Grauzonen der Firmenwagennutzung

Dienstlich oder privat?

Die Attraktivität, ja Notwendigkeit, der Nutzung von Fahrzeugen ist unverändert. Die wenigsten Menschen wollen auf ein eigenes Fahrzeug verzichten, im ländlichen Raum gibt es kaum alternative Möglichkeiten der Fortbewegung. Beruflich sind Fahrzeuge im Handwerk unverzichtbar, da Leistungen primär beim Kunden erbrachte werden, Vorprodukte, Ersatzteile und Werkzeuge mitgeführt werden. Dass Kosten möglichst als betriebliche, nicht private, Ausgaben deklariert werden und so Steuerersparnisse erzielt werden ist nachvollziehbar. Ein weiterer Vorteil liegt im Vorsteuerabzug, der sämtliche Kosten im Vergleich zu privaten Aufwendungen um 19 % reduziert, soweit man durch seine Ausgangsumsätze zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Allerdings schaut der Fiskus bei der steuerlichen Gestaltung genau hin. Vor allem folgende Grauzonen bedürfen der Klärung.

Service-, Werkstatt- und ­Auslieferungsfahrzeuge

Meist werden Service- und Werkstattfahrzeuge als reine Dienstwagen angesetzt und sämtliche Kosten steuerlich geltend gemacht. Die bei PKWs notwendige Aufteilung in private und dienstliche Nutzung erfolgt nicht.

Eine private Nutzung ist nicht beabsichtigt, allerdings werden diese Fahrzeuge nicht selten von Mitarbeitenden mit nach Hause genommen. Vor allem wenn die letzte Arbeitsstelle am Abend und/oder die erste am Morgen von zuhause schneller als vom Arbeitsplatz zu erreichen ist, profitieren Arbeitgeber und Arbeitnehmer von der Zeitersparnis. Spätestens im Falle einer Betriebsprüfung wird jedoch schnell die Frage aufgeworfen, ob diese private „Mitbenutzung“ einen sogenannten „geldwerten Vorteil“ für den Mitarbeiter darstellt, der steuerliche Konsequenzen auslöst.

Service- bzw. Werkstattfahrzeug ohne Privat­nutzung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat 2008 in seinem Urteil (VI R 34/07) festgehalten, dass Service- bzw. Werkstattfahrzeuge im Regel­fall nicht unter die Bewertungsregeln (1 %-Regel) für Dienstfahrzeuge fallen. Der BFH geht dabei davon aus, dass ein Fahrzeug, das nach seiner objektiven Beschaffenheit typischerweise so gut wie ausschließlich nur zur Beförderung von Gütern bestimmt ist, nicht unter die Bewertungsgrundsätze für übliche Dienstfahrzeuge fällt, da ein solches allenfalls gelegentlich und ausnahmsweise für private Zwecke eingesetzt wird.

Das Finanzamt kann sich bei einer Betriebsprüfung deshalb nicht auf den sogenannten Beweis des ersten Anscheins berufen. Maßgebliche Kriterien können die Anzahl der Sitze, das äußere Erscheinungsbild, wie bspw. die Verblendung der hinteren Fenster oder auch die Abtrennung zwischen Lade- und Fahrgastraum oder der Einbau von Werkzeughalterungen und ähnlichem sein. Diese Kriterien schließen eine Privatnutzung nicht generell aus, nur muss das Finanzamt konkret nachweisen, dass es tatsächlich zu einer Privatnutzung gekommen ist.

Insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen können Prüfer mitbekommen, dass Mitarbeiter mit dienstlichen Fahrzeugen morgens den Arbeitsplatz aufsuchen und/oder abends damit nach Hause fahren, womit zumindest ein Hinweis auf die private Nutzung gegeben ist.

Eine weitere Einschränkung hat die Auffassung der ausschließlich dienstlichen Nutzung durch ein Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt (Urteil v. 4.12.2014, Az. 1 K 116/13) und den daran anknüpfenden BFH-Beschluss v. 1.12.2015 (Az. X B 29/15) erfahren. In diesem Fall wurde entschieden, dass eine Privatnutzung eines Werkstattwagens unterstellt werden kann, wenn der betreffende Mitarbeiter kein eigenes Fahrzeug besitzt und so die Vermutung gestützt werden kann, dass dieser auch das Werkstattfahrzeug (regelmäßig) für private Zwecke nutzt.

