Großwärmepumpen in der Energiewirtschaft – unverzichtbar für die Dekarbonisierung bis 2045
Beispielprojekte: kommunale Wärmeversorgung, Produktionsprozesse, Sektorenkopplung
Privathaushalte, die sich eine Wärmepumpe anschaffen wollen, erhalten in Deutschland seit Anfang 2024 finanzielle Unterstützung – vor diesem Hintergrund ist nicht überraschend, dass die Maschinen, die entweder der Luft, dem Erdreich oder dem Grundwasser Wärme entziehen, hierzulande einen großen Anteil am Energiemix haben. Was im Wohnbereich funktioniert, ist längst auch bei Nichtwohngebäuden als nachhaltige Lösung für die Wärmeversorgung verbreitet. Und es geht noch komplexer, zeigt Johnson Controls.
Während Hausbesitzer, Eigentümer von Mehrfamilienhäusern, Unternehmen verschiedener Größen und Branchen und im Grunde die meisten Betreiber von Nichtwohngebäuden ihre Wärmepumpen in der Regel für die eigene Versorgung mit Heiz- und Warmwasser einsetzen, folgt die Energiewirtschaft einem übergeordneten Ziel: Mit leistungsstarken Großwärmepumpen (GWP, engl. „HicaHP“ = High-Capacity Heat Pumps) wollen Stadtwerke und Energieanbieter verfügbare, natürliche Ressourcen nutzbar machen, um ganze Städte und Kommunen mit grüner Energie zu versorgen.
Großwärmepumpen sind keine Zukunftsmusik mehr
Grundsätzlich entzieht eine Wärmepumpe ihrer Umgebung Wärmeenergie und intensiviert diese mithilfe weiterer Energiequellen wie Strom oder Gas, um die Wunschtemperatur zu erreichen. Für die Wärmegewinnung bedienen sich Großwärmepumpen natürlicher Energiequellen, die verfügbar sind und andernfalls ungenutzt verloren gehen würden – wie Meer-, Fluss- und Seewasser, Abwasser, Sonnenenergie, Biomasse oder Erdwärme. Bereits realisierbar und zukunftssicher ist ebenso die Einbindung unvermeidbarer Abwärme aus Industrieprozessen und Rechenzentren.
Ob aus Luft, Erdreich, Wasser oder vorgelagerten Industrieprozessen: Unabhängig von der Quelle, lassen sich Großwärmepumpen lokal betreiben. Das steigert die regionale Wertschöpfung und fördert die Energieautonomie von Gemeinden und Städten. Anlagen können in städtische Fernwärmenetze integriert werden, um eine nachhaltige Wärmeversorgung sicherzustellen – dies unterstützt die Entwicklung energieeffizienter und klimafreundlicher Städte. In urbanen Gebieten können Großwärmepumpen darüber hinaus in Quartierslösungen eingesetzt werden, um die Wärmeversorgung von ganzen Vierteln zu gewährleisten.
Viele Referenzen aus der Energiebranche
Mit der Marke Sabroe ist Johnson Controls weltweiter Marktführer für Großwärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln. Die Experten begleiten Energieunternehmen bei der Wärmetransformation partnerschaftlich mit Lösungen, die den gesamten Lebenszyklus betreffen – von der Entwicklung erster Machbarkeitsstudien über die Planungsphase und Realisierung bis hin zu Services und Wartungen im Nachhinein. Auch bei der Finanzierung unterstützt der Hersteller.
Zahlreiche Unternehmen aus dem Energiesektor haben sich bereits für Großwärmepumpen von Johnson Controls entschieden, darunter die Stadtwerke Neustadt in Holstein, die Hamburger Energiewerke mit HAMBURG WASSER, die EnBW Stuttgart und die Stadtwerke Rosenheim.
Die Stadtwerke Heidelberg realisierten zudem ein iKWK-Projekt mit drei Sabroe DualPAC Großwärmepumpen („iKWK“ = innovative Kraft-Wärme-Kopplung). Dort wird die Außenluft als Energiequelle für die kommunale Wärmeversorgung eingesetzt: Modular kombiniert die Anlage drei zweistufige Wasser-Wasser-Maschinen mit drehzahlgeregelten Kolbenverdichtern der DualPAC-Reihe mit drei Blockheizkraftwerken (BHKW). Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme im August 2023 handelte es sich dabei um die größte luftgekühlte Wärmepumpenanlage in Deutschland.
