Wärmepumpenanlage spart 50.000 t CO₂

Malmö nutzt Abwasser als Wärmequelle

Viele Städte wollen über die nächsten Jahre ihre Heizsysteme dekarbonisieren und die Stickoxidemissionen in der unmittelbaren Umgebung reduzieren. In einigen Gemeinden wurden dazu bereits hocheffiziente Wärmepumpensysteme installiert. In diesem Zusammenhang setzt der Fernwärmesektor in Schweden Maßstäbe – mit modernsten Technologien, die höchste Standards in puncto Wirkungsgrad aufstellen.

E.ON, einer der weltweit größten privaten Energieversorger, hat neben der Kläranlage und Müllverbrennungsanlage im Hafengebiet von Malmö vier GEA-Wärmepumpen mit jeweils fast 10 MW Heizleistung in­stalliert. E.ON Sweden will die Kunden des Unternehmens bis 2025 zu 100 % mit wiedergewonnener oder erneuerbarer Energie versorgen. Eine intensive Untersuchung der Möglichkeiten zur Minimierung des Erdgasverbrauchs im Fernwärmenetz in Südschweden ergab als eine der vorrangigen Lösungen die Installation großer Wärmepumpen.

Die Wärmepumpenanlage entzieht dem Abwasser ca. 28 MW Wärme. Die Energie, die früher als Abwärme ungenutzt ins Meer lief, wird nun aus dem geklärten, sauberen Abwasser gewonnen, bevor es ins Meer geleitet wird. Das Abwasser wird durchschnittlich von 14 °C auf 8 °C gekühlt und die gewonnene Energie über die Wärmepumpen in Nutzwärme für das Fernwärmenetz umgewandelt.

Hoher Wirkungsgrad

Bei Auslegungsbedingungen erzielt die Wärmepumpenanlage einen COP-Wert von 3,5 (1 kWh Strom zur Erzeugung von 3,5 kWh Warmwasser). Dank des hohen Wirkungsgrads des Systems werden jährlich 50.000 Tonnen CO2 eingespart.

Die Nutzung der Wärme aus dem Abwasser mit seiner im Vergleich zu Meerwasser oder auch Grundwasser höheren durchschnittlichen Temperatur führt zu einem besseren Wirkungsgrad (Grundwasser -10 % / Meerwasser -15 %) als bei Verwendung dieser Quellen.In der See vor Malmö kühlt das Meerwasser im Winter soweit ab, dass bei der Nutzung von Meerwasser Frostschutz und ein höherer Temperaturhub der Wärmepumpen nötig wären. Da sich im Abwasser immer ein wenig organisches Material befinden kann, arbeiten die Rohrbündelverdampfer mit einem automatisierten Rohrreinigungssystem, das die Edelstahlrohre kontinuierlich reinigt. So wird der hohe Wirkungsgrad kontinuierlichaufrechterhalten, ohne die Wärmepumpe stoppen zu müssen.

Die Wärmepumpenanlage wurde für eine direkte Vernetzung mit der nahe gelegenen Müllverbrennungsanlage ins Fernwärmenetz integriert. Das Rücklaufwasser aus der Stadt kommt mit ca. 50 °C zur Müllverbrennungsanlage zurück, wird im Rauchgas-Economiser auf rund 57 °C und dann in den Wärmepumpen auf 65 bis 70 °C erwärmt. Das Wasser wird dann zur Müllverbrennungsanlage gepumpt, wo es je nach Wärmebedarf der Fernwärmeversorgung auf endgültige 70 bis 95 °C erhitzt wird. Die Wärmepumpe selbst ist von ihrem Design auf Wassertemperaturen bis 80 °C ausgelegt, wird aber in der Praxis bei ca. 70 bis 72 °C Heizwasservorlauf gefahren.

Ammoniak als Kältemittel

Für einen optimalen Wirkungsgrad wird in den Wärmepumpen Ammoniak als Kältemittel eingesetzt. Da Ammoniak ein sogenanntes natürliches Kältemittel ist, gibt es keine umweltrelevanten Wirkungen des Kältemittels. Es hat einen GWP (CO2-Äquivalent) von 0. Bei einer erwarteten Lebensdauer der Anlage von 20 bis 30 Jahren ist es von großer Bedeutung, ein Kältemittel zu wählen, das auch über die gesamte Lebensdauer verfügbar sein wird, also zukunftssicher ist. Nach eingehender Betrachtung aller Parameter fiel die Entscheidung auf die Installation von vier identischen Wärmepumpen. Die Hauptmotoren arbeiten mit fester Drehzahl und DOL-Start. Eine geringere Anzahl von Wärmepumpen mit dann größeren Elektromotoren würde zu hohen Spannungsspitzen im Versorgungsnetz führen. Die Aufteilung der Wärmeleistung auf noch mehr Wärmepumpen wäre wirtschaftlich ungünstig. Für eine optimale Leistung der Anlage werden die einzelnen Wärmeübertrager selektiv und gerichtet auf eine hohe Effizienz der Anlage ausgewählt. Die Installation umfasst jeweils Enthitzer und Unterkühler. Um optimale COP-Werte zu erreichen, wird ein Teil des Heizwassers durch den Unterkühler gepumpt und mit dem Hauptstrom vor dem Kondensator gemischt. Der volle Wasserstrom läuft durch den Kondensator und wird anschließend mit der Wärme aus dem Ölkühler und dem Enthitzer weiter erwärmt. Um den besten Wirkungsgrad zu erzielen, wird die Öltemperatur auf über 70 °C gehalten. Der Wirkungsgrad und die Kapazität des Schraubenverdichters werden mit einem Open-Flash-Economiser optimiert, der Flash-Gas bei 18 °C aufnimmt. Da die Flüssigkeit aus dem Unterkühler bei 59 °C liegt, ergibt sich eine beträchtliche Menge an Flash-Gas bei 18 °C.

Um die maximale Heizleistung zu erreichen und Verluste zu minimieren, arbeiten die 10 kV-Hauptmotoren mit einer Wasserkühlung. Das Kaltwasser zur Kühlung der Motoren wird als Seitenlast über den Economiser gekühlt, was die Leistung und den COP-Wert steigert. Gleichzeitig wird dadurch der Wärmeeintrag in den Maschinenraum minimiert.

Diese Investition in Höhe von 20 Mio. € wird den Fernwärmekunden in Malmö in den kommenden 20 Jahren kostengünstige Wärme bei niedrigen CO2-Emissionen sichern.

Das Projekt wurde beim Chillventa Award 2018 eingereicht und schaffte es auf die Shortlist der Jury. Auch 2020 wird es wieder einen Chillventa Award geben. Halten Sie schon 2019 Ausschau nach würdigen Projekten, die Sie einreichen können!

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