Internationale Fachkräfte­gewinnung erfolgreich gestalten

Anwerbung ausländischer Mechatroniker für Kältetechnik – mögliche Lösungsvorschläge

Der Fachkräftemangel ist jedem Unternehmen bekannt - und betrifft Betriebe sowohl in West- als auch in Ostdeutschland. Besonders in spezialisierten Bereichen wie der Kälte- und Klimatechnik fehlen qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Doch gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist der Weg zu internationalen Fachkräften mit hohen Hürden verbunden: Bürokratie, Kosten, Sprachbarrieren und Unsicherheit auf beiden Seiten erschweren den Einstieg. Aber: Es gibt Lösungen – wenn man den Prozess ganzheitlich denkt. Der Beitrag zeigt in vier Schritten, wie Fachkräftegewinnung aus dem Ausland erfolgreich gelingen kann.

Schritt 1:
Arbeitgeberattraktivität sichtbar machen – auch international

Für kleine und mittlere Betriebe gestaltet sich die Fachkräftegewinnung aus dem Ausland herausfordernd. Internationale Fachkräfte entscheiden sich nicht nur für einen Job, sondern auch für ein Lebensmodell. Wer als KMU im Ausland sichtbar werden will, braucht mehr als nur eine ausgeschriebene Stelle. Es geht um gezieltes Arbeitgebermarketing, bspw. in der Außenwahrnehmung. Wie präsentiert sich der Betrieb für die zukünftigen ausländischen Fachkräfte? Könnte es Kommunikationswege geben, die gerade ausländische und weibliche, ausländische Fachkräfte ansprechen? Sind gerade deutsche Betriebe eine Chance für weibliches Fachpersonal aus dem Ausland? Wissen ausländische Fachkräfte um die Errungenschaften des deutschen Mittelstandes? Gerade ostdeutsche Handwerksbetriebe bieten oft starke Strukturen, hohe Qualität und stabile Arbeitsplätze – doch diese Vorteile sind im Ausland kaum bekannt.

Auch die Sprache spielt eine wichtige Rolle: Wie gestaltet sich der Personalgewinnungsprozess? Gibt es Handlungsmöglichkeiten für Betriebe, das bekannte Sprachproblem im Vorfeld und während des Bewerbungsprozesses zu lösen? Kann der Betrieb das „Sprachproblem“ in ein „Arbeitgeber-Plus“ umwandeln, indem er interne und externe Verbundlösungen entwickelt oder gar KI-Lösungen anbietet? Sprechen Betrieb und zukünftiger Arbeitnehmer „eine gemeinsame Techniksprache”? Kommuniziert der Betrieb seine Erfolgsprojekte auch wahrnehmbar nach außen? Gibt es im Betrieb ein “Imagepotential”, das bislang noch unerkannt geblieben ist? Die Erfahrung zeigt: In vielen Fällen hebt eine gezielte Kommunikation die Anziehungskraft eines Betriebes an und entwickelt so eine hohe Attraktivität für Bewerber. Kurz gesagt: Was „Google“ kann, kann ein deutscher Handwerker schon lange.

Schritt 2:
Fachkräftegewinnung als Prozess – nicht als Produkt

Wer eine internationale Fachkraft gewinnen möchte, braucht Zeit, Geduld – und Partner. Vermittlungsagenturen und Relocation-Dienstleister können gezielt dabei helfen, geeignete Bewerber und Bewerberinnen weltweit zu finden. Doch: Eine erfolgreiche Fachkraft fällt nicht einfach fertig vom Himmel. Hier zeigt sich, wie ernst es einem Unternehmen mit seiner internationalen Offenheit ist. Wenn Sie wirklich überzeugen wollen, sollten Sie:

Vorstellungsgespräche online anbieten (Übersetzer hinzuziehen, wenn nötig).

Fachkräften Zeit geben, das Unternehmen kennenzulernen und zu verstehen.

Sich selbst auf das Vorstellungsgespräch vorbereiten – z. B. durch interkulturelle Sensibilisierung, um Misskommunikation zu vermeiden.

Den Aufbau der Fachkräfte aktiv unterstützen, z. B. durch Deutschkurse im Herkunftsland.

Sich auf mögliche Nachqualifizierungen in Deutschland einstellen.

Den Relocation-Prozess unterstützen.

Den Bewerbungsprozess mit einem Onbordingprozess verknüpfen.

Gerade für KMU, deren Personaldecke oft ohnehin angespannt ist, lohnt es sich, Aufgaben an erfahrene Dienstleister auszulagern und gemeinsam mit den Partnern belastbare und reproduzierbare Prozesse im Unternehmen zu verankern. Viele Vermittlungsagenturen und Relocation-Dienstleister bieten modulare Angebote, die bezahlbar und bedarfsorientiert sind. Das Ergebnis: Der Prozess wird professioneller, planbarer und nachhaltiger. Sind die Prozesse erst einmal etabliert, verläuft eine zweite Runde der Rekrutierung im Ausland deutlich reibungsloser, oft schneller – und eröffnet zudem neue Perspektiven.

