Wärme aus dem Grundwasser

Verdichter für die Energiezentrale des Quartiers Champagne in Biel

Mit ihren neuen halbhermetischen „HG“-Verdichtern bietet GEA Bock eine passende Lösung für HFO-Kältemittel. Die mit dem Zusatz LG (für Low-GWP) gekennzeichneten Verdichter sind seit Herbst 2020 erhältlich. Ihre Eignung für den Betrieb mit HFO-Kältemitteln haben sie im Feldtest in der Nahwärmezentrale des Bieler Quartiers Champagne bewiesen.

Seit 2008 ist Biel (Schweiz) Energiestadt und hat sich verpflichtet, erneuerbare Energien zu fördern und den Energieverbrauch zu senken. Dazu gehören auch Lösungen für ein klimafreundliches Heizen – wie der Wärmeverbund Champagne, der seit 2018 in Betrieb ist. Die Betreiber, die Energie Service Biel (ESB) und die BKW/AEK Contracting AG (BAC), bieten mit diesem neuen Wärmeverbund eine sehr ökologische Lösung für ein etwa 10 ha großes Gebiet: Die Energie zum Heizen kommt vor allem aus dem Grundwasser, das dort ab etwa 16 m Tiefe reichlich vorhanden ist.

Um die Wärme des Wassers verfügbar zu machen, fließen bis max. 6000 l/min in eine unterirdische Energiezentrale. Dort entziehen zwei Wärmepumpen dem 10 bis 12 °C warmen Wasser thermische Energie und heben die Temperatur auf gut nutzbare 50 bis 63 °C. Dabei kühlt das Wasser max. um 4 K ab, bevor es wieder in den Grund geleitet wird.

Ressourcenschonend und klimafreundlich

„Bei der Auswahl der Wärmepumpen legten die Betreiber sowohl auf einen niedrigen Stromverbrauch als auch auf umwelt- und klimafreundliche Technik Wert“, erklärt Claudio Müller. Er ist Leiter Technik Klima/Kälte bei der CTA AG (Münsingen) und hat zusammen mit seinem Team die Wärmepumpen geplant und installiert. Als Kältemittel wählten sie R1234ze, ein Hydro-Fluor-Olefin (HFO). „Dieses Kältemittel hat ein Ozonabbaupotenzial von 0 und ein niedriges Treibhauspotenzial von 7. Es ist eine klimafreundliche Alternative zu bisher gängigen Kältemitteln wie R134a, mit der wir bei anderen Projekten bereits gute Erfahrungen gemacht haben.“

Damit die Wärmepumpen den größten Teil des Heizbedarfs decken können, bietet jede bis 650 kW Leistung. Das genügt, um vier Fünftel der Wärmemenge bereitzustellen, welche die angeschlossenen Verbraucher im Durchschnitt benötigen. Nur an den kalten Wintertagen deckt ein Erdgaskessel (ca. 1000 kW) die Lastspitzen. Die Wärmepumpen sorgen so für eine Minderung des CO2-Ausstoßes gegenüber dem Heizen mit Erdgas um ca. 620 t/a.

Herzstück sind halbhermetische Bock-Verdichter

Herzstück(e) der Wärmepumpen sind jeweils vier halbhermetische Hubkolben-Verdichter „HG88e“ von GEA Bock aus Frickenhausen. Ausgelegt sind die leistungsstarken Achtzylinder für 4 °C Verdampfungs- und 57 bis 64 °C Verflüssigertemperatur, damit bis zu 63 °C im Nahwärmenetz bereitgestellt werden können. (Höhere Temperaturen bis 75 °C lassen sich durch Einsatz des Erdgaskessels oder durch Nacherhitzen in den versorgten Objekten erreichen – zum Beispiel zum Hygienisieren des jeweiligen Warmwassernetzes mit über 70 °C.)

Die Verdichter wurden von CTA mit Frequenzumformer zur Leistungsanpassung ausgestattet, so dass sie stufenlos vom Teillastbetrieb bis zur Spitzenlast mit hohem Wirkungsgrad eingesetzt werden können. Der COP (Coefficient of Performance) der Wärmepumpen beträgt 3,45, ein sehr guter Wert für diesen Temperaturhub. „Der erzielte Wirkungsgrad bzw. COP entspricht etwa dem einer Wärmepumpe mit konventionellen Kältemitteln, nur dass das hier gewählte Kältemittel ein viel, viel geringeres Treibhauspotenzial hat.“

Optimiert für den Einsatz von HFO-Kältemitteln

Da das Kältemittel die Viskosität des Öls beeinflusst und somit Auswirkung auf die Schmierung hat, haben die Konstrukteure bei Bock das Triebwerk optimiert. Die Maßnahmen verbessern die Notlaufeigenschaften und steigern die Lebensdauer der Verdichter – und sie waren erfolgreich. „Die Verdichter arbeiten von Anfang an störungsfrei und haben – da die Wärmepumpen ja die Grundlast decken – bereits eine hohe Anzahl an Betriebsstunden absolviert“, berichtet Müller. „Natürlich haben wir besonderes Augenmerk auf den Verschleiß des Öls gelegt, um ein Indiz für den Zustand der Verdichter zu haben“, sagt er. „Aber die Ölbeschaffenheit gab uns nie Grund zur Sorge.“ Um das Öl stets unter Kontrolle zu haben, orderte CTA neben der von GEA Bock empfohlenen Ölsumpfheizung auch eine Öldruck- und Öltemperaturüberwachung.

Low-GWP-Verdichter sind reif für die Markteinführung

Für GEA Bock war der erfolgreiche Feldtest der modifizierten, halbhermetischen Verdichter Anlass, diese seit Herbst 2020 als Serienprodukt anzubieten. Die entsprechenden Modelle der „HG“-Serie tragen am Ende der Typbezeichnung das Kürzel „LG“, das für Low-GWP steht (Kältemittel mit einem GWP unter 150). Vielleicht finden die neuen „HG“-Verdichter bald auch in einer dritten Wärmepumpe in der Energiezentrale des Quartiers Champagne Einsatz. Platz ist bereits vorgesehen, denn in den kommenden Jahren möchten ESB und BAC weitere Nahwärmekunden für ihren Wärmeverbund gewinnen.

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