Optimierte Verdichter für Supermarktanwendungen

Klimaveränderungen und begrenzte fossile Energieressourcen erfordern einen effizienteren Umgang mit Energie. Kältemittel und damit betriebene Kälte- und Klimaanlagen stehen dabei in zweifacher Hinsicht im Brennpunkt der Betrachtung. Zum einen haben die heute häufig eingesetzten Kältemittel einen direkten Einfluss auf den weltweiten Treibhauseffekt, wenn sie unkontrolliert in die Atmosphäre entweichen. Zum anderen hat die Wahl des Kältemittels einen wesentlichen Einfluss auf den Energiebedarf einer Kälteanlage und den damit verbundenen CO2-Austoß. Ein entsprechendes Lösungskonzept können z.B. Hybridlösungen darstellen.

Kälte- und Klimaanlagen können einen Beitrag zur Entschärfung der Lage bei der Klimaveränderung leisten. Auch bei der Steigerung der Energieeffizienz – und somit der Schonung von Energieressourcen – besitzen die Anlagen noch Verbesserungspotential. Ein entscheidender Faktor jeweils: das Kältemittel. Als Werkzeug zur ökologischen Bewertung eines Kältesys­tems hat sich die TEWI-Betrachtung etabliert, die alle Einflüsse durch die Kälteanlage auf die Umwelt bewertet. Berechnungen führen zum Ergebnis, dass Anlagen, die im Normalkühlbereich mit einem Kältemittel mit relativ kleinem GWP-Wert (z.B. R134a) betrieben werden, gegenüber der heute noch weit verbreiteten R404A-Lösung einen wesentlich günstigeren TEWI-Wert ergeben können.

Ziel ist es, diese Anlagensysteme weiter zu optimieren, um diesen Wert weiter reduzieren zu können. Wesentlicher Ansatzpunkt hierzu ist, den Energieverbrauch des Verdichters durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren. Dies kann sowohl außerhalb des Verdichters z.B. durch Verringerung des Druckverhältnisses wie auch innerhalb z.B. durch Verbesserung des Gütegrades erfolgen.

Für den Tiefkühlbereich zeichnet sich ein Trend zu CO2 als Kältemittel ab. Kombiniert mit dem erwähnten Konzept für Normalkühlung ergibt sich eine Lösung, hier als Hybridlösung bezeichnet, die in Mitteleuropa bei Neuinstallationen bereits weit verbreitet ist. Diese Kombination ist im Hinblick auf Ökonomie und Ökologie momentan eine nahezu ideale Lösung, s. Bild1.

Um die Ökoeffizienz solcher Anlagen weiter zu steigern, entwickelt Bitzer (www.bitzer.de) seine Produktpalette zielgerichtet weiter. Während für die Tiefkühlstufe bereits bewährte CO2-Verdichter für subkritische Anwendung zur Verfügung stehen, wurde für die Normalkühlstufe eine energieoptimierte Baureihe entwickelt: die „Bitzer Ecoline“-Baureihe.

Energieeffizienz bei Hubkolbenverdichtern | Bei den Entwicklungsarbeiten wurde besondere Aufmerksamkeit auf folgende Punkte gerichtet:

n Betrieb mit geringen Druckverhältnissen – auf Jahresleistungszahl optimierter Verdichter,

n sicherer und zuverlässiger Verdichterbetrieb, besonders im Hinblick auf den Einsatz bei reduzierten Verflüssigungstemperaturen unter Berücksichtigung von jahrelang bewährten Konstruktionsmerkmalen,

n breiter Verdichter-Einsatzbereich hinsichtlich auftretender Verflüssigungstemperaturen – Grenzwert im Sommer,

n hoher Motorwirkungsgrad über die komplette Bandbreite des Verdichter-Einsatzbereiches.

Reduzierung interner Druckverluste | Typischerweise übernehmen in mittleren bis großen Supermärkten Verbundanlagen für Normal- und Tiefkühlung mit je drei bis fünf Verdichtern die Kälteversorgung der Kühlstellen. Direktverdampfungssysteme haben sich zumindest in Deutschland etabliert. Beim Hybridsystem wird die TK-Stufe als CO2-Kaskadenstufe aufgebaut. Eine vereinfachte Prinzipschaltung ist in Bild 2 dargestellt.