Um einen solchen Anscheinsbeweis zu entkräften, wenn tatsächlich keine Privatnutzung stattfinden soll, empfiehlt es sich eine Privatnutzung vertraglich generell auszuschließen. Dies sollte im Arbeitsvertrag geregelt sein, damit es nicht zu späteren Missverständnissen, auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt.

Eine Beispielformulierung für den Arbeitsvertrag könnte wie folgt aussehen:

Dem Mitarbeiter wird ein betriebliches Servicefahrzeug ausschließlich zur Ausübung dienstlicher Tätigkeiten überlassen. Eine private Nutzung ist ausdrücklich nicht gestattet. Die Mitnahme des Fahrzeugs zur Wohnung dient lediglich dem Zweck, von dort aus direkt zum nächsten Einsatzort oder zur Betriebsstätte zu gelangen.

Neben einer arbeitsrechtlichen Regelung bietet sich eine tatsächliche Kontrolle an, so dass diese nicht umgangen werden kann. Dies kann z. B. in Form eines Fahrtenbuches geschehen oder mit technischen Möglichkeiten wie dem GPS-Tracking der Firmenfahrzeuge oder ähnlichem.

Ergänzend sollte dokumentiert werden, dass der betroffenen Mitarbeiter ein eigenes Fahrzeug besitzt und der Werkstattwagen, den dieser (gelegentlich) mit nach Hause nimmt, nicht das einzige Fahrzeug im Haushalt ist. Im o. g. Urteil wurde bspw. argumentiert, dass ein Fahrzeug der Mutter genutzt wurde. Dies reichte dem Gericht als Entkräftung der Privatnutzungsvermutung nicht aus. Ist dies tatsächlich der Fall, sollte der Ankauf des ohnehin genutzten Fahrzeugs erwogen werden.

Da Betriebsprüfungen oft erst Jahre nach dem eigentlichen Sachverhalt durchgeführt werden, empfiehlt es sich Fotos des entsprechenden Fahrzeugs bei den Steuerunterlagen aufzubewahren, um später nachweisen zu können, dass es sich ausstattungstechnisch um einen Werkstattwagen gehandelt hat, welcher einer privaten Nutzung nicht gerecht wird.

Weiterhin ist zu beachten, dass zwar Werkstattwagen (in vielen Fällen) nicht unter die pauschale Regelung für die Privatnutzung fallen, die Versteuerung des geldwerten Vorteils für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte davon jedoch separat zu würdigen ist. Wenn der Werkstattwagen zu diesem Zweck tatsächlich regelmäßig genutzt werden darf, müssen 0,03 % des Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer berücksichtigt werden. Ein geldwerter Vorteil ist laut Bundesministerium der Finanzen (BMF) nur dann nicht anzusetzen, „wenn dem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug ausschließlich an den Tagen für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen wird, an denen es erforderlich werden kann, dass er dienstliche Fahrten von der Wohnung aus antritt oder an der Wohnung beendet, z. B. beim Bereitschaftsdienst in Versorgungsunternehmen.“ (BMF-Schreiben v. 3.3.2022). Es gilt es im Einzelfall zu prüfen, inwieweit entsprechende Regelungen vorgenommen werden können.

Beispiel: Bei einem Fahrzeug mit einem Bruttolistenpreis von 30.000 EUR und einer einfachen Strecke zur ersten Tätigkeitsstätte von 25 km ergibt sich ein geldwerter Vorteil von 30.000 * 0,03% * 25 km = 225 Euro, welcher monatlich sowohl dem zu versteuernden Einkommen als auch dem sozialversicherungspflichtigen Einkommen hinzugerechnet wird. Unterstellt wird in diesem Fall eine Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von pauschal 15 Tagen pro Kalendermonat. Bei einer geringeren Nutzung kann auch jede einzelne Fahrt mit 0,002 % vom Bruttolistenpreis pro Entfernungskilometer bewertet werden, was bei weniger als 15 Fahrten pro Monat zu einem günstigeren Ergebnis führt. Allerdings sind in diesem Fall nachvollziehbare Einzelaufzeichnungen des Arbeitnehmers erforderlich, wann er das Fahrzeug entsprechend genutzt hat. Bei nur 10 Fahrten pro Monat würde sich bspw. ein geldwerter Vorteil von nur 150 EUR im obigen Beispiel ergeben.