Inbetriebnahme diesen Sommer: Stadtwerke Gotha
Mit ihrer beeindruckenden Heizleistung von bis zu 1.300 kW ist die Wasser-Wasser-Wärmepumpe Sabroe DualPAC ideal für eine großflächige Versorgung etwa von Wohngebieten oder städtischen Einrichtungen mit Fernwärme. Darum haben sich jüngst auch die Stadtwerke Gotha dafür entschieden, die DualPAC zum Herzstück ihrer hochmodernen iKWK-Anlage im Stadtteil Siebleben zu machen. Wie in Heidelberg greift die Großwärmepumpe auch in Gotha auf die Umgebungsluft als erneuerbare Energiequelle zurück, speist die gewonnene Wärme in das örtliche Fernwärmenetz ein und versorgt darüber ab Mai rund 400 Wohneinheiten. Durch den Verzicht auf fossile Energieträger sollen in Zukunft jährlich über 230 t CO₂ eingespart werden.
Für die Stadtwerke Gotha hat Johnson Controls die DualPAC im Werk in Aarhus in Dänemark angefertigt. Sie kombiniert die bewährten Technologien der Kältemaschinenserie ChillPAC und der Wärmepumpenserie HeatPAC und nutzt auf Quellenseite ein Wasser-Glykolgemisch. Sie arbeitet mit einem zweistufigen Kompressionssystem, bei dem kein effizienzmindernder Zwischen-Wärmeübertrager verbaut ist, sondern lediglich ein Mitteldruckbehälter. Darum benötigt die moderne Großwärmepumpe mit 115 kg wenig Kältemittel. Sie verwendet das natürliche Kältemittel Ammoniak, das nicht der F-Gas-Verordnung unterliegt und uneingeschränkt zukunftsfähig ist.
Mit ihrem COP (Coefficient of Performance) von 2,6 bei 88 K Temperaturdifferenz zwischen Kaltsoleaustrittstemperatur (2 °C) und Warmwasseraustrittstemperatur (90 °C) bietet die Sabroe DualPAC einen hohen Wirkungsgrad, was zu niedrigen Betriebskosten führt und die CO2-Belastung gering hält. Die Großwärmepumpe ist mit 7 m Länge, 3 m Breite, 2,6 m Höhe und einem Gewicht von rund 17 t außerdem äußerst kompakt.
Die kalte Sole wird über drei Wärmekollektoren der Firma Güntner um 4 K angehoben – diese Kollektoren sind jeweils 11,73 Meter lang, 2,40 Meter breit und 2,85 Meter hoch. Sie entziehen der Luft die Wärme, die der Wärmepumpe somit als Wärmequelle dient.
Neben der Großwärmepumpe und den Wärmekollektoren gehören in Gotha auch ein Blockheizkraftwerk sowie ein Elektrodenkessel (Power-to-Heat) zur iKWK-Anlage. Das bietet den Stadtwerken zusätzliche Flexibilität bei der Fahrweise ihrer Wärmeerzeugungsanlage.
Integrierte Modulsteuerung für maximale Effizienz
Das Besondere an dem Projekt in Gotha: Johnson Controls hat eine übergeordnete Wärmepumpenmodulsteuerung (HPMC = „Heat Pump Module Control“) entworfen und eigens programmiert, die mit den zugehörigen Ventilen, Pumpen und weiterer MSR-Technik des Kunden gekoppelt wurde. Darüber steuern die Stadtwerke Gotha ihre Luft-Wärmeübertrager genauso wie die Lüftung, die Sicherheitswarnanlagen und die Brandschutzvorrichtungen im Maschinenraum. Dass die verschiedenen Elemente nahtlos integriert sind, steigert maßgeblich die Effizienz der Gesamtanlage, denn dank der präzisen Abstimmung der einzelnen Komponenten kann die Anlage flexibel auf sich ändernde Lastanforderungen reagieren. Auch wird Ausfällen vorgebeugt, weil die umfassende Automatisierung den manuellen Eingriff minimiert und Fehlerpotenziale reduziert.
Die Modulsteuerung, die in Gotha in der Größe „Medium“ im Einsatz ist, ist intuitiv, schnell und verlässlich bedienbar. Über automatisierte Sollwertvorgaben für Temperatur und Druck lässt sich zum Beispiel darüber sicherstellen, dass die Großwärmepumpe stets im optimalen Bereich arbeitet. Auch erlaubt die Steuerung eine flexible und einfache Anbindung an andere Systeme der Gebäudeleittechnik, etwa über ProfiNET-Schnittstellen.