Die Leistungsanpassung erfolgt grundsätzlich durch Zu- und Abschaltung von Verdichtern; zur feineren Regelung können zusätzlich Zylinderkopfabschaltung oder Drehzahlregelung mittels Frequenzumformern zum Einsatz kommen. Zum Erreichen eines geringen Anlagen-Energieverbrauches ist der Betrieb mit weit abgesenkter Verflüssigungstemperatur eine wesentliche Voraussetzung. An Hand eines Beispiels lässt sich diese Anforderung gut verdeutlichen: Bezogen auf das Kältemittel R134a und eine Verdampfungstemperatur von to = -7 °C; toh = +20 °C bedeutet eine Absenkung der Verflüssigungstemperatur von +40 auf +20 °C eine Erhöhung der Verdichter-Kälteleistung um ca. 27 %, gleichzeitig fällt die erforderliche Antriebsleistung um 20 %. Daraus ergibt sich eine Steigerung der Verdichter-Leistungszahl um ca. 59 %. Die hier aufgezeigte Leistungssteigerung des Verdichters in diesem Betriebspunkt resultiert einerseits aus der größeren zur Verfügung stehenden Enthalpiedifferenz. Andererseits erreicht der Verdichter bei kleineren Druckverhältnissen einen höheren Liefergrad, der umlaufende Kältemittelmassenstrom im Verdichter erhöht sich hierdurch um ca. 8 %. Durch das Absenken der Verflüssigungstemperatur von +40 auf +20 °C vergrößert sich des Weiteren das spezifische Volumen des Kältemittels auf der HD-Seite der Anlage um rund 73 %. Auf der Hochdruckseite des Verdichters ergibt sich somit eine Erhöhung des Volumenstroms um 87 % gegenüber dem Betrieb bei +40 °C Verflüssigungstemperatur. Der ND-Volumenstrom erhöht sich dagegen nur um 8 %, resultierend aus dem bereits erwähnten höheren Liefergrad bzw. Massenstrom.

Zu beachten ist dabei, dass sich der Verlauf des Druckabfalls quadratisch über dem Volumenstrom verhält.

∆p ~ ρ * V2/2⇥(1)

∆p = Druckabfall in Pa

ρ = Dichte des Fluides (kg/m³)

V = Volumenstrom des Fluides (m³/h)

Für das oben aufgeführte Beispiel ist bei einer Erhöhung des HD-Volumenstromes um 87 % ein Anstieg des Druckabfalls auf das Doppelte zu erwarten.

Diese Betrachtung verdeutlicht, dass der Verdichteroptimierung vornehmlich auf der HD-Seite, mit Ventilplatte, Zylinderkopf, Gehäusekanälen und Absperrventil große Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, um einen hohen COP bei abgesenkter Verflüssigungstemperatur optimal umsetzen zu können. Im Zuge der Optimierungsmaßnahmen für die neuen Hubkolbenbaureihe „Bitzer Ecoline“ wurden folgende Designfeatures am Verdichter im Hinblick auf einen minimalen Druckabfall weiterentwickelt:

n Angepasste Ventilplattenkonstruktion: Die Arbeitsventile wurden gezielt für den hohen Volumenstrom bei den überwiegend auftretenden geringen Druckverhältnissen ausgelegt. Im Hinblick auf eine Vermeidung von Einschnürungen im Ventilbereich wurden die Saug- und Druckventile, die Querschnitte der Ventilöffnungen angepasst und entsprechend angeordnet. Andererseits wurde auf eine hohe Standzeit der Ventilkonstruktion geachtet. Das Optimum dieser beiden Anforderungen war mit einem sehr hohen Entwicklungs- und Versuchsaufwand erreichbar.

n Größere Strömungsquerschnitte im Verdichtergehäuse: Im Fokus stand aufgrund o.g. Sachverhaltes die HD-Seite. Es wurden jedoch auch die Druckverluste der Saugseite des Verdichters mit Absperrventil, Antriebsmotor und die saugseitige Situation an der Ventilplatte in den Optimierungsprozess mit einbezogen.