Schritt 3:
Relocation – Bürokratie nicht allein bewältigen

Nach der erfolgreichen Auswahl beginnt die eigentliche Herausforderung: Der Umzug nach Deutschland. Visum, Anerkennung von Berufsabschlüssen, Wohnungssuche, Versicherungen – das deutsche Verwaltungssystem ist für viele Neuankömmlinge ein schwer durchschaubarer Dschungel. Der Relocation Prozess muss deshalb als Teil der Fachkräftegewinnung betrachtet werden. Da die einzelnen Schritte zeitintensiv sind und einiges an Know-how voraussetzen, ist hier der richtige Partner wichtig. Ein professioneller Relocation-Service kann den entscheidenden Unterschied machen:

Koordination von Visumsverfahren und Anerkennungsverfahren.

Begleitung bei Behördengängen und Formalitäten.

Netzwerke zu Ausländerbehörden, Anerkennungsstellen.

Der Visa- und Einreiseprozess verliert so an Schrecken und Unsicherheiten werden reduziert – für Fachkraft und Betrieb. Gleichzeitig gewinnen alle Beteiligten Zeit und Nerven.

Schritt 4:
Der Einarbeitungsprozess oder Onboarding

Die Personalgewinnung endet nicht mit der Vertragsunterzeichnung. Das Onboarding internationaler Fachkräfte ist ein ganzheitlicher Prozess, der sowohl den Einstieg im Betrieb als auch die Ankunft im neuen Land begleitet und weit mehr umfasst als die fachliche Einarbeitung am neuen Arbeitsplatz. Das Ziel ist es, die neuen Mitarbeitenden nicht nur fachlich, sondern auch sozial und kulturell erfolgreich zu integrieren – und damit langfristig zu binden.

1.Onboarding im Betrieb: ­Strukturiert, unterstützend, wertschätzend

Der erste Arbeitstag ist oft mit vielen offenen Fragen verbunden – besonders für internationale Fachkräfte. Umso wichtiger ist eine strukturierte und empathische Einarbeitung:

Klare Einarbeitungspläne und Zuständigkeiten schaffen Orientierung.

Mentoren oder Paten aus dem Kollegium helfen beim Ankommen.

Sprachliche Unterstützung.

Kulturelle Sensibilität im Team verhindert Missverständnisse (Schulung des Bestandspersonals).

Transparente Kommunikation, z. B. über Erwartungen, Arbeitsabläufe und Rechte, kulturelle Verhaltensregeln.

2.Onboarding im neuen ­Lebensumfeld: Willkommen heißen, begleiten, vernetzen

Für internationale Fachkräfte bedeutet der Jobwechsel auch einen vollständigen Neustart im Leben – in einem neuen Land, in einer fremden Sprache, mit neuen Alltagsstrukturen. Ein gelungenes Onboarding bezieht deshalb auch das private Umfeld mit ein:

Hilfe bei der Wohnungssuche.

Hilfe bei Behördengängen und Krankenversicherung.

Begleitung bei der Anmeldung, Kontoeröffnung.

Einschulung von Kindern.

Angebote zum Deutschlernen.

Vernetzung mit lokalen Angeboten, wie Sportvereinen, Kulturveranstaltungen oder Beratungsstellen.

Austausch mit anderen internationalen Fachkräften.

Besonders im ländlichen Raum ist es wichtig, dass Betriebe aktiv zur sozialen Integration beitragen – etwa durch Freizeitaktivitäten, Firmenveranstaltungen oder Kooperationen mit lokalen Initiativen. Je nach Betriebsstandort können die Betriebe auf staatliche Hilfestellungen zurückgreifen. Beratungsstellen informieren auch kostenlos über Freizeitangebote oder stellen Kontakten zu anderen ausländischen Fachkräften her.

Fazit

Internationale Teams bringen Vielfalt – und Herausforderungen. Wer langfristig erfolgreich sein will, sollte auf interkulturelle Begleitung setzen: Trainings, regelmäßiger Austausch und offene Kommunikationskultur helfen, Konflikte zu vermeiden und Vertrauen aufzubauen. Denn die internationale Fachkräftegewinnung ist machbar – wenn sie ganzheitlich gedacht wird. Wer als kleiner oder mittlerer Betrieb auf klare Kommunikation, gute Vorbereitung und verlässliche Partner setzt, kann qualifizierte Mitarbeitende aus dem Ausland erfolgreich gewinnen – und dauerhaft an den Betrieb binden.

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