Ähnliche Steuerungskonzepte kommen bereits bei weiteren Kunden zum Einsatz. Einen vergleichbaren Schaltschrank mit übergeordneter Modulsteuerung haben die Stadtwerke Löbau implementiert: In der Größe „Small“ wiegt ihre HPMC-Steuerung rund 350 kg, Abmessungen: 800 x 2200 x 400 mm. Johnson Controls hat diese Auslegung speziell für kompakte Wärmepumpenanlagen entwickelt und mit clever integrierten Sicherheitsmechanismen ausgestattet, darunter ein dreistufiges Gaswarnsystem.
Kommen die Modulsteuerungen innerhalb der Energiewirtschaft oft in den Größen „Small“ und „Medium“ zum Einsatz, können sie in „Large“ auch hochkomplexe Produktionsprozesse etwa in der Industrie optimieren, wo Großwärmepumpen die Abwärme von Produktionsprozessen nutzen, um zur Dekarbonisierung der Unternehmen beizutragen. Für eine noch effizientere Wärmeübertragung kann eine HPMC-Modulsteuerung in „Large“ beispielsweise die Hydraulik automatisieren oder dank einer mehrstufigen Regelstrategie bewirken, dass sich die Gesamtanlage flexibel an Lastschwankungen anpasst, um so eine kontinuierliche Wärmezufuhr zu sichern. Auch können die Quellen- und Warmwasserseite automatisiert überwacht werden, was den Wirkungsgrad maximiert.
Besonders effizient ist die Kombination von Großwärmepumpen mit HPMC-Steuerungen auch im Bereich der Sektorenkopplung. Werden Großwärmepumpen mit weiteren erneuerbaren Energien wie Photovoltaik oder Windkraft integriert, kann regenerativer Strom dank der automatisierten Steuerung noch effizienter für die Wärmeerzeugung eingesetzt werden. So lassen sich zum Beispiel auch in der Stromerzeugung optimal Schwankungen ausgleichen – für eine maximal stabile und nachhaltige Energieversorgung mit grüner Wärme.
Ein praktischer Vorteil der intelligenten Modulsteuerungen ist darüber hinaus, dass sie die Inbetriebnahme einer Anlage häufig erheblich vereinfachen. So musste der Anlagenbauer bei dem Projekt in Gotha vor Ort nur noch die Verrohrung und die elektrische Anbindung anpassen.
Fazit
Die Energiewirtschaftsbranche muss sich unabhängig von fossilen Energieträgern machen – bei gleichzeitig verbesserter Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit. Großwärmepumpen können auf natürliche und verfügbare Ressourcen als Wärmequellen zurückgreifen und sind darum für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung unverzichtbar.
Wird eine Großwärmepumpen-Anlage mitsamt ihrer ganzen Peripherie zusätzlich über eine maßgeschneiderten HPMC-Modulsteuerung integriert, lässt sich ihre Effizienz weiter steigern. Ob in Small, Medium oder Large: Die Steuerungssysteme von Johnson Controls sind darauf ausgelegt, den Betrieb von Großwärmepumpen wie der DualPAC möglichst wirtschaftlich und sicher zu machen – und ihn zugleich so einfach wie möglich zu gestalten, denn gerade die korrekte Ansteuerung ist in vielen Projekten eine Herausforderung für die Betreiber.
Projekt in Gotha
Die Auslegungsdaten der Sabroe DualPAC Großwärmepumpe:
· Heizleistung: 1.300 kW
· Elektrische Leistungsaufnahme der Wärmepumpe: 489 kW (ohne Nebenaggregate)
· COP: 2,6
· Leistungsregelung: Niederdruckstufe und Hochdruckstufe über Drehzahlregelung
· Kältemittel: R717 (= Ammoniak)
· Kältemittelmenge: 115 kg
· Soletemperatur Quelle: 6/2 °C mit 34 % MEG
· Wassertemperatur Senke: 90/70 °C
· Spannungsversorgung mit doppelter Einspeisung: 2 x 400/3/50+N V/Ph/Hz
· Bewegter Luftvolumenstrom zur Erzeugung der Quellenleistung: 523.170 m3/h