Mehr gekühlte Waren im Supermarkt

EHI-Studien zum Energieverbrauch im Handel und zur Kältetechnik im Lebensmittelhandel

Das EHI Retail Institute e.V. in Köln veröffentlicht schon seit mehr als zehn Jahren Studien zum Energiemanagement im Einzelhandel. Betrachtet werden hier vor allem die Filialen des Einzelhandels aus den Bereichen Food und Nonfood und deren Verbräuche auf die Verkaufsfläche bezogen. Da die Kältetechnik ein Investitionsschwerpunkt des Lebensmittelhandels ist und bleibt, befragte das EHI die Top-Entscheider der Handelsbranche gezielt auch in Sachen Kältetechnik und fasste die Ergebnisse Ende 2021 in einer gesonderten Studie zusammen. Beide Studien stellen wir nachfolgend mit den wichtigsten Ergebnissen kurz vor.

Der Handel hat mit steigenden Energiekosten zu kämpfen. Erste Händler verkürzen die Öffnungszeiten, reduzieren die Beleuchtung oder heizen weniger, um Energie zu sparen. Ende 2022 sah sich der Handel einer erheblichen Mehrbelastung an gestiegenen Energiepreisen gegenüber und weiterhin sinkende Renditen. „Energieeffizienz und Investitionen in erneuerbare Energien werden auch für den Handel immer drängender und eine ganzheitliche Betrachtung gewinnt an strategischer Relevanz“, so Cathrin Klitzsch, Projektleiterin im EHI-Forschungsbereich Klima + Energie zur EHI-Studie „Energiemanagement im Einzelhandel 2022“ [1], die Ende November letzten Jahres auf dem EHI-Klima- und Energiekongress in Köln vorgestellt wurde. Die Studie zeigt zentrale Energieverbrauchszahlen für den Food- und Nonfood-Handel aus dem Verbrauchsjahr 2021.

Stromverbrauch im Handel weiter rückläufig

Insgesamt ist sowohl im Food- als auch im Nonfood-Sektor eine erneute Senkung des durchschnittlichen Stromverbrauchs zu beobachten. Im Verbrauchsjahr 2021 hat der Food-Bereich 308 kWh pro Quadratmeter Verkaufsfläche an Strom verbraucht (2020: 314 kWh). Im Nonfood-Bereich, der in den ersten Monaten des Jahres 2021 noch corona-bedingt geschlossen war, liegt der Stromverbrauch bei 91 kWh pro Quadratmeter Verkaufsfläche (2020: 95 kWh).

Im Food-Bereich verbraucht die Kühlung der Waren mit 46 % den meisten Strom. 21 % entfallen auf die Beleuchtung, 13 % auf Klimatisierung und Lüftung. Unter „Sonstiges“ sind unter anderem Türen, Kassensysteme, Waagen und Fahrtreppen zusammengefasst, die zusammen 20 % ausmachen. Im Nonfood-Bereich macht die Beleuchtung den größten Anteil aus (46 %). Dahinter folgt die Klimatisierung (36 %) und der sonstige Stromverbrauch (18 %).

Handel abhängig von Gas

Auch die Energieverbräuche für Wärme sind sowohl im Nonfood- als auch im Food-Handel zurückgegangen. Im Nonfood-Bereich liegt der Verbrauch nun bei 48 kWh pro Quadratmeter Verkaufsfläche und im Food-Bereich bei 84 kWh. Gas ist dabei der meistgenutzte Energieträger und heizt im Lebensmittelhandel, der auf Abwärme aus Anlagentechnik zurückgreifen kann, 45 % der Verkaufsfläche. Der Nonfood-Handel deckt 68 % seines Wärmebedarfs für das Heizen seiner Flächen mit Gas.

Für das teure Gas gibt es kaum kurzfristigen Ersatz: 35 % der Händler geben an, dass sie ihren Gasbedarf kurzfristig durch keine andere Beheizungsform substituieren können. Weitere 35 % schätzen den Gasbedarf, den sie schnell anderweitig ersetzen können, auf ein bis 20 %. Dagegen können 29 % bis zur Hälfte ihres Bedarfs kurzfristig durch alternative Beheizungsformen ersetzen.

Bedeutung von Kühlflächen wächst

Die Kühlung von Waren in Lebensmittelgeschäften ist Teil der systemrelevanten gesellschaftlichen Funktion der Lebensmittelversorgung. Dabei wächst der Anteil der gekühlten Sortimente an der Gesamtverkaufsfläche, wie die EHI-Studie „Kältetechnik im Lebensmittelhandel 2021“ [2] zeigt.

