Wärmepumpen-Technologie im XXL-Format

MVV nimmt erste Flusswärmepumpe in Mannheim in Betrieb

Das Mannheimer Energieunternehmen MVV liefert seit der offiziellen Inbetriebnahme ihrer ersten Flusswärmepumpe auf dem Gelände der Grosskraftwerk Mannheim AG (GKM) am 11. Oktober klimafreundliche Wärme aus dem Rheinwasser für rund 3.500 Haushalte. Sie ist eine der größten Wärmepumpen ihrer Art in Europa und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie von der die Europäische Union anerkannt als „Reallabor der Energiewende“. Im Rahmen dieses Projektes ist sie eine von insgesamt fünf Großwärmepumpen, die derzeit an verschiedenen Standorten in Deutschland errichtet werden.

Seit dem Spatenstich im April 2022 hat die Grosskraftwerk Mannheim AG (GKM) auf ihrem Gelände im Auftrag von MVV eine Flusswärmepumpe mit einer thermischen Leistung von zirka 20 Megawatt und einer elektrischen Leistung von 7 Megawatt errichtet. Das Wissen und Know-how, das im Reallabor gewonnen wird, soll später dazu beitragen, mit weiteren Wärmepumpen zusätzliche grüne Wärme zu erzeugen. Das technische Potenzial ist sehr groß: Allein in Mannheim könnten Rhein und Neckar selbst bei konservativer Schätzung mindestens 500 Megawatt thermisch entzogen werden. Dies entspricht der maximalen Wärmeleistung des Block 9 im GKM und reicht, um rund 50.000 Haushalte mit Wärme zu versorgen.

Das Flusswasser des Rheins in Mannheim wird im Sommer bis zu 25°C warm, im Winter sind es nur etwa 5° C. Das entnommene Rheinwasser wird von der Wärmepumpe um ca. 2 bis 5 °C abgekühlt um damit Fernheizwasser von 83°C bis zu 99° C zu erzeugen. Der COP der MVV-Flusswärmepumpe beträgt im Jahresmittel ca. 2,7.

Gebaut wurde die MVV-Flusswärmepumpe von Siemens Energy in Schweden, die Anlieferung nach Mannheim erfolgte per LKW. Die Investitionen belaufen sich auf etwa 15 Millionen Euro. Neben der Investitionsförderung fördert das BMWK auch den Betrieb in den ersten drei Jahren. Denn dabei sollen gemeinsam mit den beteiligten Forschungsinstituten Erkenntnisse über die Integration der Flusswärmepumpe in das Mannheimer Fernwärmenetz und die Fahrweise der Wärmepumpe gewonnen werden.

Das Mannheimer Modell von MVV

Mit seinem Mannheimer Modell hat sich das Unternehmen dem strategischen Weg verpflichtet, bis spätestens 2040 klimaneutral und danach klimapositiv zu werden, der Atmosphäre also Treibhausgase zu entziehen. Dabei setzt MVV auf einen Dreiklang aus Wärmewende, Stromwende sowie grünen Kundenlösungen. Die Wärmewende ist für das Klimapositiv-Ziel von MVV ein wichtiger Hebel. Als zweitgrößter Fernwärmeversorger Deutschlands – Industriedampf eingerechnet – arbeitet MVV daher bereits seit Jahren mit Hochdruck an der Wärmewende.

„Bis 2030 werden wir unsere Fernwärme in Mannheim und der Region vollständig aus klimafreundlichen Energiequellen erzeugen. Gleichzeitig erweitern wir unser Fernwärmenetz kontinuierlich und verdichten vorhandene Fernwärmegebiete, schließen also zusätzliche Haushalte an das bereits vorhandene Netz an. Mit der Inbetriebnahme unserer ersten Flusswärmepumpe zeigen wir einmal mehr, dass die Energiewende bei MVV bereits Realität ist“, betonte Dr. Georg Müller, Vorstandsvorsitzender von MVV Energie AG.

Eine der größten Wärmepumpen Europas

Schon heute kann MVV den Fernwärmebedarf in den Sommermonaten komplett „grün“ abdecken. Neben Mannheim profitieren auch die Nachbarstädte Heidelberg, Schwetzingen, Brühl, Ketsch und Speyer von der umweltfreundlichen Fernwärme. Mit der von Siemens Energy gelieferten Großwärmepumpe, die das GKM für MVV in die Infrastruktur des Grosskraftwerks integriert hat und betreibt, werden ab sofort 3.500 Haushalte mit klimafreundlicher Wärme aus dem Rheinwasser versorgt. Damit spart die neue Anlage jährlich rund 10.000 Tonnen CO2 ein. Die innovative MVV-Flusswärmepumpe ist mit einer thermischen Leistung von 20 Megawatt aktuell in Deutschland die größte in ein Fernwärmenetz integrierte Wärmepumpe und eine der größten Anlagen dieser Art in Europa.

