Energieeffizienz in Unternehmen

Produkte kühlen und nicht den ganzen Laden

Mit energieeffizienten Systemen kann in der Industrie, in Supermärkten sowie großen Immobilien Energie und Geld gespart werden. Investitionen in die Energieeffizienz sind oftmals bereits nach ein bis drei Jahren amortisiert, und die Energieeinsparungen fließen direkt in die Kasse der Anlagenbetreiber.

Der weltweite Verbrauch von nicht erneuerbaren Energien und Ressourcen hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Zu den negativen Folgen dieser Entwicklung zählen steigende Rohstoffpreise und Umweltprobleme wie die Klimaerwärmung, der Verlust von fruchtbaren Böden, verseuchte Gewässer und Artensterben. Die Menschheit verhält sich heute so, als ob sie eine weitere Erde in Reserve hätte. Dies gilt auch für die Schweiz mit ihrem zu großen ökologischen Fußabdruck, der sich in den letzten 50 Jahren verdoppelt hat. Besonders im Energiebereich stehen wir vor einem großen Wandel. Der Energieverbrauch von Wirtschaft und Gesellschaft steigt immer weiter an. Die Erzeugung, Speicherung und Verteilung großer Mengen erneuerbarer Energien ist aber immer noch schwierig. Ein Thema, welches zumindest öffentlich zu wenig diskutiert wird, ist der effiziente Umgang mit Ressourcen. Denn: Es ist naheliegender und einfacher, zuerst die Energieeffizienz zu steigern, als nach mehr Quellen Ausschau zu halten.

Effiziente Kälte in Supermärkten

Das Beispiel von gekühlten Produkten in Supermärkten zeigt auf, wie viel Energie mit einem vergleichsweise geringen Aufwand eingespart werden könnte. Durch den Einsatz von Glasabdeckungen für Kühl- und Tiefkühlmöbel können die Energiekosten um bis zu 50 % reduziert werden. Für Kunden ist die Energieverschwendung in Supermärkten direkt spürbar. Wenn es an einem heißen Sommertag im Laden unangenehm kühl ist, liegt das meistens nicht an der Klimaanlage. Die Kälte, welche für die Kühlung der Produkte bestimmt ist, kühlt den ganzen Laden so stark herunter, dass oft sogar geheizt werden muss.

Taten statt Worte

Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen hat bei Supermärkten eine große Bedeutung und wird oft für Marketingzwecke eingesetzt. Dennoch haben die Supermarktbetreiber immer noch ein riesiges Potential, die Energieeffizienz markant zu steigern. Erst in wenigen Supermärkten in der Schweiz wird durch den Einsatz von Glastüren an Kühlregalen Energie eingespart. Viele haben Befürchtungen, dass weniger Ware verkauft wird. Diese sind jedoch nachgewiesenermaßen unbegründet.

Würden in der Schweiz alle Kühlregale mit Glastüren nachgerüstet, ergäbe dies eine jährliche Energieeinsparung von 84 Mio. kWh, was dem Energiebedarf von 28 000 Haushalten – ähnlich der Größe der Stadt Lugano – entspricht! Dies bedeutet zugleich eine Kostenersparnis von knapp CHF 14 Mio. für die Betreiber der Supermärkte.

Um eine solche Menge an erneuerbarer Energie zu produzieren, würden wir in der Schweiz 72 Sonnenkraftwerke analog der Photovoltaikanlage auf dem Stade de ­Suisse in Bern benötigen. Die Investitionen dafür wären jedoch rund 17-Mal höher als das Ausrüsten der Kühlregale mit Glastüren.

International ist noch viel mehr Potential vorhanden

Noch viel mehr Energie als in der vergleichsweise kleinen und klimatisch milden Schweiz würde sich in anderen Ländern einsparen lassen. Sobald das Klima wärmer wird oder die Technologie nicht mehr auf dem neuesten Stand ist, lässt sich im Verhältnis noch mehr herausholen. Die Kosten, die viele Supermarktbetreiber im Ausland auf den ersten Blick abschrecken, sind also noch schneller amortisiert als in der Schweiz.

Interview mit Remo Meister

Weniger verbrauchen bringt mehr als neue Quellen

In einem Interview zeigt Remo Meister, Geschäftsführer der Firma BMS – Kompetenz-Zentrum für Energieeffizienz, auf, dass sich der effiziente Umgang mit Ressourcen durchaus positiv auch auf die Firmenkasse auswirkt. Energieeffizienz spart Strom oder fossile Energie und somit viel Geld – oftmals mehr als der Einsatz von neuen, alternativen Energiequellen.