Optimierung des Antriebsmotors | Bei neu geplanten Kälteanlagen im Supermarktbereich sind künftig über das Jahr gesehen durchschnittlich tiefere Verflüssigungstemperaturen zu erwarten. Dies ist das Resultat des zuvor Beschriebenen und wird durch technische Weiterentwicklungen erleichtert, wie z.B. den Einsatz elektronischer Expansionsventile. Diese durchaus sinnvolle Betriebsweise führt dazu, dass die Motorauslastung des Verdichters über das Jahr betrachtet stark reduziert sein wird. Dem wird in der neuen Baureihe dadurch Rechnung getragen, dass die eingebauten Motoren auf diese Anforderung spezifisch zugeordnet wurden.

Somit werden bei der damit verbundenen durchschnittlich schwächeren Motorauslastung hohe Motorwirkungsgrade erreicht. Wert gelegt wurde darüber hinaus auf ausreichende Leistungsreserven des Motors. Mit der Standardmotorisierung ist es möglich, die „Bitzer Ecoline“-Verdichter bei Supermarktbedingungen bis 70 Hz übersynchron zu betreiben, s. Bild 4.

Neben dem energetischen Vorteil durch die angepasste Motorleistung fallen in der Regel auch geringere Elektro-Installationskosten durch entsprechend kleinere Komponenten wie Schütze, Frequenzumformer usw. an.

Gesamtergebnisse | Die zuvor beschriebenen und in der neuen „Bitzer Ecoline“-Baureihe umgesetzten Maßnahmen führen zu deutlich höheren Jahresleistungszahlen. Die erzielten Ergebnisse und deren Auswirkung lassen sich prinzipiell in zwei Bereiche aufteilen:

n Erweiterung des zulässigen Einsatzbereiches hin zu kleineren Druckverhältnissen,

n an das Kälte-System angepasste Konstruktionsmerkmale für den Verdichter hinsichtlich des damit auftretenden höheren Volumenstroms.

Der Hauptanteil rührt aus der Möglichkeit der Betriebsweise mit tieferVerflüssigungstemperatur. Nachfolgend wird dies an einem praxisnahen Beispiel dargestellt.

Ergebnisse durch Erweiterung des Einsatzbereiches | Vergleicht man hierzu einen Punkt auf der jeweiligen Einsatzgrenze bisheriger R134a-Verdichter und der „Ecoline“-Verdichterbaureihe, s. Bild 6, stellt sich die Situation wie folgt dar:

Kältemittel R134a, to=-10 °C; toh=20 °C, tcu=0 K

n Einsatzgrenze bisherigen Baureihe:

tcmin = +20 °C -> COP = 4,1

n Einsatzgrenze „Bitzer Ecoline“-Baureihe bei to = -10 °C:

tcmin = +15 °C -> COP = 5,5

Für diesen Betriebspunkt stellt das eine Verbesserung der Verdichter-Leistungszahl von ca. 34 % dar.

Ausgehend von einer Temperaturdifferenz im luftgekühlten Verflüssiger von 10 K entspricht die im Beispiel aufgeführte Verflüssigungstemperatur von +15 °C einer Umgebungstemperatur von +5 °C. Für den Standort Berlin liegt der Stundenanteil für den Temperaturbereich < +5 °C bei ca. 42 % (Wert für das Jahr 2003). Dies bedeutet, dass die Verdichter zum großen Teil im optimierten Bereich laufen. Somit trägt dieser Anteil ganz entscheidend zur Verbesserung der Jahresleistungszahl bei.

Ergebnisse durch konstruktive Änderungen am Verdichter | In diesem Bereich stellte sich heraus, dass die relative Größe des Optimierungserfolges im Wesentlichen vom Wirkungsgrad des Vorgängermodells abhängt. Hier ist es gelungen, speziell auf den für den energiesparenden Einsatzbereich hin zu optimieren.

Zur Darstellung der Ergebnisse dient das Diagramm, Bild 7.

Als Beispiel sei hier der Betriebspunkt t0 = -10 °C / tc = +30 °C, R134a angeführt. Die Steigerung der Verdichter-Leistungszahl liegt in diesem Punkt bei rund 14 %, siehe durchgehenden Pfeil im Diagramm. Deutlich höher liegt der COP-Gewinn mit rund 32 % bei einer Verflüssigungstemperatur von +15 °C.