Eine weitere Möglichkeit, um eine Steuerpflicht zu verhindern ist es, dass dem Mitarbeitenden, der ausschließlich im Außendienst tätig ist, keine erste Tätigkeitsstätte zugeordnet wird. Der Arbeitgeber hat im Steuerrecht vorrangige Zuordnungsmöglichkeiten. Besonders bei Monteuren oder Außendienstmitarbeitern, die häufig wechselnde Einsatzorte haben, ist die Festlegung einer ersten Tätigkeitsstätte oft nicht gegeben, so dass keine Besteuerung vorzunehmen ist. Wenn das Werkstatt- oder Servicefahrzeug mit nach Hause genommen wird, ist dies steuerrechtlich problemlos möglich. Allerdings kann in diesem Fall keine Pendlerpauschale für die Fahrten Wohnung- Arbeitsstätte vom Mitarbeiter steuerlich geltend gemacht werden.

Privatnutzung von Firmenwagen durch Betriebsinhaber

Viele Familien nutzen mehrere Fahrzeuge. Häufig wird dann die Möglichkeit gewählt nur bei einem Fahrzeug eine private und berufliche Nutzung steuerlich anzusetzen und andere Fahrzeuge ausschließlich dienstlich zu nutzen, um damit die Kosten vollständig steuerlich geltend zu machen.

Der Bundesfinanzhof stellt in einem aktuellen Urteil klar, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung das Finanzamt davon ausgehen kann, dass ein Firmenwagen, welcher seiner Art nach typischerweise zum privaten Gebrauch geeignet ist und für Privatfahrten zur Verfügung steht, regelmäßig auch privat genutzt wird. Dieser sog. Anscheinsbeweis kann durch den Steuerpflichtigen mittels eines substanziierten (begründeten) Vortrags erschüttert werden. (BFH Urt. v. 16.1.2025 – III R 34/22).

Einem Einzelunternehmer stand ein auch für Privatfahrten nutzbarer Firmenwagen zur Verfügung, welcher nach der 1 %-Bruttolistenpreisregelung besteuert wurde. Darüber hinaus gehörten dem Kläger mehrere im Privatvermögen gehaltene Fahrzeuge, welche von seinen Kindern genutzt wurden. Zum Betrieb des Klägers gehörte auch ein Pickup, welcher nach Aussage des Klägers ausschließlich betrieblich genutzt wurde. Es wurde kein Fahrtenbuch geführt. Aufgrund des Anscheinsbeweises unterstellte das Finanzamt bei dem Pickup eine Privatnutzung und unterwarf den geldwerten Vorteil der 1 %-Regel. Bei einem Bruttolistenpreis von 45.000 Euro müssten damit 450 Euro monatlich, bzw. 5.400 Euro jährlich versteuert werden.

Der BFH präzisierte in seinem Urteil:

Die Behauptung des Steuerpflichtigen, das Fahrzeug sei seiner Familie für eine Privatnutzung zu groß gewesen, reicht zur Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht aus. Das Fahrzeug hatte ungefähr die Größe eines Kleinbusses und entsprach somit der Größe eines Fahrzeugtyps, der häufig privat genutzt wird. Auch bei sog. Kombinationsfahrzeugen, mit denen wahlweise Güter oder Personen befördert werden, gilt der Anscheinsbeweis, sofern eine Privatnutzung möglich ist.

Auf dem Fahrzeug angebrachte Werbefolien des Betriebs sind unbeachtlich und schließen eine Privatnutzung nicht generell aus.

Dass der Kläger für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz keinen Pkw benötigt, ist irrelevant, ebenso wenig seine Aussage, dass er keine Zeit zur Privatnutzung hätte.

Dass der Firmenwagen während der Öffnungszeiten des Betriebs nicht privat genutzt werden kann, ist unerheblich, da eine Privatnutzung außerhalb der Öffnungszeiten möglich wäre.

Einen stichhaltigen Gegenbeweis gegen den Anscheinsbeweis kann ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch liefern, allerdings ist dies nicht zwingend notwendig, wie der BFH bereits im Vorfeld entschieden hat (BFH-Urteil vom 22.10.2024 - VIII R 12/21). Handschriftliche Fahraufzeichnungen können im Rahmen eines substantiierten Vortragens bereits ausreichen.

Fazit

Die Rechtsprechung zeigt, dass die Privatnutzung von Dienstwagen immer wieder die Finanzgerichte beschäftigt. Um hier nicht im Rahmen einer Betriebsprüfung mit hohen Steuernachforderungen konfrontiert zu werden, empfiehlt es sich bereits im Vorfeld gut dokumentiert die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, so dass es gar nicht erst zu einer Anscheinsvermutung einer Privatnutzung kommt, wenn diese tatsächlich auch nicht stattfindet.

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