„Transparenz und Klarheit sind essenziell“

Der Verkauf eines Unternehmens sollte gut vorbereitet sein

Pandemie und Wirtschaftskrise, Inflation und Energieknappheit haben erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmensnachfolge, ist sich unser Experte Matthias Ehnert sicher. Was unter den veränderten Vorzeichen bei der Suche nach einem Nachfolger zu beachten ist und wie sich Inhaber auf den Verkauf ihrer Firma vorbereiten können, erläutert der Fachmann von intelligentis im Interview.

KKA: Wann und mit wieviel zeitlichem Vorlauf sollte man beginnen, den Unternehmensverkauf vorzubereiten?

Ehnert: Wer es perfekt machen und das Optimum erreichen möchte, sollte mindestens drei Jahre vor der geplanten Abgabe mit den Vorbereitungen beginnen. Inhabergeführte Unternehmen müssen eine kompetente zweite Führungsebene erhalten, Prozesse sollten effizient gestaltet und gegebenenfalls digitalisiert werden, das Unternehmen ist von steueroptimiert auf gewinnorientiert auszurichten, die Ertragsbringer müssen in den Vordergrund rücken, Liefer-, Kundendienst- und Wartungsverträge sind verbindlich, längerfristig und ertragswirksam zu modifizieren. Um Käufer für das eigene Unternehmen zu finden, muss sich auch die Zielstellung beim Inhaber ändern! Ich erkläre es unseren Kunden immer so: Bisher haben Sie sehr erfolgreich im Markt geangelt und einen Karpfen nach dem nächsten an Land gezogen. Jetzt aber müssen Sie einen Köder für einen Hecht, also den Investor, auswerfen – und der muss blinken und blitzen.

KKA: Viele Firmeninhaber suchen selbst nach einem Käufer, beispielsweise über Nachfolgeportale oder -börsen. Was raten Sie diesen Unternehmern?

Ehnert: Nehmen Sie Abstand vom Selbstverkauf: Zwei Drittel der Unternehmer, die allein nach einem Käufer suchen, scheitern wegen ihrer eigenen Emotionalität. Vor Gericht lässt man sich auch von einem Anwalt vertreten, weil dieser sachlicher und rationaler verhandeln kann. Genauso ist es beim Unternehmensverkauf: Ein ordentlicher Berater wird immer besser verhandeln als ein abgabewilliger Inhaber. Um im Bild zu bleiben: Der Köder muss gut sein, aber man muss auch die kleinen Fische wieder zurück in den Teich werfen können. Wer den potenziellen Käufer richtig anspricht, wer seine Interessenslage kennt und sich darauf einstellt, wird einen guten Kaufpreis erzielen.

KKA: Welche externen Spezialisten sollten in jedem Fall in den Prozess eingebunden werden?

Ehnert: Viele verkaufswillige Unternehmer informieren sich im ersten Schritt bei der Handwerks- oder Handelskammer. Das ist eine gute Entscheidung, werden hier doch meist durch erfahrene Referenten erste wichtige Hinweise gegeben. Wer zielstrebig auf den Verkauf hinarbeiten will, sollte einen M&A-Berater engagieren – also einen Spezialisten, der sich mit Verkauf und Kauf von Unternehmen auskennt. Wir begleiten beispielsweise erfolgreiche mittelständische Unternehmer, die auf ihr Lebenswerk stolz sind und es gewinnbringend verkaufen möchten.

Je nach den individuellen Gegebenheiten im Unternehmen empfehlen wir dann, einen Steuerberater ins Boot zu holen. Auch ein Renten- oder ein Vermögensberater sowie Versicherungsspezialisten können wertvolle Ratgeber im Vorfeld eines Unternehmensverkaufs sein. Ferner können Rechtsanwälte bei der Bereinigung der Gesellschafterstruktur oder der vertraglichen Prüfung unterstützen. Notare müssen den Kaufvertrag beurkunden. Wichtig ist in jedem Fall, dass Berater wie wir den gesamten Prozess im Blick behalten und gegebenenfalls steuernd eingreifen können.

KKA: Wo liegen die Stolpersteine, die man vermeiden sollte? Was sind die größten Fehler, die leider allzu oft gemacht werden?

Ehnert: Wir empfehlen unseren Kunden immer: Machen Sie als Inhaber mal zwei Monate Urlaub! Wenn das Unternehmen danach noch reibungslos läuft, haben Sie schon die erste Hürde in der Vorbereitung auf einen Verkauf der Firma genommen. Denn gerade bei inhabergeführten Unternehmen ist oft die zweite Führungsebene nicht stark ausgebildet, so dass mit einem Ausscheiden des Inhabers nach dem Verkauf gute Teile des Geschäfts wegbrechen könnten. Hier sollte man dann rechtzeitig Führungskräfte aufbauen, um ­mögliche Kaufpreisreduzierungen zu verhindern.