Für Thekla Walker, Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg, ist die erste Flusswärmepumpe von MVV ein wichtiger Erfolg für den Klimaschutz in der Metropolregion Rhein-Neckar und damit auch für das Bundesland Baden-Württemberg: „Spätestens 2040 wollen wir in Baden-Württemberg heizen, ohne die Klimakrise weiter anzufeuern. Das gelingt uns mit Innovationen. Das MVV-Projekt zeigt, dass die Wärmepumpen-Technologie auch im XXL-Format zur klimaneutralen Versorgung ganzer Stadtviertel funktioniert. Die Flusswärmepumpe ist für unser Land ein wichtiger Baustein, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen Schritt für Schritt zu reduzieren.“

Förderung im Rahmen des „Reallabors der Energiewende“

Die MVV-Flusswärmepumpe ist im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Reallabors der Energiewende „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen“ eine von insgesamt fünf Großwärmepumpen, die derzeit an verschiedenen Standorten in Deutschland mit unterschiedlichen Umweltwärmequellen installiert werden. „Reallabore bringen neue Technologien und innovative Lösungen schnell und sicher in die Anwendung. Gleichzeitig zeigen sie, wie Innovationen in Zukunft rechtlich, technisch oder auch ökonomisch geregelt werden sollten, damit sie möglichst systemdienlich in bestehende Strom- und Wärmenetze eingebunden werden. Die MVV-Flusswärmepumpe ist ein erfolgreiches Beispiel für die Transformation in der Wärmeversorgung und zeigt, welche Rolle Großwärmepumpen in Zukunft in grünen Wärmenetzen spielen können“, betonte Christian Maaß, Abteilungsleiter II für Wärme, Wasserstoff und Effizienz im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Fernwärmeerzeugung wird ­sukzessive grüner

Die MVV-Flusswärmepumpe nutzt die vorhandene Infrastruktur des GKM, insbesondere den leistungsfähigen Wassereinlauf, den Wasserauslauf und die Anbindung an das Fernwärmenetz. Gerard Uytdewilligen, Technischer Vorstand der Grosskraftwerk Mannheim AG, hob die planerischen und technischen Herausforderungen des Projekts hervor: „Besonderes Timing und Fingerspitzengefühl waren bei der Einbindung der Anlage in unsere Leittechnik, beim Einbau der neuen Rheinwasserpumpe mit den dazugehörigen Rohrleitungen und Armaturen in das bestehende Kühlwasserpumpenhaus von Block 7 und bei der Verlegung der Leitungen für das Rheinwasser und die Fernwärme während des laufenden Betriebs gefragt. Wir sind bereit für die Umsetzung weiterer Projekte zur Vergrünung der Fernwärme.“

Großwärmepumpen wichtiger ­Hebel für die Wärmewende

Bereits 2030 wird MVV ihre Fernwärme in Mannheim und der Region vollständig auf grüne Energiequellen umgestellt haben. Schon heute stammen bis zu 30% der Fernwärme von MVV aus klimafreundlichen Energien. Die grüne Wärme ist eines der größten CO2-Minderungsprojekte in der Stadt und der Region. Ziel ist die weitere Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Mannheim sowie der Metropolregion Rhein-Neckar.

Um die Wärmewende voranzutreiben, investiert MVV in ein breites Portfolio erneuerbarer Erzeugungsoptionen: In Mannheim folgt auf die Anbindung der Abfallverwertung von MVV im Jahr 2020 und der MVV-Flusswärmepumpe in diesem Jahr als nächster Schritt die Inbetriebnahme eine Klärschlammbehandlungsanlage. 2024 wird MVV zudem ihr Biomassekraftwerk an das Fernwärmenetz anschließen. Hinzu kommen weitere grüne Optionen wie Tiefengeothermie, zusätzliche Flusswärmepumpen, Biomethananlagen, Elektrodenkessel oder die Nutzung weiterer industrieller Abwärme.

Videos zum Beitrag

Eine der größten Flusswärmepumpen Europas: https://t1p.de/KKA6-23MVV1


Entstehung der Flusswärmepumpe (Zeitraffer): https://t1p.de/KKA6-23MVV2

Das Reallabor „Großwärmepumpen in ­Fernwärmenetzen“ …

… ist der einzige verbandsgeführte Gewinner des hochdotierten BMWK-Ideenwett­bewerbs „Reallabore der Energiewende“. An Kraftwerksstandorten in Berlin, Stuttgart, Mannheim und Rosenheim werden dazu Großwärmepumpen errichtet und im Realbetrieb getestet. Das Gesamtprojektvolumen beträgt 45 Millionen Euro. 21 Millionen Euro entfallen auf die Förderung durch das Bundeswirtschafts­ministerium (Förderkennzeichen 03EWR008), 24 Millionen Euro werden von den Partnern erbracht, die somit erheblich in die Energiewende investieren.


Partner des Konsortiums sind die Versor­gungsunternehmen EnBW Energie Baden-
Württemberg AG, Fernheizwerk Neukölln AG, MVV Energie AG, Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG, Vattenfall Wärme Berlin AG sowie die beiden Forschungsinstitute IER Universität Stuttgart und Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Das Wissen und Know-how, das im Reallabor gewonnen wird, soll später auch dazu beitragen, mit weiteren Wärmepumpen zusätzliche grüne Wärme zu erzeugen.

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