Risiko Pflegebedürftigkeit

Vermögensschutz vor dem Pflegefall – Handlungsbedarf für Inhaber

Der Übergang von Betriebs- und Privatvermögen auf die nächste Generation ist für viele Inhaber gut geplant, um steuerliche Belastungen zu minimieren. Ein Faktor wird jedoch häufig unterschätzt: das Risiko, vor dem Tod pflegebedürftig zu werden. Hohe Eigenanteile in der stationären Pflege können vorhandene Vermögenswerte schnell aufzehren – mit direkten Folgen für die finanzielle Absicherung im Alter und die geplante Unternehmensnachfolge. Der Beitrag zeigt, wie sich Unternehmer frühzeitig auf diese Situation vorbereiten und welche Gestaltungsoptionen bestehen, um Vermögen zu sichern.

Vor mehr als 200 Jahren stellt Benjamin Franklin fest: „Nur zwei Dinge sind sicher: der Tod und die Steuer“. Wobei Tod und Steuer aufgrund der Erbschaftssteuer in Deutschland eng zusammenhängen. Wann und wie der Todesfall eintritt ist nicht vorhersehbar. Manche Menschen sterben plötzlich und unerwartet, andere bedürfen vorab der Pflege.

Da der Vermögensübergang bei einem Unternehmensbesitz Herausforderungen bietet, bereiten die meisten Inhaber den Vermögensübergang an die nachfolgende Generation vor. Hohe Freibeträge, Sonderregeln für selbstbenutzte Immobilien und das eigene Unternehmen sowie moderate Steuersätze bei der Vererbung an nahe Angehörige, insbesondere die eigenen Kinder, halten die finanzielle Belastung der Erben meistens überschaubar.

Ein bedeutendes Risiko wird beim angestrebten Vermögensübergang auf die nachfolgende Generation jedoch selten berücksichtigt: die Möglichkeit, dass Betroffene selbst und/oder der Ehepartner zum Pflegefall werden. Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung decken die damit verbundenen Kosten nicht ab, einen Eigenanteil müssen Betroffene tragen. (Ehemalige) Selbstständige und deren Erben sind in besonderem Maße betroffen, da häufig nur geringe gesetzliche Rentenansprüche erworben wurden, oftmals Vermögenswerte, primär der Betrieb, als auch Wertpapierdepots oder Immobilien vorhanden sind, deren Erträge den Ruhestand finanzieren sollen.

Pflegende zahlten im Bundesdurchschnitt 2024 pro Monat im ersten Aufenthaltsjahr in einer Einrichtung einen Eigenanteil von 2.871 Euro. Im zweiten Jahr beträgt der Eigenanteil aktuell 2.620 Euro. Im dritten Aufenthaltsjahr müssen zu pflegende Menschen 2.284 Euro zuzahlen. Ab dem vierten Aufenthaltsjahr beträgt der persönliche Anteil 1.865 Euro. Die Eigenbeteiligung nimmt aufgrund der Zuschüsse der Pflegekasse auf den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil ab. Seit 2024 betragen diese Zuschüsse: im ersten Aufenthaltsjahr im Pflegeheim 15 % und steigen auf 75 % im vierten Jahr an. Nicht bezuschusst werden die Kosten für Unterbringung, für Verpflegung und für Investitionen des Pflegeheims.

Wahrscheinlichkeit

Wenige Betroffene setzen sich mit der Möglichkeit zum Pflegefall zu werden auseinander. Viele Kälteanlagenbauer sind über den offiziellen Ruhestandseintritt hinaus beruflich aktiv und erwarten, bzw. erhoffen ein rasches Ableben. Die Realität ist allerdings eine andere. Bei Destatis (Kurzlink: www.t1p.de/KKA5_25Pflege) finden sich Daten für einzelne Jahrgänge. Wenig überraschend steigt die Anzahl der Pflegefälle mit dem Lebensalter an. Ab 80 Lebensjahren sind 28 % der Männer und 39 % der Frauen betroffen, ab 90 Lebensjahren 75 % der Männer und 91 % der Frauen. Je älter Menschen werden, umso größer die Wahrscheinlichkeit zum Pflegefall zu werden, so die wenig erfreuliche, gleichwohl realistische Aussicht.

Spezielle Situation (ehemaliger) Selbstständiger

2.900 EUR, netto, für einen Einzelnen, wobei durchaus auch beide Ehepartner zu Pflegefällen werden können, womit sich die monatliche Belastung auf fast 6.000 EUR erhöht. Verfügen die Betroffenen im Ruhestand über die notwendigen, regelmäßigen Geldzuflüsse, besteht kein Problem. Dies wird allerdings meistens die Ausnahme darstellen, bei einer durchschnittlichen, gesetzlichen Rente von unter 2.000 EUR brutto, die aufgrund geringer, freiwilliger Einzahlungen auch von erfolgreichen Unternehmern selten erreicht wird. Über eine private Pflegezusatzversicherung, verfügen nur wenige Betroffene.