Ein anderer Aspekt: Rentenverbindlich­keiten stellen für viele potenzielle Käufer Risiken dar, die sie nicht eingehen wollen. Wir empfehlen daher, Pensionszusagen über intelligente Lösungen aus der Bilanz zu nehmen. Auch die Rechte an immate­riellen Vermögenswerten, wie Domains, Marken, Patenten, ungeschützten Erfindungen und Lizenzen gilt es vorab zu klären. Schnell kann es passieren, dass diese Assets vom Finanzamt als „wesentliche Betriebsgrundlage“ eingestuft und dem Sonderbetriebsvermögen zugerechnet werden. Waren sie dann nicht Gegenstand des Unternehmensverkaufs, können die nachträglich erhobenen Steuern schnell sehr teuer werden.

Fehlende Transparenz und Klarheit sind weitere große Stolpersteine für den erfolgreichen Unternehmensverkauf. Wenn Interessenten, Käufer und Banken das Geschäftsmodell und die Zahlen leicht verstehen und nachvollziehen können, werden sie auch bereit sein für eine Investition. ­Stolpersteine und Fallen gibt es also viele – und diese müssen erkannt werden. Ein Inhaber verkauft sein Lebenswerk nur einmal. Dabei kann er viele Fehler machen. Um diese zu vermeiden, einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen und zu sichern, begleiten wir ihn gemeinsam und finden die für ihn passenden Lösungen.

KKA: Wie ermittelt man als Unternehmens­inhaber einen angemessenen Verkaufspreis?

Ehnert: Jede errechnete Bewertung eines Unternehmens ist Schall und Rauch! Eine von manchen Beratern präferierte Berechnung nach Bewertungsstandard IDW S1 bringt beim Unternehmensverkauf nichts. Nur der Marktpreis zählt! Lassen Sie mich das an zwei Beispielen verdeutlichen: Ein Inhaber meint, sein Unternehmen sei 3 Millionen Euro wert. Er erhält 15 indikative Angebote, von denen die meisten deutlich unter seiner Wunschvorstellung liegen. Der Unternehmer kann sich nicht recht entscheiden, was er tun soll. Über die Zeit springen die Interessenten ab, er verschmilzt das Unternehmen mit einem anderen und erhält deutlich weniger.

Ein zweites Beispiel: Wir optimieren zusammen mit dem Alteigentümer das Unternehmen für den Verkauf, bereiten die Unterlagen professionell auf. Wir schätzen den Unternehmenswert auf etwa eine Million Euro und horchen für den Inhaber in den Markt hinein. Wir erhalten fünf indikative Angebote mit Summen zwischen 300.000 und zwei Millionen Euro. Der Unternehmer verkauft für 1,5 Millionen Euro an einen strategischen Investor, der seine Kundenbeziehungen weiterführt und alle seine Mitarbeiter übernimmt.

Die Beispiele zeigen: Überzogene Erwartungen, schlechte Vorbereitung und unentschlossenes Handeln führen zu einem geringen Erlös. Auf der anderen Seite bringen gute Vorbereitung, flexible Kaufpreiserwartungen und eine professionelle Marktansprache – Stichwort blinkender Köder – ein Ergebnis, das die Hoffnungen weit übersteigt. Beide Situationen haben wir erlebt.

KKA: Welche Maßnahmen empfehlen Sie, um die „Braut zu schmücken“, also einen besseren Preis zu erzielen?

Ehnert: Über Transparenz und Klarheit hatten wir schon gesprochen. Zum Schaffen von Transparenz gehört aber auch, ertragsbelastende Positionen zu identifizieren und sie ganz aus der Gewinn- und Verlustrechnung zu bekommen. Auch alle Verträge sollten verkaufswillige Unternehmer unter die Lupe nehmen. Ist beispielsweise die seit Jahren ungenutzte Halle nötig oder kann der Vertrag gekündigt werden? Fragen wie diese stellen wir üblicherweise beim Coaching des Unternehmers.

KKA: Welche Möglichkeiten gibt es, das erlöste Kapital nach dem Verkauf so zu sichern, dass man einen sorgenfreien Ruhestand genießen kann?

Ehnert: Um unnötige Steuern zu vermeiden und den späteren Nachlass in ihrem Sinne zu regeln, sollten Alt-Inhaber bereits frühzeitig vor dem Unternehmensverkauf für die zukunftsfähige und nachhaltige Verwaltung des frisch erworbenen Vermögens sorgen. In vielen Fällen bietet es sich an, eine eigene GmbH oder GbR zu installieren – nicht zuletzt, weil hier die Satzung unkompliziert geändert werden kann und die rechtlichen Hürden und Kosten der Gründung gering sind. Eine Auszahlung des Verkaufspreises direkt in eine vermögensverwaltende GmbH erspart Abgaben. Zu versteuern sind dann nur die Gehälter der GmbH-Beschäftigten sowie Entnahmen der Anteilseigner. Aber auch die Gründung einer Unternehmerstiftung kann eine Möglichkeit sein, langfristig sein Vermögen zu schützen.

KKA: Herzlichen Dank für das Gespräch.

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