Wie kann das Bewusstsein für Energieeffizienz in Zukunft noch verbessert werden – bei den Privatpersonen und bei Unternehmen?

Remo Meister: Das ist ein ganz komplexes Thema. Eine einfache und klare Antwort auf diese Frage fällt mir schwer. Das Hauptproblem ist die Kommunikation. Ich war beispielsweise in einer Arbeitsgruppe, in welcher wir aufgezeigt haben, dass sich nur mit effizienter Kälte in der Schweiz pro Jahr bis zu CHF 300 Mio. Energie­kos­ten einsparen lassen. Konkret ging es hier um Themen wie Wartung, Instandhaltung, Planung und Ausführung von Anlagen. Allein in diesem Bereich wird viel Geld in die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der direkt involvierten Betreiber investiert. Die Problematik ist, wie das Thema zu den Menschen transportiert werden soll, damit diese auch handeln. Vielleicht geht es uns noch zu gut. Tatsache ist: Das Potential ist riesig und der Nutzen für alle Beteiligten sehr groß. Unser Team trägt diese Thematik jeden Tag hinaus in die Arbeitswelt und die Aussagen leuchten allen ein.

Ich sehe es als meine Pflicht, zusammen mit meinem Team dieses Bewusstsein in die Welt hinauszutragen. Aber ich will auch nichts schönreden. Ein Zitat von Erich Kästner besagt: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Genau hier liegt die Schwierigkeit. Alle Welt spricht von Innovation, insbesondere die Schweiz. Wir haben die besten Hochschulen sowie die besten Technologien und Patente weltweit. Das Problem ist, dass draußen auf dem Markt niemand auf etwas Neues wartet. Man hört nur dauernd: „Und was habe ich davon?“

Die Vergaben von Aufträgen dürfen in Zukunft nicht nur nach den günstigsten Investitionskosten erfolgen. Viel entscheidender sind oft Energieeffizienz, Betriebssicherheit, geringe Wartungskosten und lange Lebensdauer einer Anlage.

Wie lebt das Kompetenz-Zentrum für Energieeffizienz das vor, was es propagiert – zum Beispiel im eigenen Firmengebäude?

Remo Meister: Die BMS-Energietechnik AG investiert sehr viel Geld in Forschung und Entwicklung. Viele der neuen Entwicklungen sind auch im eigenen Gebäude im Einsatz. Bereits im Jahr 1999, als das Gebäude gebaut wurde, haben wir eine sogenannte Betonkernaktivierung geplant und realisiert. Diese Technik war damals noch total neu, heute ist sie bekannter. Zudem haben wir für Messungs- und Optimierungszwecke über 10 km Rohre im Gebäude verlegt. Das Ergebnis ist, dass wir bis heute das ganze Gebäude (ca. 3000 m2) mit einer kleinen 3-kW-Wärmepumpe heizen. Zudem haben wir die eigens entwickelten Frischwassermodule sowie verschiedene andere Geräte und Steuerungen angeschlossen, die wir im Langzeitversuch testen. Auf dem Dach arbeitet eine Solaranlage seit vielen Jahren problemlos. Mit den erwähnten Frischwassermodulen zur Erwärmung von Trinkwasser sind wir innerhalb kürzester Zeit zum Schweizer Marktführer aufgestiegen.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen,

die BMS-Energietechnik AG zu gründen?

Remo Meister: Eigentlich wollte ich früher nie eine eigene Firma haben. Erst als wir, meine Frau Heidy und ich, von einer Weltreise zurückkamen, stand fest, dass wir uns selbstständig machen wollten. Im Jahr 1985 gründete ich die Einzelunternehmung BMS Energieanlagen. Heute sehe ich mich eher als Mitarbeiter in einem sehr innovativen Team. Für mich war es immer wichtig, die Kundenbedürfnisse aufzunehmen. Diese Bedürfnisse beziehen sich vorwiegend auf Energieeffizienz sowie auf die Betriebssicherheit von Anlagen. Wenn man diese Themen genauer betrachtet, kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass in der Praxis Anlagen mit weniger Materialeinsatz, betriebssicherer Funktion und weniger Störungsanfälligkeit gewünscht werden. Alle BMS-Produkte, die seither entwickelt wurden, sind eine logische Konsequenz daraus.