Schon jetzt werden gekühlte Waren auf durchschnittlich 21 % der Verkaufsfläche im Lebensmittelhandel angeboten. Bei der Aufteilung der Kühlflächen fallen 50 % auf die Pluskühlung, 32 % auf die Minuskühlung und 18 % auf Bedienungstheken zurück. Bei der Planung der Kälteabteilung gibt es zwei wichtige Anforderungen an Kühlmöbel. Priorität genießen bei Händlern vor allem die Energieeffizienz (73,7 %) und die Optik (57,9 %). Dazu spielt für 31,6 % der Befragten die Funktionalität eine wichtige Rolle, schließlich müssen Kundschaft und Mitarbeitende die Kühlmöbel einfach und ohne Probleme bedienen können. Für die Zukunft rechnen nahezu alle befragten Lebensmittelunternehmen mit der Ausweitung gekühlter Sortimente über alle Segmente und Warengruppen hinweg. Als herausragenden Wachstumstreiber sehen sie unverändert eine zunehmende Sortimentsvielfalt.

Große Investitionen in Kältetechnik

Um die Warenkühlung jederzeit funktionsfähig und möglichst krisenresistent betreiben zu können, sind hohe Investitionen erforderlich. Die von den Befragten angegebenen jährlichen Investitionen in Kältetechnik bewegen sich je nach Unternehmensgröße zwischen sechs und 55 Millionen Euro. Die in einem Lebensmittelmarkt verbaute Kältetechnik macht durchschnittlich 40 % an den gesamten Einrichtungskosten aus und verursacht durchschnittlich 48 % des Stromverbrauches, der für den Betrieb eines Marktes anfällt.

Gesucht: Zukunftsfähige Energie­konzepte

Vor dem Hintergrund der Klimakrise besteht eine hohe Investitionsbereitschaft in zukunftsfähige Energiekonzepte. Immer wichtiger werden daher wirtschaftlich realisierbare, nachhaltige und technisch umsetzbare Lösungen, mit denen sich der Handel angesichts dieser Entwicklung von fossilen Energieträgern unabhängiger macht. Zukunftsfähige Energiekonzepte, die besonders forciert werden, sind insbesondere der Photovoltaik-Ausbau und die Nutzung der Wärmepumpentechnik für die Marktbeheizung. Auch der Ausbau integrierter Kältesysteme wird von einigen Händlern als Standard etabliert.

Quellen

[1] „Energiemanagement im Einzelhandel 2022 – Zentrale Energieverbrauchszahlen 2022“

[2] „Kältetechnik im Lebensmittelhandel 2021 – Status quo und Potenziale zukunftsfähiger Kältekonzepte“

Die beiden Studien sind für Mitglieder des EHI kostenlos erhältlich und können ansonsten kostenpflichtig über das EHI bestellt werden: www.ehi.org

Datenbasis „Energiemanagement im Einzelhandel 2022“ [1]:

Die EHI-Studie Energiemanagement im Einzelhandel 2022 zeigt die zentrale Energieverbrauchszahlen aus dem Verbrauchsjahr 2021 sowie die aktuellen Erwartungen an Investitionen und Energiekosten. Hierzu wurde eine Online-Befragung im August 2022 durchgeführt. Die Befragung erfolgte branchenübergreifend in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Insgesamt konnten Daten von 56 Handels­unternehmen mit über 34.000 Filialen ausgewertet werden. Hiermit ist eine Verkaufsfläche von rund 48 Mio. Quadratmetern erfasst. Bei der Anwendung der flächenbezogenen Gewichtung sind dem Food-Handel 62 % und dem Nonfood-Handel 38 % der Verkaufsfläche zuzurechnen. Die Auswertungen basieren jeweils auf gewichteten Durchschnittswerten über alle befragten Unternehmen hinweg. Jedes teilnehmende Unternehmen wurde im Hinblick auf den Energieverbrauch mit dem Anteil seiner Verkaufsfläche an der summierten Gesamtverkaufsfläche gewichtet.

Datenbasis „Kältetechnik im Lebensmittel­handel 2021“ [2]:

Die Studie beruht auf persönlichen Interviews mit den Verantwortlichen für Energiemanagement bzw. Kältetechnik und Ladenbau/Ladenplanung von 22 führenden Lebensmittelunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Drei von 22 Unternehmen waren zwar auskunftsbereit, konnten jedoch aufgrund extern ausgelagerter Kältetechnik-Expertise keine Detailfragen beantworten. Grundsätzliche Erkenntnisse der Studie (z.B. hinsichtlich wachsender gekühlter Sortimente und den Herausforderungen des Fachkräftemangels) konnten auch in diesen Gesprächen bestätigt werden. 19 von 22 Unternehmen waren in der Lage, die Interviewfragen detaillierter zu beantworten. Jedoch variiert auch hier die Anzahl der Antworten je nach Frage. Die Expertengespräche fanden im Zeitraum von Mai bis August 2021 statt.

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