Die häufig vorhandene, selbstgenutzte Immobilie mag zur Reduktion der finanziellen Belastung beitragen, erhöht allerdings nicht das Einkommen, allenfalls eine Vermietung mag im Pflegefall eine Möglichkeit darstellen. Ebenso ist die weitere Berufstätigkeit, selbst im reduzierten Umfang für Ältere im Pflegefall nicht mehr möglich. Häufig wurden andere Vermögensgegenstände wie vermietete Immobilien oder Wertpapiere erworben, Selbstständige sind hier meistens besser aufgestellt, als abhängig Beschäftigte. Diese Vermögenswerte sollten einerseits den Ruhestand (mit) finanzieren, andererseits der nachfolgenden Generation vererbt werden – teilweise erfolgten bereits Schenkungen. Dieser Übergang ist allerdings im Pflegefall bedroht.

Staatliche Unterstützung

Niemandem wird die stationäre Pflege verweigert, weil er die Kosten nicht tragen kann. Vielmehr trägt der Staat über die Sozialhilfe die Kosten. Bevor diese Hilfe zur Pflege gewährt wird, muss jedoch das eigene Vermögen aufgebraucht sein. Seit 2024 darf als Schonvermögen nur noch 10.000 Euro behalten werden. Auch das Einkommen des Ehepartners wird berücksichtigt. Verfügt er oder sie über ein entsprechendes Einkommen oder Vermögen, um die Pflege zu finanzieren, erhalten Betroffene keine Sozialhilfe. Ersparnisse für Beerdigung und Grabpflege werden nicht angetastet, wenn der Betrag angemessen und in einem Bestattungsvorsorgevertrag oder einer Sterbegeldversicherung angelegt wurde. Lebt der Partner noch in der gemeinsamen Immobilie, während der Betroffene im Pflegeheim ist, ist diese Immobilie geschützt und muss nicht veräußert werden.

Wenn die Einkünfte, inklusive Rentenzahlungen, nicht für die Pflegeheimkosten reichen, werden Kinder von Pflegebedürftigen allenfalls im Ausnahmefall finanziell herangezogen. Seit 2020 müssen Kinder dann die Pflegekosten für ihre Eltern zahlen, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt (§ 94 Abs. 1a SGB XII). Vermögen, das die Kinder besitzen, bspw. eine eigene Immobilie, wird für den sogenannten Elternunterhalt nicht berücksichtigt.

Gestaltung von Schenkungen

Reicht im Ruhestand das Einkommen für den möglichen Pflegefall nicht aus, gilt es vorzusorgen. Dabei bezieht sich der Beginn nicht auf den möglichen Todesfall, sondern den Eintritt der Pflegebedürftigkeit, womit das 60. Lebensjahr als Beginn nicht zu früh gewählt ist.

Den Vermögensübertrag, insbesondere des Betriebs, an die nachfolgende Generation streben Betroffene meist ohnehin an. Wie dargestellt führen die gesetzlichen Regelungen im Todesfall nur bei großen Vermögen zu größeren Belastungen, der Unternehmensübergang wird zusätzlich geschützt. Dies ist jedoch beim Pflegefall anders. Der Staat kann mit Antrag auf Sozialleistungen bis zu zehn Jahre rückwirkend auf Schenkungen zugreifen. Notwendige Informationen müssen bereitgestellt und Bankauszüge vorgelegt werden. Das Erstaunen und die Enttäuschung mögen bei einer 23-jährigen Enkelin groß sein, die bspw. zur Volljährigkeit einen Geldbetrag geschenkt bekam und diesen nun abtreten soll.

Einerseits besteht die Möglichkeit im Rahmen des Vermögensübertrages ohnehin vorgesehene Schenkungen vorzuziehen, wobei die zehn Jahresfrist wie im Erbfall gilt. Ist eine monatliche Schenkung in regelmäßigen Raten vorgesehen, könnte das Sozialamt im Pflegefall zehn Jahre zurückgehen. Allerdings gibt es die Möglichkeit einen Schenkungsvertrag notariell auszusetzen, dann würde die Schenkung direkt zu Beginn in voller Höhe als Schenkung gewertet und die zehn Jahresfrist exakt nach zehn Jahren nach Beginn enden, während ansonsten auf Zahlungen innerhalb der letzten zehn Jahre zugegriffen werden könnte.