Gehen wir nochmals zurück zur „Hardware“. Wo ist der gemeinsame Nenner des breiten Angebots der BMS-Energietechnik AG?

Remo Meister: Auf den ersten Blick bieten wir dem Kunden tatsächlich ein großes Angebot an verschiedenen Produkten und Dienstleistungen an. Auch wenn beispielsweise Glasabdeckungen für Kühlvitrinen und Wärmerückgewinnungsanlagen für Abwasser technisch nicht viel gemeinsam haben, zeigt sich hier die Vision der Unternehmung doch sehr deutlich. Es geht darum, möglichst umfassend, möglichst viel Energie einzusparen.

Ich gebe Ihnen ein Vergleich aus der Alltagspraxis zum Produkt Glasabdeckungen: Es kommt niemandem in den Sinn, in seinem Haus oder in seiner Wohnung während einer Heizperiode über längere Zeit konstant die Fenster oder gar die Kühlschranktüre offen zu lassen. Auf ähnliche Art und Weise wird aber allein in Supermärkten enorm viel Energie verschwendet, wenn die Kühlmöbel ohne die effizienten Glasabdeckungen betrieben werden.

Auch bei der Wärmerückgewinnung aus Schmutzwasser ist das Energiesparpotential riesig. Eine Wäscherei leitet z.B. warmes Abwasser ungenutzt in die Kanalisation. Mit einer Abwärmenutzung für Schmutzwasser könnte hier sehr viel Energie und somit Geld eingespart werden. Die Einsparung und damit der Nutzen für den Betreiber können mehrere 100 000 Franken betragen.

Konkret will BMS ihren Kunden möglichst optimal und umfassend helfen, Potential zu nutzen und Geld zu sparen, sei es in Supermärkten, in der Industrie oder in der Haustechnik, kurz gesagt, in allen Einsatzbereichen, wo viel gekühlt, geheizt oder klimatisiert wird.

Was bedeutet dieses Sparpotential konkret für die Kunden?

Remo Meister: Unsere geplanten und realisierten Anlagen amortisieren sich bereits in wenigen Jahren. Da die meisten Installationen praktisch wartungsfrei sind, hat der Kunde nach dieser Zeit ein echtes Einsparpotential.

Ich gebe Ihnen drei Beispiele:

1. Unsere Glasabdeckungen für Kühl- und Tiefkühlmöbel sind in zwei bis drei Jahren amortisiert. Danach spart der Betreiber bis zu 50 % der Energiekosten dieser Möbel. Aus diesem Grund können wir selten Anspruch auf staatliche Fördergelder geltend machen. Das Problem ist, dass sich unsere Anlagen zu schnell amortisieren. Aber schon in der Zeit, bis die Investition zurückbezahlt ist, profitieren die Kunden: Die Glasabdeckungen führen zu besseren Produktqualitäten der garantiert eingehaltenen Kühlkette und zu einem besseren Ladenklima.

2. Bei einer Wärmerückgewinnungsanlage, die wir vor kurzem in einer Wäscherei in Finnland montiert haben, hat der Kunde nach sechs Jahren umgerechnet 1 Mio. CHF eingespart.

3. In einem bekannten Luxushotel in Interlaken wurden „BMS-power-Module“ eingebaut, die nicht nur klimatisieren sondern auch heizen. Diese Maßnahme erspart dem Hotel CHF 40 000 Energiekosten pro Jahr.

Wie und wieso expandiert die BMS-Energietechnik AG ins Ausland?

Remo Meister: Einfache und bezahlbare Technik ist überall auf der Welt gefragt. Zudem ist das Sparpotential mit energieeffizienten Anlagen im Ausland riesig. Hier gilt es fast noch mehr als in der Schweiz, bei den Menschen ein Bewusstsein für den sinnvollen Umgang mit Energie zu schaffen. Mein Traum ist ein „Plug-and-Play-Kühlsystem“, das auf der ganzen Welt problemlos installiert werden kann und danach lange und wartungsfrei läuft.

Wir arbeiten sehr intensiv an einer Null-Emission (Zero-Emission)-Kälteanlage. Das Vorhaben hat zum Ziel, effiziente und vor allem sichere Kälte- bzw. Wärmepumpen ohne direkte Emission betreiben zu können – ein Durchbruch in der Branche. Wenn alles so läuft, wie geplant, beliefern wir – zusammen mit unseren Lizenznehmern und Partnern – in wenigen Jahren den Weltmarkt mit dieser neuen Technik.

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