpen bieten daher auch im industriellen Bereich ein großes Potential zur Steigerung der Energieeffizienz und Minderung von CO₂-Emissionen. Vielfach stehen in der Industrie zudem – je nach Produktionsprozess – verschiedene Abwärmequellen zur Verfügung. Die Prozesse sind jedoch in der Regel immer unterschiedlich und erfordern eine individuelle Lösung: Welche Abwärmepotenziale sind vorhanden und welche Nutzwärmemengen und -temperaturen werden benötigt? Relevante Branchen sind z. B. die Lebensmittel-, Papier-, Chemie- und Metallverarbeitung mit Prozessen wie Trocknen, Sterilisieren, Pasteurisieren oder Destillieren usw.

Zudem sind nicht nur die erforderlichen Wärmemengen deutlich größer, die Prozesse erfordern vielfach auch höhere Temperaturen bzw. höhere Temperaturhübe als dies z. B. im privaten Einfamilienhaus der Fall ist. Temperaturhübe von mehr als 80 K sind keine Seltenheit.

Dazu noch ein paar Zahlen: Rund zwei Drittel des jährlichen industriellen Energiebedarfs, also mehr als 400 TWh, werden für die Bereitstellung von Prozesswärme genutzt. Es gibt Untersuchungen, die von einem Einsparpotenzial bei den Energiekosten für die Bereitstellung von Prozesswärme allein in der deutschen Industrie von jährlich bis zu 21 Milliarden Euro ausgehen. Insgesamt könnten bis zu 33 % des Endenergiebedarfs (226 TWh) in der Industrie eingespart werden. Oftmals sind Amortisationszeiten innerhalb von drei Jahren möglich.

EU-weit wird der Energiebedarf für Prozesswärme mit 2.950 TWh pro Jahr angegeben – 25 % davon liegen im Temperaturbereich von 100 bis 200 °C. McKinsey prognostiziert für diesen Markt bis 2030 ein jährliches Wachstum von über 15 %, mit weltweiten Investitionen in Höhe von rund 12 Milliarden US-Dollar – ein sowohl ökonomisch als auch ökologisch interessanter Bereich für den Einsatz von Hochtemperatur- und Großwärmepumpen.

Dennoch darf man auch den Einsatz in Mehrfamilienhäusern oder die Fernwärmeversorgung nicht außer Acht lassen. Auch hier sind Wärmepumpen größeren Kalibers im Einsatz – bei Großwärmepumpen für Fernwärmenetze kann die Wärmepumpe durchaus die Dimensionen eines Einfamilienhauses erreichen und mehrere Tonnen Kältemittel enthalten.

Die Bandbreite ist groß und die Lösungen stets individuell. Ein hoch interessantes Betätigungsfeld, das immer kreative Lösungen und innovative Ideen erfordert.

 

Ihr KKA-Chefredakteur

Matthias Schmitt

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