Eine andere Möglichkeit sind spezielle Schenkungen, die einem festgelegten Zweck dienen. Die Schenkung muss für diesen Zweck eingesetzt und aufgebraucht werden. Derlei Schenkungen können von der Pflegekasse nicht eingefordert werden. Anders verhält es sich, wenn Schenkungen zum Erwerb von Vermögensgütern, meistens Immobilien, eingesetzt werden. Diese Vermögenswerte können von der Pflegeversicherung eingefordert bzw. ihr Verkauf angeordnet werden. Unabhängig von den Zugriffsmöglichkeiten der Pflegekasse, bliebt die Anrechnung auf die Freibeträge bei Schenkungs- bzw. Erbschaftssteuer bestehen.

Der Geldbetrag sollte überwiesen und der Verwendungszweck auf der Überweisung angeführt sein. Dabei können auch größere Summen fließen, wenn es sich bspw. um die Hochzeit der Tochter oder die Meisterschule des Sohns handelt. Ebenso können Enkelkinder bei einem Auslandsaufenthalt oder beim Führerscheinerwerb unterstützt werden. Ferner können bestimmte Kosten direkt übernommen werden, wenn bspw. ein Familienurlaub direkt durch die ältere Generation bezahlt wird.

Häufig werden Sparpläne für Nachfahren abgeschlossen, die bspw. am 18. Geburtstag dem Empfänger zur Verfügung stehen. Bei einem solchen Vorgehen wäre zu erwägen, darauf zu verzichten und es vielmehr den Eltern zu ermöglichen, Sparpläne einzurichten, bspw. mit den angeführten Einsparungen bei der Urlaubsreise.

Werden Enkelkinder betreut sollte die Aufwendungen, insbesondere die Fahrtkosten, den Eltern belastet werden. Würde mit zeitlichem Abstand eine nicht identische Summe für einen bestimmten Zweck verschenkt, liegt kein Gestaltungsmissbrauch vor.

Eine weitere Möglichkeit des Vermögensübertrages besteht in der Beschäftigung von Angehörigen, insbesondere Jugendlicher, deren Einkommen unterhalb des Grundfreibetrages liegt und damit steuerfrei wäre, wobei allerdings im Einzelfall die Freiheit der Sozialversicherungsbeiträge zu prüfen ist. Diese Möglichkeit wurde bereits in der KKA 3/021 (www.t1p.de/KKA5-25Fam) aufgezeigt, wobei die damaligen Ausführungen an die heutige Rechtslage angepasst werden müssten.

So sinnvoll die Gewährung eines Nießbrauchs sein kann, schützt dieser nicht vor Ansprüchen des Sozialamtes. Geben Betroffene den Nießbrauchrecht auf, würde das Sozialamt die Mieterträge einfordern.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 04/2025

Optimierung der Risikolebensversicherung

Erbschafts- und Einkommenssteuer kann man vermeiden

Da viele Betroffene nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind und keine oder geringe freiwillige Einzahlungen leisten, ist die Absicherung der Hinterbliebenen über die...

mehr
Ausgabe 01/2025

Nießbrauchgewährung innerhalb der Familie

Vor- und Nachteile verschiedener Lösungen

Grundsätzliche Systematik Nießbrauch transferiert Einkommen zwischen dem Nießbrauchgeber und dem Nieß­brauchempfänger. Das Steuerrecht ist bzgl. der steuerlichen Ansetzbarkeit von...

mehr
Ausgabe 04/2023

Unternehmensnachfolge und Unternehmensverkauf

Teil 2: Sonderbetriebsvermögen

Steuerfalle droht „Gesellschafter von Personengesellschaften kennen den Begriff des Sonderbetriebsvermögens: Es ist ein steuerliches Konstrukt, das insbesondere dann entsteht, wenn der...

mehr
Ausgabe 01/2018

Unternehmensschutz im Scheidungsfall

Sicherung der wirtschaftlichen Existenz

Installierende Handwerker sind üblicherweise Mittelständler. Unabhängig von der rechtlichen Gesellschaftsform sind Unternehmen und Inhaber eng verbunden, Arbeitsplatz und Vermögen im Betrieb...

mehr
Ausgabe 04/2011 Hohe Hürden vor Erbschaftsteuer-Vorteilen

Unternehmensnachfolge

Besteuerung von Betriebsübertragungen

Übergabe von Betriebsvermögen Als erbschaftssteuerlich begünstigtes Betriebsvermögen gelten Einzelunternehmen, Anteile an Personengesellschaften und Anteile an Kapitalgesellschaften. Auch wenn die...

mehr