Bewertung der Ergebnisse | Zur Bewertung der erzielten Ergebnisse wird der zu erwartende Jahresenergieverbrauch unter Berücksichtigung der Summenhäufigkeit der Außentemperaturen und der daraus resultierenden Verflüssigungstemperatur ermittelt. Diese Werte fließen anschließend in eine TEWI-Betrachtung ein. Als Referenz dient hier eine Anlage mit Kältemittel R404A im TK- wie auch im NK-Bereich. Von den in Tabelle 1 angegebenen Annahmen sind wir ausgegangen:

Der zu erwartende Jahresenergieverbrauch wurde unter Berücksichtigung der Summenhäufigkeiten der Außentemperaturen für Karlsruhe errechnet. Die Außentemperatur hat bei der Hybrid-Anlage ausschließlich Einfluss auf den Energieverbrauch der Normalkühlung, die Tiefkühlung gibt ihre Wärme bei konstantem tc ab.

Gemäß der Formel (2) wurde der TEWI-Wert ermittelt. Das Ergebnis der Berechnung wird im Bild 8 graphisch darge-­
stellt.

TEWI = (GWP x L x n) + (GWP x m (1- α)) + (n x E x ß)⇥(2)

Größter Anteil an der TEWI-Reduktion ist dem Wechsel des Kältemittels von R404A (GWP 3780) zu R134a (GWP 1300) zuzuschreiben. Darüber hinaus ist durch die verringerte System-Drucklage bei R134a die Leckagerate entsprechend gering. Auffallend ist, welchen Stellenwert der Energiebedarf der Anlage durch den Kältemittelwechsel bei der TEWI-Betrachtung erreicht. Der Anteil von 70 % bei der R404A-Anlage steigt auf rund 96 % beim Hybrid-System. Dies macht nochmals deutlich, wie wichtig der Einsatz energieeffizienter Verdichter ist, um den ­TEWI-Wert weiter reduzieren zu können.

Die „Bitzer Ecoline“-Baureihe wurde mit einer auf die Gewerbekälte abgestimmten Modellpalette entwickelt, s. Bild 9.

Erste Märkte mit „Bitzer Ecoline“-Verdichtern laufen seit Mitte September 2009 in Feldversuchen erwartungsgemäß unpro­blematisch. Die bisherigen Erfahrungen sind durchweg positiv und lassen ein entsprechendes Ergebnis im Hinblick auf eine gute Jahresleistungszahl erwarten.

Zusammenfassung | Verschiedene Studien haben ergeben, dass im Bereich der Supermarktkälte die CO2/R134a-Hybridlösung momentan im Hinblick auf die Ökoeffizienz die beste Lösung darstellt. Die­se Anlagentechnik stellt ein Optimum im Hinblick auf Ökonomie (Lebenszykluskosten der Anlage) und Ökologie (niederer TEWI-Wert) dar. Durch die Wahl des Kältemittels R134a mit seinem relativ günstigen GWP und seiner vorteilhaften Eigenschaft der niederen Drucklage wird bei der TEWI-Betrachtung der Anteil der direkten Emissionen von vorne herein reduziert. Eine weitere Optimierung dieser Hybridsysteme ist durch die neue „Bitzer Ecoline“-Baureihe realisierbar. Diese Baureihe für den NK-Bereich erfüllt mit ihren spezifischen Konstruktionsmerkmalen die Anforderungen an einen Verdichter, um energieeffiziente Anlagensysteme auszuführen. Als Ergebnis der auf Verdichterseite umgesetzten Maßnahmen wird, bei entsprechendem System-Design, eine Verbesserung der Jahresleistungszahl von bis zu 20 % gegenüber der jetzigen Baureihe erreicht. Ein CO2 / R134a-Hybridsystem stellt momentan die ökoeffizienteste Methode zur Kälteerzeugung im Bereich der Gewerbekälte da. Neben den bereits beschriebenen Vorteilen kommen die einfache Anwendung, die sofortige Verfügbarkeit dieser Systeme und das durch den Kälteanlagenbau realisierbare, flächendeckende Servicenetz hinzu.

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